Hamburg. Obleute sollen auch Praktiken der HSH Nordbank prüfen – andernfalls werde man Kooperation einschränken. Wie Abgeordnete das bewerten.

Parlamentarier sprechen von einem irritierenden Vorgehen und gar von Erpressung: Die Banker Christian Olearius und Max Warburg haben den Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft aufgefordert, auch die Cum-Ex-Geschäfte der ehemaligen HSH Nordbank in den Blick zu nehmen – andernfalls werde man die Befreiung vom Steuergeheimnis zurückziehen. In einer im Namen der Banker verlesenen Erklärung warf Rechtsanwalt Peter Gauweiler dann im Ausschuss zudem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vor, bei seiner Zeugenvernehmung nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Cum-Ex: Wurde Einfluss auf die Entscheidung der Finanzbehörde genommen?

In dem Ausschuss geht es bislang um eine mögliche politische Einflussnahme bei dem zwischenzeitlichen Verzicht der Stadt auf Rückforderungen gegenüber der Hamburger Warburg-Bank, deren Miteigentümer Olearius und Warburg sind. Die Befreiung vom Steuergeheimnis ist für Zeugen eine Voraussetzung, um im Ausschuss auch öffentlich über bestimmte Vorgänge berichten zu können, die die Betroffenen tangieren. Im Kern des Ausschusses steht die Frage, ob der SPD-geführte Senat oder der damalige Bürgermeister Olaf Scholz persönlich Einfluss auf die damalige Entscheidung der Finanzbehörde genommen haben, 47 Millionen Euro zunächst nicht von der Warburg-Bank zurückzufordern.

Gauweiler sagte am Freitagnachmittag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), die Anwälte hätten im Namen ihrer Mandanten auf deren Steuergeheimnis verzichtet, um den Untersuchungsauftrag zu unterstützen. Sie seien zwar gewillt, dies auch weiter zu tun – „können die bisherige Praxis im Interesse einer objektiven und unverzerrten Aufklärung aber nur schwerlich aufrechterhalten, wenn umgekehrt die Sachbehandlung der Finanzverwaltung im Fall HSH Nordbank unausgeleuchtet bleibt“.

So erklärt Gauweiler seine Vorwürfe an Bürgermeister Tschentscher

Bei den Vorwürfen gegen Tschentscher bezog sich Gauweiler auf dessen Aussage, dass die HSH Nordbank der Finanzverwaltung 2013 nach interner Untersuchung mitgeteilt habe, dass 106 Millionen Euro durch Cum-Ex-Geschäfte eingenommen worden seien. Tschentscher, der damals Finanzsenator war, habe angegeben, dass diese zuzüglich Zinsen zurückgezahlt und gegen die Verantwortlichen hohe Geldbußen festgesetzt worden seien. „Letzteres war falsch, denn Geldbußen gegen HSH-Verantwortliche wegen Cum-Ex-Geschäften wurden in keinem einzigen Fall verhängt“, sagte Gauweiler.

Auch seien, soweit ersichtlich, keine Ermittlungen gegen Geschäftsleitung und Aufsichtsgremien der Bank geführt worden. Wegen der Aussage Tschentschers hatten die Vertreter der Bank den Ausschuss bereits in der vorangegangenen Sitzung um eine erneute Zeugenvernehmung des Bürgermeisters gebeten.

Dass auch die HSH Nordbank tief in Cum-Ex-Praktiken verstrickt war, ist auch laut Obleuten unstrittig. „Olaf Scholz und Peter Tschentscher haben den Millionensteuerraub in Hamburg niemals unterbunden“, kritisierte der CDU-Obmann Richard Seelmaecker. Aber um die ehemalige Landesbank gehe es eben in dem Ausschuss nicht, heißt es aus PUA-Kreisen. Und es zeuge von einem bemerkenswerten Selbstbewusstsein der Banker, nach der Affäre auf diese Weise noch Druck auf den Ausschuss ausüben zu wollen.

Nach Abendblatt-Recherchen hatten die Anwälte und auch die Warburg-Bank selbst ihre Drohung bereits Mitte der Woche an die Obleute übermittelt. Die Bank distanzierte sich in der Folge jedoch wieder von der Forderung. Der SPD-Obmann Milan Pein erteilte dem Anliegen der Anwälte bereits vor der Sitzung eine Absage. „Der Ausschuss entscheidet selbst darüber, welche Beweise er erhebt oder welche Zeugen er lädt. Eine Verknüpfung der Befreiung vom Steuergeheimnis mit der Frage, ob man Beweisanregungen der Betroffenen folgt, weisen wir zurück.“

Cum-Ex-Ausschuss: Grüne üben scharfe Kritik

Der Grünen-Obmann Farid Müller (Grüne) kritisierte die Aufforderung scharf. „Ich lasse mir als Bürgerschaftsabgeordneter im Untersuchungsausschuss nicht vorschreiben, wie wir unsere Arbeit machen sollen. Ganz und gar indiskutabel ist der Versuch, uns mit dem Steuergeheimnis zu drohen, wenn wir den Wünschen der Warburg-Gesellschafter nicht nachkommen.“ Von Mitgliedern des Ausschusses ist auch zu hören, dass mit der Aufforderung die noch folgenden Zeugen im Cum-Ex-Ausschuss verunsichert werden sollten. Die Befreiung des Steuergeheimnisses durch Christian Olearius und Max Warburg sei nicht zentral bei der weiteren Arbeit. Offenbar seien die Banker durch die Affäre bislang aber nicht „deutlich demütiger“ geworden.

Aus dem Umfeld der Banker ist aber zu hören, dass eine Betrachtung der Cum-Ex-Geschäfte der HSH Nordbank sehr wohl vom Auftrag des Ausschusses gedeckt sei. Im Verlauf der bisherigen Aufarbeitung im Cum-Ex-Ausschuss sei klar geworden, dass Steuerrückforderungen eine Rolle bei Verkaufsgesprächen zu der Landesbank eine Rolle spielten, an denen ebenfalls Olaf Scholz und auch der heutige Bürgermeister und damalige Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) beteiligt waren. Wie politisch mit diesem Fall umgegangen sei, müsse ebenfalls im Ausschuss geklärt werden – auch um den fraglichen Umgang mit der Warburg-Bank richtig einordnen zu können. Bislang sei dies aber ein „großes Geheimnis“. Es ist auch davon die Rede, dass die Politik beim Thema HSH Nordbank deshalb zurückhaltender sei, da hier nicht nur die SPD zu wenig hingeschaut habe. Ein Sprecher der Warburg-Bank wollte sich zu den Vorgängen am Freitag nicht äußern.