Hamburg . Peter Gauweiler und Thomas Fischer werfen dem Finanzsenator mindestens indirekt eine Falschaussage im Untersuchungsausschuss vor.
Die Aussage von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Bürgerschaft zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank hat ein Nachspiel. Anwälte des Warburg-Mitgesellschafters Christian Olearius haben die PUA-Mitglieder angeschrieben und auf eine aus ihrer Sicht „irritierende Diskrepanz“ hingewiesen.
Dabei geht es ihnen um die Schilderung des Kennenlerntreffens, das der damals neue Finanzsenator im Sommer 2018 mit Olearius und dessen Sohn Joachim hatte. Dressel hatte am Freitag ausgesagt, dass die Bankiers ihm dabei ihr Leid über die Ermittlungen wegen der Cum-Ex-Geschäfte geklagt hätten. Gefordert hätten sie zwar nichts, aber er habe auch schnell klargestellt, dass das nicht seine „Baustelle“ sei und sowohl die steuer- als auch die strafrechtlichen Ermittlungen ihren Gang gehen würden. Daraufhin sei das Gespräch bald beendet gewesen.
Cum-Ex-Skandal: Warburg-Anwälte sprechen von Diskrepanzen
Dem halten die Anwälte nun Tagebuchauszüge von Christian Olearius entgegen, wonach das Gespräch mehr als eine Stunde gedauert habe und es keine Hinweise auf eine konfrontative Stimmung gebe. Die Darstellung des Senators bezüglich des Gesprächsablaufs und der Gesprächsatmosphäre sei mit den Aufzeichnungen von Olearius daher nicht vereinbar, so die Anwälte Peter Gauweiler und Thomas Fischer.
Auch in der Frage der Haltung der Stadt zu dem Fall meinen sie Widersprüche in Dressels Argumentation erkannt zu haben und weisen darauf hin, dass der Senator zu Beginn der Sitzung über seine Wahrheitspflicht als Zeuge belehrt worden sei – womit sie indirekt andeuten, das der Senator aus ihrer Sicht womöglich nicht die Wahrheit gesagt habe.
Tagebuch von Olearius bestätigt in weiten Teilen Gesprächsverlauf
In weiten Teilen bestätigen die handschriftlichen Notizen aber den von Dressel geschilderten Verlauf. Olearius notierte, dass das Gespräch irgendwann auf das Thema Cum-Ex kam, dass die Bankiers beteuert hätten, dass sie daran nichts Vorwerfbares sähen, man aber keine Forderungen gestellt habe.
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Mit Hilfe von Cum-Ex-Geschäften haben sich Finanzinstitute Steuern erstatten lassen, die sie nicht gezahlt hatten. Im Jahr 2018 liefen bereits staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Warburg, mittlerweile wurde die Bank zur Rückzahlung von 176 Millionen Euro verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil bestätigt, und das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde dagegen abgelehnt.
Dressel: Warburg hat juristisch bisher "krachend verloren"
Warburg habe in dem Fall „alle rechtlichen Auseinandersetzungen bisher krachend verloren“, sagte Dressel, als er in der Landespressekonferenz auf den Brief angesprochen wurde. Daher sollten sich die Anwälte lieber darum bemühen, dass das Verfahren endlich abgeschlossen werde und „Rechtsfrieden einkehren“ könne – eine Anspielung auf die Auseinandersetzung vor dem Finanzgericht, wo sich die Bank nach wie vor gegen die Steuerrückzahlung wehrt.
In der Sache blieb der Finanzsenator bei seiner Darstellung des Treffens. Er habe keine Aufzeichnungen dazu und kenne auch Olearius‘ Tagebuch nicht. Aber dass Eindrücke von Gesprächen divergieren, sei ganz normal, so Dressel, der gleichwohl betonte: „Die Tatsache, dass ich danach keine weiteren Gespräche mit den Herren geführt habe – weil es so ausgegangen ist, wie es ausgegangen ist –, spricht für sich.“
Cum-Ex: Tschentscher sagt im PUA als Zeuge aus
Am kommenden Freitag sagt Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Untersuchungsausschuss als Zeuge aus. Er war von 2011 bis 2018 Dressels Vorgänger als Finanzsenator.
In dieser Zeit hatten die Hamburger Finanzbehörden zunächst darauf verzichtet, insgesamt rund 90 Millionen Euro an Steuern von Warburg zurückzufordern, weil aus ihrer Sicht damals nicht sicher nachzuweisen war, dass das Geld aus Cum-ex-Geschäften stammte. Tschentscher bestreitet, auf die Entscheidungen Einfluss genommen zu haben.