Hamburg. In einem neuen Buch führt Edgar S. Hasse zu bekannten und unbekannten Plätzen am und im Wasser. Manches ist auch für Stadtbewohner neu.

Wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen Lebensfreude wecken, wird der Elbstrand zur Bühne. Dann zieht es Sonnenanbeterinnen, verliebte Paare, Familien mit Kindern, Sunset- und Schiffsfotografen, Spaziergänger und Hundebesitzer an die Gestade des Flusses. Hamburg und seine Umgebung ist mit wassernahen Sehnsuchtsorten reich beschenkt. Mit Stränden. Und mit Inseln.

Davon handelt das neue Buch von Abendblatt-Redakteur Edgar S. Hasse („Hamburgs Inseln und Strände. 40 Touren an die Küsten und Ufer der Stadt“, Junius Verlag). Die Ziele liegen mitten im Wattenmeer, in der Elbe, in Alster und Bille, an Stränden funkelnder Seen und natürlich am Elbstrom. Die Publikation umfasst Tipps zur Anreise ebenso wie Informationen über Fauna, Flora und Wasserqualität. Das Abendblatt stellt sechs Inseln und Strände vor.

GURLITT-INSEL AUSSENALSTER

Wo der Straßenverkehr an den Luxusherbergen Le Méridien und dem strahlend weißen Hotel Atlantic vorbeirauscht, liegt versteckt im Weidengrün am östlichen Ufer der 164 Hektar großen Außenalster Hamburgs Insel der Täuschung. Sie gibt ihre Existenz als Eiland dem Unkundigen nicht preis, so eng schmiegt sie sich an das Festland und ist nur durch einen Alstergraben davon getrennt. 18 Schritte über eine Brücke – und schon ist man am Ziel. Die Wege sind gepflastert, bis ein fester Verbund aus Bootsstegen das Areal der 120 Meter langen und 60 Meter breiten Insel vergrößert. Im Wasser schwimmen Jollen und Boote der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Denn die einzige natürliche Alsterinsel ist fest in der Hand der Segler und Ruderer.

Hier haben die Segelschule Käpt’n Prüsse, der Hamburger Segel-Club e. V. (HSC) und der Ruder-Club Allemannia von 1866 ihren Sitz. Zwar ist die Außenalster nur 3,5 Meter tief. Aber die Gurlitt-Iinsel liegt am Rande eines durchaus ­anspruchsvollen Wassersport-Reviers. Denn die Uferbebauung mit Häusern und Brücken kann die Windeffekte auf der Außenalster verstärken. Insel- und Straßenname erinnern an den Aufklärer und Pädagogen Johann Gottfried Gurlitt (1754–1827). Nichts erinnert heute mehr daran, dass die Gurlitt-Insel sogar die Nationalsozialisten im sogenannten Dritten Reich zu täuschen verstand.

Im Schutz der Weiden und des Wassers trafen sich dort während dieser Zeit Jugendliche, die von einer neuen amerikanischen Musikrichtung begeistert waren: die „Swing-Kids“. Statt „Heil Hitler“ begrüßten sie einander auf dem Alstereiland mit „Swing Heil!“. Doch es dauerte nicht lange, bis die Gestapo die Anhänger des Swing verfolgte. Einige von ihnen kamen ins Konzentrationslager.

LIEBESINSEL IM STADTPARK

Wenn die Zierkirschen auf der Liebesinsel im Stadtparksee (Winterhude) in voller Blüte stehen, liegt Liebe in der Luft. Fern vom Großstadttrubel genießen Paare hier ihre gemeinsame Zeit. Lauschige Plätzchen auf hölzernen Sesseln locken versteckt unter Laub. Die 95 Meter lange, nur 30 Meter breite und 0,23 Hektar große Insel hat nur einen Zweck: das Herz der Menschen zu erfreuen. Der Weg zum insularen Liebesglück führt über eine Klinkerbrücke. So gelangt man ebenso schnell wie romantisch über den bis zu anderthalb Meter tiefen Goldbekkanal auf das grüne Eiland mit dem gastfreundlichen Kiosk samt Bootsvermietung.

Erbaut hat die Brücke der Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher (1869–1947), dessen Werke bis heute die Hansestadt prägen. Es war auch die Idee des genialen Stadtplaners, beim Entwurf des Stadtparks und seines Sees eine Insel für Verliebte zu schaffen. Dafür ließ er den neuen Stadtparksee mit dem Goldbekkanal verbinden. Über die Verbindung zur Alster gelangen daher auch Fische in die Nähe der Liebesinsel, darunter Flussbarsche, Aale und Hechte. Rund um die Mini-Insel leben Höckerschwäne, Blässhühner, Haubentaucher und Stockenten. In der Bootsvermietung können Tret- und Ruderboote sowie Kanus ausgeliehen werden.

SCHWEINESAND IN DER ELBE

Für die meisten Menschen wird die Elbinsel Schweinesand auf der Höhe Blankenese und Wittenbergen nur vom Ufer aus zu betrachten sein. Die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft weist darauf hin: Bei Schweinesand-Haken darf ganzjährig nur der östliche Strandabschnitt betreten und zum Lagern genutzt werden – nicht das Inselinnere. Für den eigentlichen Schweinesand, also den Rest der ehemaligen Insel westlich des Durchbruchs, gilt ganzjährig ein Betretungsverbot; das betrifft auch den Strand. Deshalb: Anfahrt nur mit eigenem Boot unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften.

Wie stark der Strom eine Insel verändern kann, lässt sich auf Schweinesand beobachten. Alles ist hier, wo der Schierlings-Wasserfenchel wächst und Seehunde sich sonnen, tatsächlich im Fluss. Vor allem am Nordufer der heute rund 18 Hektar großen Insel nagen Ebbe und Flut, Strömung, Wellenschlag und Sog der vorbeifahrenden Schiffe. Dazu kommen Sturmfluten. Ein Großteil der einstigen Insel existiert nicht mehr. Die Inselkette Schweinesand, Neßsand und Hanskalbsand entstand 1940/41. Das sandige Material, das beim Ausbaggern des Mühlenberger Lochs zum Bau einer Start- und Landebahn für die Wasserflugzeugwerft der Nazis anfiel, wurde auf Schlick- und Sandbänke aufgespült. Menschenhand hat also Schweinsands Nachbarin Neßsand geschaffen – im Unterschied zu Schweinesand mit natürlichem Ursprung.

FREIBAD OSTENDE

So viel Natur mitten im Wandsbeker Stadtteil Tonndorf: Der Verein Freibad Ostende e. V. betreibt seit 1986 das kleine, aber feine Freibad mit dem 104 Meter langen Sandstrand von Mai bis September. Es verfügt über alles, was das badebegeisterte Herz begehrt: Kiosk, Terrasse, Spielplatz, Spielgeräte, zwei Wiesenflächen für Sonnenanbeter, Damen- und Herrenduschen, Toiletten, Umkleidekabinen. Der See entstand aus einer ehemaligen Tongrube der Familie Mejer und lief Anfang des 20. Jahrhunderts mit Wasser voll.

1934 nahm die Wehrmacht den neu entstandenen und vom Grundwasser gespeisten Tonndorfer See in Besitz und machte daraus eine Militärbadeanstalt. Nach dem Krieg betreuten die Hamburger Wasserwerke das Freibad, seit 1986 ist dafür der Verein als Pächter zuständig. Der rund 34.200 Quadratmeter große See – 302 Meter lang und 233 Meter breit – ist bis zu 9,8 Meter tief. Die Umweltbehörde bewertet die Badegewässerqualität im mehrjährigen Mittel als „ausgezeichnet“. Im Wasser schwimmen Aale, Hechte, Karpfen, Weißfische und Brasche. Biologen vermuten eine größere Muschelpopulation.

www.freibad-ostende.de

FKK-SOMMERBAD VOLKSDORF

Nackte betagten Alters spielen unter Bäumen Boule: Es stört sie nicht, wenn andere bekleidet an ihnen vorbeiziehen. Dieses Bad ist fest in der Hand des Hamburger Bundes für Freikörperkultur und Familiensport e. V. (HFK) – und Ausziehen bei warmen Temperaturen Alltag für die meisten der 800 Vereinsmitglieder. Tagsüber steht das von Wiesen und Wald umgebene Bad mit dem 200 Meter langen und 15 Meter breiten, eher groben Sandstrand auch externen Besuchern offen.

Längst ist das Gelände zweigeteilt: Am Sandstrand tummeln sich die bekleideten Gäste, auf der anderen Seite des 8,5 Hektar großen Sees die Nudisten – sie sind inzwischen jedoch in der Minderheit. Das bis zu 8,5 Meter tiefe Gewässer entstand Anfang der 1930er-Jahre durch den Abbau von Torf. Kurzerhand entdeckten es die Hamburger als Badesee. Zunächst sprudelte das Wasser von der Moorbek durch einen Stichkanal hinein. Seit den 1940er-Jahren speist ein Tiefbrunnen mit natürlichem Grundwasser den kleinen See im Nordosten Hamburgs. Im „Haus am See“ befindet sich die Zentrale der Badeaufsicht, daneben gibt es einen Kiosk.

www.hfk-hh.de

GROSSENSEE IN STORMARN

An lauen, späten Sommerabenden leuchtet der See in mildem Sonnenglanz. Die sanften Wellen des Wassers verströmen einen frischen Duft, von dem sich die Schwimmer betören lassen, selbst dann, wenn plötzlich vor ihnen ein dicker Karpfen lebensfroh aus dem Wasser springt. Der 73 Hektar umfassende Großensee, gut 15 Kilometer von Hamburgs Stadtgrenze entfernt, ist ein Naturparadies mit Badespaßfaktor für Jung und Alt. Während das bis zu 16,4 Meter tiefe Gewässer mit dem sechs Kilometer langen Ufer der Hansestadt Hamburg gehört, betreibt die Gemeinde Großensee das gepflegte Strandbad.

Direkt an den 60 Meter langen Sandstrand schließt sich eine Liegewiese an, auf der etliche Birken stehen. Nichtschwimmer- und Schwimmerbereiche sind getrennt. Wer ins Wasser springen will, kann den Bootssteg als Startrampe nutzen. Für die Sicherheit der Badegäste sorgt bei den regulären Öffnungszeiten ein Team der DLRG. Ein Volleyball-platz, Toiletten, Duschen, 18 Schließfächer, Spielgeräte für Kinder und ein Imbiss komplettieren das Angebot. Der See wird durch Grundwasser gespeist. Dazu kommen die Niederschläge der Gemeinde Großensee.

Das Buch (184 S.) ist für 16,80 Euro  in der Abendblatt-Geschäftsstelle sowie online unter abendblatt.de/shop erhältlich
Das Buch (184 S.) ist für 16,80 Euro in der Abendblatt-Geschäftsstelle sowie online unter abendblatt.de/shop erhältlich © Junius-Verlag | Junius-Verlag