Hamburg. Hamburger Senat nimmt Kontakt zu Investor auf. Offen ist, ob der verkaufen will. Das Problem dürfte der Preis sein.
Im Streit um das Holsten-Quartier zieht der Hamburger Senat jetzt die Reißleine und will das Areal in städtischen Besitz bringen. Der bei der Finanzbehörde angesiedelte Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) hat den Besitzer, die Firma Consus Real Estate, angeschrieben und um Gespräche über einen möglichen Erwerb der Fläche gebeten.
Das hat ein Vertreter des LIG jetzt der Bezirkspolitik in Altona auf Nachfrage mitgeteilt. Eine offizielle Reaktion seitens des Investors, der zur schwer angeschlagenen Adler Group gehört, gebe es noch nicht, hieß es.
Hamburg will Holsten-Quartier kaufen – wenn der Preis stimmt
„Wir haben großes Interesse daran, dass auf dem Holsten-Areal endlich die versprochenen Wohnungen gebaut werden“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt. „Dass der aktuelle Investor dieses für Hamburg wichtige Projekt umzusetzen in der Lage ist, muss bezweifelt werden. Daher prüfen wir nun sorgfältig und behördenübergreifend alle Optionen, dazu gehört möglicherweise auch ein Erwerb der Flächen durch die Stadt. Klar ist aber, dass dies nur zu einem angemessenen Preis erfolgen kann.“
Wie berichtet, hatte der Holsten-Mutterkonzern Carlsberg das Brauerei-Areal in Altona 2016 für gut 150 Millionen Euro an einen Investor verkauft, die Düsseldorfer Gerch Group. Schon dieser Preis war der Stadt damals zu hoch, daher verzichtete sie auf den Kauf des Geländes. Auf ein Vorkaufsrecht, das ihr bei Weiterverkauf ein Einschreiten ermöglicht hätte, verzichtete sie ebenfalls – erhielt dafür aber im Gegenzug die Zusage, dass die Holsten-Brauerei in Hamburg bleibt und nach Hausbruch umzieht. So wurde das Holstenquartier zum Spekulationsobjekt, das schließlich für angeblich mehr als 300 Millionen Euro bei Consus landete, die wiederum von Adler übernommen wurden.
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Grüne: Holsten-Grundstück gehört in städtische Hände
Der Immobilienkonzern geriet in die Schlagzeilen, nachdem Investoren schwere Vorwürfe wegen angeblich unseriösen Geschäftsgebarens erhoben hatten. Hinzu kam ein Milliardenverlust und der Absturz an der Börse. In Hamburg reifte daher die Erkenntnis, dass die geplanten 1300 Wohnungen im Holsten-Quartier mit diesem Investor kaum noch realisiert werden können. Daher prüft die Stadt nun, wie sie doch noch an das Gelände kommen könnte.
Bei den Grünen sorgte der Vorstoß des LIG für Erleichterung: „Endlich kommen alle zum Schluss was unsere Fraktion schon 2014, als einzige Fraktion, gefordert hat – das Holsten-Grundstück gehört in städtische Hände“, sagte Gesche Boehlich, Fraktionsvorsitzende der Grünen Altona. „Der damalige SPD-Senat hatte einen gravierenden Fehler begangen, der unbedingt repariert werden muss. Dieses unsägliche Treiben dieser Spekulationsmaschine Adler muss ein Ende haben.“ Allerdings bestimme der Preis die Musik: „Den Irrwitz, der in den Büchern von Adler steht, kann so nicht durchdringen.“
Linke: Mondpreise aus Adler-Bilanzen dürfen nicht Maßstab sein
Zwischenzeitlich soll das Holsten-Areal schon mit deutlich mehr als 300 Millionen Euro bewertet worden sein – ein Preis, den die Stadt für die 8,6 Hektar (rund zehn Fußballfelder) natürlich niemals zahlen würde, denn das wären rund 3500 Euro pro Quadratmeter Bauland. Was Hoffnung macht: Laut „FAZ“ hat Adler-Verwaltungsratschef Stefan Kirsten kürzlich eingeräumt, dass der Wert der gesamten Tochtergesellschaft Consus Real Estate bis auf einen Restwert von nur 90 Millionen Euro abgeschrieben worden sei – das könnte die Bereitschaft, das Holsten-Areal zu einem realistischen Preis abzugeben, erhöhen.
Auch die SPD in der Bürgerschaft will sich nicht übers Ohr hauen lassen: „Die Stadt ist durchaus bereit, das Grundstück zu übernehmen, aber dafür muss der Preis stimmen“, sagte Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Wenn man weiß, wie spekulativ der Preis nach oben getrieben wurde, bin ich aber zum heutigen Zeitpunkt eher skeptisch.“ Dem Investor müsse klar sein: „Die Stadt darf und wird sich nicht erpressen lassen.“
Die Linkspartei begrüßte, „dass der Senat das Holsten-Areal endlich in städtische Hände bringen will“, so Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin in der Bürgerschaft. „Aber auf gar keinen Fall darf Consus/Adler für die Spekulation belohnt werden.“ Für Theo Bruns von der Initiative „knallt am dollsten“ ist der LIG-Vorstoß „ein großer Schritt in die richtige Richtung und das, was wir schon seit Monaten fordern: Dass die Stadt das Areal in ihre Hände nimmt, um eine soziale und solidarische Stadtentwicklung zu ermöglichen.“
„Alles uns Mögliche tun, das Projekt so zügig wie möglich fertigzustellen“
Auch die CDU in der Bürgerschaft begrüßt die Bemühungen um einen Kauf des Areals, sagte deren stadtentwicklungspolitische Sprecherin, Anke Frieling. Noch sei sie aber skeptisch: „Mich würde es wundern, wenn der Zeitpunkt schon gekommen wäre, an dem Adler über einen Verkauf redet.“
Tatsächlich wies der Konzern dies auf Abendblatt-Anfrage zurück: Man werde „alles uns Mögliche tun, das Projekt so zügig wie möglich fertigzustellen“, teilte Sprecher Matteo Twerenbold mit. Adler verfüge auch über die nötigen liquiden Mittel: „Das Gesamtprojekt Holsten-Quartier ist und bleibt solide durchfinanziert.“ Zum Schreiben des LIG äußerte er sich nicht direkt, schrieb aber: „Selbstverständlich sind wir jederzeit bereit, hierzu in den Dialog mit der Stadt und dem Bezirk zu treten.“