Hamburg. Offenbar gibt es viele Planungsmängel beim Uni-Neubau in Rotherbaum. Laut CDU drohen „hohe Kostenrisiken für die Stadt“.

Einen „hochmodernen“ Campus werde die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) der Uni Hamburg bekommen, erklärte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) bei der Grundsteinlegung für das MIN-Forum und den Informatik-Neubau an der Bundesstraße – und der damalige Uni-Präsident Dieter Lenzen freute sich bei der Feier im November 2019 „sehr“, dass die bauliche Entwicklung der Hochschule „mit großen Schritten“ vorangehe.

Aktuell kommt das Projekt allerdings mit eher kleinen Schritten weiter – und es könnte erheblich teurer werden als ursprünglich geplant, ähnlich wie das „Haus der Erde“ nebenan. Darauf deuten die Antworten des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Thilo Kleibauer hin.

Uni-Gebäude wohl teurer – „hohe Kostenrisiken für Hamburg“

Schon in dem Mitte März vorgelegten Bericht zum Bau-Monitoring 2021 an die Bürgerschaft hatte der Senat eine Abweichung der Kostenprognose von den vertraglich vorgesehenen Aufwendungen für das MIN-Forum und den Informatik-Neubau angekündigt. Statt rund 161 Millionen Euro, wie noch 2018 angegeben, sei mit Gesamtbaukosten von rund 169 Millionen Euro zu rechnen – Stand 30. September 2021.

Auf Thilo Kleibauers Frage zum jüngsten Stand und zur Terminplanung antwortet der Senat nun: „Die aktuelle Marktsituation lässt eine zuverlässige Bewertung der Kosten- und Terminauswirkungen erst nach Vorlage einer ausreichenden Anzahl von Ausschreibungsergebnissen zu.“ Das heißt wohl auch: Ob die Übergabe des Neubaus wie vertraglich vereinbart am 17. Januar 2023 stattfinden wird, ist ungewiss.

„Der Senat stochert im Nebel“, sagt Thilo Kleibauer. Seiner Einschätzung nach drohen „hohe Kostenrisiken für die Stadt“. Der CDU-Abgeordnete geht davon aus, dass sich die Gesamtbaukosten um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag erhöhen könnten. Was für diese Einschätzung spricht: Obwohl der Senat die Mehrkosten für den Neubau in dem Bericht zum Bau-Monitoring 2021 mit Stand Ende September erst auf rund 4,6 Prozent beziffert, ist das Vorhaben schon mit einer roten Ampel versehen – einer Kennzeichnung für städtische Bauprojekte, bei denen die Mehrkosten um mehr als zehn Prozent über der Planung liegen könnten.

MIN-Forum: Senat will ab Juni Prognose erstellen

In diesem Jahr sind für den Komplex in Rotherbaum noch etliche Gewerke auszuschreiben, etwa für die Sanitäranlagen, für Mauerwerksarbeiten, Trockenbau, Maler- und Lackierarbeiten. Bis Ende Juni sei eine ausreichende Zahl von Angeboten zu erwarten, „sodass dann eine Kosten- und Terminprognose erstellt werden kann“, teilte die Finanzbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit.

Der Neubau an der Bundesstraße soll rund 19.500 Quadratmeter Fläche für Hörsäle, Seminarräume, Büros, eine Bibliothek und eine Mensa bieten. Davon profitieren sollen künftig nicht nur Mathematiker und Naturwissenschaftler, sondern auch der noch in Stellingen untergebrachte Fachbereich Informatik.

Uni-Neubau in Hamburg wird wohl teurer: „Planungsmangel“

In dem Bericht zum Bau-Monitoring 2021 erklärt der Senat die Probleme bei dem Neubau zum einen mit „Ausprägungen des Marktes“ und einer „pandemiebedingten Störung“. Derentwegen sei davon auszugehen, „dass sich die Baukosten oberhalb des angenommenen Budgets bewegen werden und die Mehrkosten nicht zu kompensieren sind“. Die Hauptbauleistung verschiebe sich „in ein Zeitfenster (...), in dem hohe Preissteigerungen und eine schwache Marktresonanz erwartet werden“. Zum anderen ist in dem Bericht von einem „Planungsmangel“ die Rede.

Schon Ende 2017 sei dem ersten beauftragten Planer der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) „aufgrund von anhaltenden Mängeln in der Leistungserbringung gekündigt“ worden, erklärt der Senat auf Thilo Kleibauers Anfrage. Nach der Kündigung kam es offenbar zu weiteren Problemen. „Die Ergebnisse des neu beauftragten Planungsbüros für Technische Gebäudeausrüstung zeigen Mängel in der Ausführungsplanung und Vorbereitung der Vergabe“, schreibt der Senat. „Leistungen wurden daher nicht abgenommen und werden nachgebessert.“ Auf Abendblatt-Anfrage präzisierte die Finanzbehörde, es handele sich um „diverse Mängel bei allen Kostengruppen der Technischen Ausrüstung“. Ein Planungsmangel, der die Gebäudesohle betraf, sei inzwischen beseitigt worden. Gegen den ersten TGA-Planer habe die Stadt eine Klage eingereicht. „Das Verfahren läuft noch, daher lässt sich der Anspruch noch nicht abschließend beziffern“, erklärt der Senat.

Hamburg: Kostenexplosion beim „Haus der Erde“ nebenan

Planungsfehler, ein gestörter Bauablauf, jahrelange Verzögerungen, Rechtsstreitigkeiten und Kostensteigerungen als Folge – all das gilt auch für das „Haus der Erde“ nebenan. Der Neubau an der Bundesstraße für die Geowissenschaftler und Klimaforscher der Universität sollte eigentlich bereits Ende 2019 an die Hochschule übergeben werden. Doch dazu kam es nicht, unter anderem weil schon der erste Planer massive Fehler begangen habe, so die Darstellung des Senats. Erst ein 2019 beauftragter vierter Planer habe die Probleme schließlich in ihrer Tiefe erkannt, hieß es.

Im November 2020 verkündete der Senat, dass die Projektkosten für das „Haus der Erde“ von 177 auf 303 Millionen Euro steigen werden. Die Fertigstellung sei für Ende 2023 geplant. Von 2024 an könnten Studierende und Lehrende dann auf einer Fläche von 37.000 Qua­dratmetern einziehen – wenn es bis dahin gut läuft.