Hamburg. Von Eppendorfer Auberginen bis Barmbeker Matjes: In der “Hamburger Wochenmarkt-Küche“ werden nicht nur Rezepte gesammelt.

„Manche gehen los und kaufen vier Eier, andere gehen los und entdecken das Leben.“ Das hat Meike Stübers Vater mal gesagt und dabei seine Tochter im Sinn gehabt. Aber auch deren Freundinnen Nicola und Cornelia beschriebe er damit wohl ganz gut.

Denn alle drei Frauen lieben es, sich über die Hamburger Wochenmärkte treiben zu lassen, zwischen saftigen Tomaten, knackigen Äpfeln, duftenden Kräutern und bunten Tulpen einen Schnack zu halten und inspiriert zu werden. Fürs nächste Essen, aber auch ganz grundsätzlich.

Wochenmärkte Hamburg: Jeder ist einzigartig

„Jeder der rund 70 Wochenmärkte ist einzigartig, jeder hat seine ganz eigene Atmosphäre“, schwärmt Meike Stüber, die seit 18 Jahren im Herzen von Ottensen wohnt und deshalb selbst oft auf dem Spritzenplatz einkauft. „Ob nun der kleine, feine Biomarkt in St. Georg oder der Fischmarkt, ob Blankeneser Markt oder der berühmte Isemarkt – von Wellingsbüttel bis Harburg ist tatsächlich jeder Markt einen Besuch wert“, so die 56-Jährige. Wegen der bunten Vielfalt, sagt sie. Und meint das Gemüse und die Menschen. Wer sich nun nicht sofort in Bus und Bahn setzen möchte, kann die Wochenmärkte der Stadt nun auch mit dem Kochbuch „Unsere Hamburger Wochenmarkt-Küche“ erkunden, einem gemeinsamen Projekt der drei Freundinnen.

Nicola Maier-Reimer (v. l.), Cornelia Horn und Meike Stüber haben sich sofort verstanden.
Nicola Maier-Reimer (v. l.), Cornelia Horn und Meike Stüber haben sich sofort verstanden. © Privat

„Unser Buch erzählt dabei mehr als nur Rezepte“, sagt Nicola Maier-Reimer, die das Werk liebevoll illustriert hat. „Wir möchten mit den Lesern eine kulinarische Rundreise durch unsere Stadt unternehmen. Es ist ein Buch, das im besten Fall den Verstand überspringt und mitten ins Herz trifft.“ So hat die 56 Jahre alte Karikaturistin, die für verschiedene Werbeagenturen arbeitet und auch Zeichenkurse im In- und Ausland gibt, auch Cartoons beigesteuert, die mit ihren Dialogblasen augenzwinkernd die einkaufende Klientel charakterisieren.

Die Idee zum Buch entstand 2019 auf dem Isemarkt

Die Idee zum Buch entstand, wie sollte es auch anders sein, auf dem Wochenmarkt: Meike Stüber war an einem kühlen Tag im Frühling 2019 auf dem Isemarkt unterwegs und holte sich im Café Hy, jenem bekannten Oldtimer-Stand, einen schnellen wärmenden Espresso. Dabei entdeckte sie die zeichnende Nicola, die das Markttreiben mit schnellem Strich in ihrem Skizzenblock festhielt. Man kam ins Gespräch. Und traf sich danach immer mal wieder. Dabei kam irgendwann der Gedanke auf, Rezeptideen der leidenschaftlichen Köchin Meike, die als freiberufliche Food-Stylistin arbeitet, mit Nicolas Zeichnungen zu kombinieren.

Die beiden Frauen holten die befreundete Kommunikationsdesignerin Cornelia Horn dazu, die für das Konzept des Buches, das entlang der Jahreszeiten strukturiert ist, verantwortlich zeichnet. „Wir drei haben uns sofort verstanden“, sagt Nicola Maier-Reimer, die „Conny“ schon aus Studienzeiten kennt. „Es war wie ein geflochtener Zopf, der mit jedem Austausch dicker wurde.“ So habe Cornelia, ebenfalls 56, beispielsweise ein untrügliches Auge für Details. „Ich erinnere noch genau, wie sie mir sagte: Nicola, an den Käsestand musst du noch mal ran. Die Seite erscheint im Herbst-Kapitel, und der Verkäufer trägt ein T-Shirt. Das passt nicht“, erzählt Nicola Maier-Reimer lachend.

Hamburgerinnen arbeiteten zwei Jahre an dem Buch

„Unsere Hamburger Wochenmarkt-Küche“ (Junius Verlag, 24,90 Euro) ist unter abendblatt.de/shop erhältlich.
„Unsere Hamburger Wochenmarkt-Küche“ (Junius Verlag, 24,90 Euro) ist unter abendblatt.de/shop erhältlich. © Junius Verlag

Für sie selbst sei das Rezept zum Grünen Risotto eine wahre Herausforderung gewesen. „Es muss ja so lecker gezeichnet sein, dass man es gleich nachkochen möchte.“ Mit Grüntönen habe sie ohnehin viel experimentiert, sagt die freiberufliche Illustratorin. „Klingt speziell, aber Zucchini-Grün sieht halt einfach anders aus als Kohlrabi-Grün.“ Knapp zwei Jahre arbeiteten die drei Hamburgerinnen an ihrem Buch, das 40 sublokal-inspirierte Rezepte enthält, von Duvenstedter Western-Kartoffeln über Ottenser Hühnersuppe mit Ingwer bis zum Barmbeker Matjessalat.

„Für mich war es neu, alle Zutaten so präzise aufschreiben zu müssen“, sagt Meike Stüber. Sie koche sonst zu Hause immer „nach Gefühl und aus dem Bauch heraus“. Deshalb sei es ihr auch wichtig gewesen, dass die beiden Freundinnen jedes Rezept nachkochten. „O ja“, sagt Nicola Maier-Reimer und lacht. „Den wunderbaren Blankeneser Apfelkuchen musste ich dreimal backen, weil da immer irgendwas schiefging. Einmal fiel bei mir im Haus der Strom aus, und ich wusste gar nicht mehr, wie lang der Kuchen nun schon im Ofen gewesen war.“ Auch der Pizzateig sei den Freundinnen nicht sofort gelungen. „Sie riefen mich beide unabhängig voneinander an, dass er so flüssig sei“, erzählt Meike Stüber.

Wochenmärkte Hamburg: Folgebuch wäre ein Option

„Ich konnte mir das nun gar nicht erklären. Bis sich herausstellte, dass beide unabhängig voneinander die Mengen für Wasser und Mehl verwechselt hatten.“ Dass ihr knapp 200-seitiges Werk schon so viele Leser gefunden hat, freut die drei Freundinnen sehr. „Die Rückmeldungen sind so nett, da geht einem das Herz auf.“ Auch der Betreiber des Café Hy sei ein großer Fan. „Er sagt seinen Kunden: Ganz tolles Buch, ich bin auf Seite 95.“ Ein weiteres Projekt schließen die drei Hamburgerinnen nicht aus. „Wir sind kreativ und probieren gern was aus.“

In den nächsten Tagen muss Meike Stüber beruflich nach Köln. Was sie dort machen will? „Mein erstes Ziel ist der Chlodwigplatz. Da ist an dem Tag Markt.“ Klar.