Hamburg. Ernährungs-Doc Matthias Riedl gibt Tipps, wie man die deftige norddeutsche Küche mit kleinen Änderungen gesünder gestalten kann.

Die norddeutsche Küche schmeckt gut, hat aber nicht gerade den Ruf besonders großer Raffinesse. Doch wie gut tun diese Gerichte eigentlich unserer Gesundheit? Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl schickt vorweg: „Essen muss schnell und einfach sein. Traditionell wird deftig und eher Hausmannskost serviert.“ Der Gemüse und Obstkonsum in Deutschland steige zwar ständig, „immerhin 75 Prozent der Deutschen nehmen beides täglich zu sich, dennoch essen weiterhin 25 Prozent auch täglich Fleisch oder Wurst“, so der Leiter des Medicums Hamburg, wo überwiegend Patienten mit ernährungsbedingten Krankheiten und Diabetes behandelt werden.


Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung e.V. konsumieren Männer mehr Fleisch und Wurst als Frauen, „laut der Nationalen Verzehrsstudie II sogar doppelt so viel – Männer 160 Gramm täglich, Frauen 83 Gramm täglich. „Bereits im Kindesalter essen Jungs mehr Fleisch als Mädchen“, so Riedl. Männer essen demnach mehr Milchprodukte, Frauen generell mehr Obst (Frauen 270 Gramm, Männer 222 Gramm täglich). Gemüse werde gleichermaßen eher zu wenig verzehrt (Frauen 129 Gramm, Männer 112 Gramm). Männer trinken auch häufiger Alkohol, besonders Bier, während Frauen auch öfter zu Tee greifen. Der Ernährungs-Doc hat einige norddeutsche Klassiker für das Abendblatt unter die Lupe genommen und schlägt Alternativen vor, wo er es für geboten hält.

Dr. Matthias Riedl,  Leiter des  Medicums Hamburg.
Dr. Matthias Riedl, Leiter des Medicums Hamburg. © Andreas Sibler | Andreas Sibler

Das sagt der Ernährungsdoc zur norddeutschen Küche

Bauernfrühstück: „Die Kombination von Kartoffel und Ei hat eine hohe biologische Wertigkeit, häufig jedoch einen hohen Fettgehalt, vitalstoffreiches Gemüse fehlt in der Regel aber komplett.“ Alternative: Gemüseomelette mit Erbsen, Pilzen, Lauch und einem kleinen Kartoffelanteil.


Grünkohl mit Kassler: Grünkohl könnte eigentlich ein sehr gesundes Gemüse sein, denn unverarbeiteter Grünkohl ist reich an Vitamin C, Ballaststoffe, Mineralstoffe wie Eisen (1,9 mg/100 g) und Magnesium (31 mg/100 g), pflanzlichem Eiweiß (4,3 g/100 g) und Vitamin C (105 mg/100 g), sagt Riedl. „In diesem Gericht wird er leider komplett verkocht und zu fettreich (klassisch mit Schmalz) zubereitet.“ Das Kassler dazu sei außerdem zu salzreich, gepökelt, häufig sei Fleischmenge zu groß – zumal wenn noch Kohlwurst dazu komme. Alternative: gedünsteter Grünkohl mit knusprigen Räuchertofu-Würfel und Rosmarinkartoffeln aus dem Ofen. Riedls Tipp: Grünkohlchips im Ofen selber machen und nach Wunsch würzen.


Labskaus:
„Labskaus hat eine hohe biologische Wertigkeit von den Proteinen her aufgrund der Kombination von Kartoffeln und Ei. Die dazu gereichte Rote Bete enthält viel Eisen und Folsäure und wirkt entzündungshemmend.“

Strammer Max: Nur gut mit Vollkornbrot

Currywurst mit Pommes: Das liebste Kantinenessen der Deutschen liefert Negativrekorde: „Es enthält fast doppelt so viel Salz wie die WHO maximal empfiehlt (5 Gramm) und die Mengen an Zucker (20 g) und ungesundem Fett (60 g) knacken auch die Tagesverzehrempfehlungen ohne nennenswerte gesunde Inhaltsstoffe.“ Riedls Tipp: Ketchup selbst machen mit weniger Zucker, frischen Tomaten, Zwiebeln, Paprika, Rapsöl und etwas Mango. Weniger Wurst oder mal ein vegetarisches Produkt probieren.

Currywurst  sollte die Ausnahme bleiben.
Currywurst sollte die Ausnahme bleiben. © Getty Images/iStockphoto


Rührei mit Krabben: „Eine Proteinbombe, bei der leider die Gemüsekomponente fehlt.“ Alternative: Salatbeilage oder Gemüse wie grüner Spargel, grüne Bohnen oder Paprika im Omelett verarbeiten. Wer auf Krabben nicht verzichten will, nimmt einfach weniger.

Matjes (Hausfrauen-Art): Matjes wird in Salzlake und Enzymen fermentiert. „Fermentierte Produkte wirken sich positiv auf die Darmgesundheit aus“, sagt Riedl. Matjes enthalte Vitamin D und hochwertige gesunde Fettsäuren wie Omega 3 sowie Kalium, Kalcium und Magnesium (Omega 3 etwa 2,5 g/100 g, Kalium 23 g/100 g, Kalcium 43 mg/100 g, Magnesium 35 mg/100 g). Allerdings fehle die Gemüsebeilage. Die Alternativen: Soße/Marinade mit Joghurt/Quark statt Schmand zubereiten, Rote-Bete-Salat dazu essen, oder Gemüsesuppe vorweg oder Zwiebeln, Petersilie, Paprika klein hacken und als marinierte Soße dazu reichen.


Strammer Max
: „Häufig wird hier ein Mischbrot verwendet, Gemüse fehlt komplett.“ Alternative: Vollkornbrot, Putenbrustaufschnitt und dazu eine große Portion Tomatensalat.

Womit man Schnitzel unbedingt kombinieren soll


Schnitzel:
„Fertigprodukte enthalten viel Salz und Zusatzstoffe. Am besten nur zwei Mal die Woche Fleisch konsumieren oder maximal 300 Gramm Fleisch“, rät der Ernährungs-Doc. Schnitzel hätten durch das Frittieren oder Braten in viel Fett ungünstige gesättigte Fettsäuren und Transfettsäuren. „Das Schnitzel liefert Eiweiß, B-Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen. Es sollte aber unbedingt mit einem üppigen Beilagen-Salat kombiniert werden.“ Riedls Tipp: Panade mal mit Mandelmehl und Haferflocken gesund aufpeppen.


Rotkohl/Sauerkraut:
Beim Rotkohl ist laut Riedl problematisch, dass er häufig fertig aus dem Glas oder aus der Tüte verwendet wird wird. „Dieser Rotkohl enthält häufig weniger Vitamine und zugesetzten Zucker.“ Sauerkraut enthält viele Mineralstoffe, die bei der Milchsäurefermentation erhalten bleiben. „Das erhöht die Vielfalt im Darm und stärkt die Darmgesundheit. Das Risiko einer Darmerkrankung wird verringert“, so der Ernährungsmediziner.

Regionale Spezialitäten: Das Fazit des Ernährung-Docs

Franzbrötchen: „Es besteht aus Weißmehl, Zucker und Fett.“ Riedl kritisiert den hohen glykämischen Index, der einen starken Anstieg des Blutzuckerspiegels bewirke. „Es sättigt nicht, daher nur selten zugreifen.“ Alternative: Zimtschnecke mit Hefeteig (der aus 50 Prozent Vollkorn-Mehl besteht) oder aus Quark-Öl-Teig.

Rote Grütze: „Als Fertigprodukt viel zu zuckerreich.“ Alternative: frische Beeren oder Beeren-Kefir-Smoothie.

Butterkuchen: „Hoher Anteil an einfachen Kohlenhydraten durch Weißmehl und Zucker, fettreich durch Butter, enthält keine Ballaststoffe.“ Alternative: Apfelkuchen mit Dinkelvollkornmehl und wenig Zucker.


Das Fazit des Ernährungs-Docs: „Es ist an der Zeit, dass die Restaurants umdenken und gesündere Kreationen anbieten. Der Markt dafür ist da.“