Hamburg. Zwei Gegner der geplanten U-Bahn haben bereits zurückgezogen. Doch der Bau der U5 bleibt umstritten und politisch heikel.

Da waren es nur noch sieben: Still und von der Öffentlichkeit bislang unbemerkt haben zwei Gegner der geplanten U-Bahn-Linie U 5 von Bramfeld zur City Nord ihre Klagen vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) zurückgezogen. Nach Geheimgesprächen zwischen der Hochbahn, Anwälten und den beiden Parteien hat man sich nach Abendblatt-Informationen geeinigt. Über den Inhalt der Verständigung, über eventuelle Zahlungen und Zugeständnisse wurde zunächst nichts bekannt. Aus Gerichts­kreisen hieß es nur, es seien noch Klagen anhängig, es gebe offenbar weitere Gespräche.

Die Hochbahn bestätigte nüchtern ihren außergerichtlichen Erfolg: Von neun Klagen seien zwei zurückgenommen worden, sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. „Wir streben eine einvernehmliche Lösung an und sind mit allen Klägern in Gesprächen.“ Die Hochbahn sei „glücklich“, dass alle Gegner mit juristischen Einwänden gegen den ersten Bauabschnitt gesprächsbereit seien. Das OVG muss über den Bau der U 5 entscheiden, wenn die übrigen Kläger auf ihren Positionen beharren. Wie schnell das passiert, ist ungewiss. Aber die Hochbahn erklärte bereits, man sei optimistisch, sich mit allen zu einigen.

U5 in Hamburg: Klagen wegen Lärm und CO2-Bilanz

Das sehen die verbliebenen Kläger anders. Keiner wagt sich bislang aus der Deckung und mag verraten, wie er „überzeugt“ werden könnte. Eine mögliche „finanzielle Kompensation“ für die Rücknahme einer Klage ist das eine. Aus dem Kreis der streitbaren U-5-Gegner ist zu hören, dass es auch um die CO2-Bilanz der gewaltigen Bautätigkeit rund um Hamburgs größtes Infrastrukturprojekt der nächsten Jahre gehe.

Die U 5 soll bis auf einen kleinen Abschnitt an der Sengelmannstraße durchgehend unterirdisch verlaufen. Von der City Nord soll sie später über Winterhude und die Uhlenhorst zum Hauptbahnhof und von dort Richtung Universität, Hoheluft, UKE und Lokstedt bis zu den Arenen im Volkspark geführt werden. Alle Bahnhöfe sowie die Notausstiege müssen jedoch in offener Bauweise errichtet werden. Dazu sind mehr als hundert Meter lange sowie mehr als 20 Meter tiefe Baugruben notwendig. Schon Stahl- und Betonproduktion sowie die Bautätigkeit produzieren Millionen Tonnen klimaschädlicher Emissionen, argumentieren die Kritiker.

Das ist die Strecke der U5

Führerlose Züge alle 90 Sekunden – mit Ökostrom

Vordergründig geht es bei den Einwendungen ans Oberverwaltungsgericht um die Lärm- und Verkehrsbelastungen, die mit der jahrelangen Bauphase verbunden sind – generell aber um den Sinn der U 5 überhaupt. Von den Klägern hieß es, sie hätten zum Teil noch nicht einmal eine offizielle Erwiderung von der Hochbahn bekommen. Ein Entgegenkommen sehen sie in den Gesprächen mit den U-Bahn-Planern nicht.

Die Hochbahn verweist auf den großen Nutzen der U 5 für die Klimabilanz. Sie fahre nicht nur führerlos und mit Ökostrom und quasi alle 90 Sekunden. Die neue Linie ermögliche für Zehntausende Hamburg einen Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel. Die Uni, Beiersdorf und das UKE mit Zehntausenden Studierenden und Mitarbeitern würden unmittelbar an das Schnellbahnnetz angeschlossen.

Planfeststellungsbeschluss: Was man zur U5 wissen muss

Bis zu einem möglichen Gerichtsurteil geht der bereits begonnene Bau der U 5 auf dem Abschnitt Ost weiter. So steht es auch im Planfeststellungs­beschluss, den die Wirtschaftsbehörde am 30. September vergangenen Jahres erlassen hat. Darin sind schon Ausgleichsmaßnahmen zum Beispiel für das notwendige Fällen von Bäumen festgelegt. Gleichzeitig hat ein Gutachten für die Hochbahn ergeben, dass die Lärm­belastungen und Erschütterungen durch den Bau für die Anwohner über Jahre erheblich sein werden.

Theoretisch ist wie bei der Elbvertiefung eine Klage bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich. Politisch gewollt und befördert wird die U 5 von der Verkehrsbehörde mit Senator Anjes Tjarks (Grüne) an der Spitze. Doch grundsätzliche Kritik an dem Großprojekt formulierte zuletzt auch der neu eingesetzte Klimabeirat des Senats, der in der Umweltbehörde von Jens Kerstan (Grüne) angedockt ist.

Hamburger Umweltbeirat: Hafenautobahn A26 und U5 neu prüfen!

Bei der Hafenautobahn A 26-Ost und der U 5 fehlten in den Planungen „umfassende Berechnungen der vorhabenbezogenen THG-Emissionen während der Bau- oder Betriebsphase“. THG – das sind die Treibhaus­gase, die entscheidend dazu beitragen, ob Hamburg seine ambitionierten Klimaziele erreicht.

Der Umweltbeirat mit Expertinnen wie Prof. Daniela Jacob (Helmholtz-Zentrum Geesthacht) und Prof. Claudia Kemfert (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) forderte den Senat auf, die laufenden Planungen zur U 5 gegenüber den Klimazielen neu abzuwägen.

Die Kläger, die eine eigene Umweltverträglichkeitsprüfungzur rund 24 Kilometer langen U-Bahn in Auftrag gegeben hatten, waren begeistert.