Hamburg. Anderthalb Jahre nach dem Verbrechen an einer 15-Jährigen kann der Prozess beginnen. Die Angeklagten sind kaum älter als das Opfer.
Der Fall hat Hamburg erschüttert – und eine gewaltige Welle des Hasses bis hin zu Aufrufen zur Selbstjustiz ausgelöst: Mehrere junge Männer sollen im Frühherbst 2020 ein 15 Jahre altes Mädchen im Stadtpark vergewaltigt haben. Nachdem die Staatsanwaltschaft Mitte Dezember Anklage erhoben hatte, hat nun die zuständige Strafkammer die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren in der Jugendsache eröffnet. Das heißt: Nach Aktenlage erscheinen die Beschuldigten Straftaten „hinreichend verdächtig“, die (ihnen vorgeworfenen) Straftaten begangen zu haben. Die Hauptverhandlung soll am 10. Mai beginnen, so Gerichtssprecher Kai Wantzen.
Elf Angeklagte nach Gruppenvergewaltigung im Stadtpark
In der Nacht vom 19. auf den 20. September 2020 soll die betrunkene 15-Jährige orientierungslos durch den Stadtpark geirrt und auf eine Gruppe junger Männer gestoßen sein. Statt ihr zu helfen, sollen sie die Jugendliche in ein Gebüsch gezerrt und sie dort missbraucht haben. Später sollen weitere Männer über sie hergefallen sein. Die 18 bis 22 Jahre alten Angeklagten sollen sich „in unterschiedlicher Beteiligung, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten“ an dem Mädchen vergangen haben, so die Staatsanwaltschaft. Das Opfer sei „ aufgrund seiner Alkoholisierung“ nicht mehr in der Lage gewesen, „einen entgegenstehenden Willen zu äußern“.
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Explizit hatte die Staatsanwaltschaft von „komplexen und aufwändigen Ermittlungen“ gesprochen – zuvor hatte es Kritik an der Dauer des Ermittlungsverfahrens gegeben. Gegen die sich Hamburgs Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich im Abendblatt-Interview strikt verwahrte. Unter anderem seien mehr als „40 audio- und videobasierte Zeugenvernehmungen durchgeführt und zahlreiche weitere Hinweise abgearbeitet“ worden. Einigen Verdächtigen hätten DNA-Spuren zugeordnet werden können. Die Anklageschrift umfasst 88 Seiten.
Gruppenvergewaltigung im Hamburger Stadtpark: Elf Männer vor Gericht
Nach Bekanntwerden des Falls wimmelte es in sozialen Netzwerken von Todesdrohungen und Aufrufen zur Selbstjustiz, von Folterfantasien und rassistischen Beleidigungen – zehn der elf Angeklagten haben einen Migrationshintergrund. Inzwischen sind wegen der Internet-Hetze bereits eigene Strafverfahren eingeleitet worden.
Die elf Männer stehen vor allem wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vor Gericht, darunter fallen etwa Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Eher unwahrscheinlich ist es, dass öffentlich verhandelt wird, wie Wantzen gestern durchblicken ließ. Vor allem „mit Rücksicht auf die Geschädigte“ werde sich schon zu Beginn die Frage stellen, ob und in welchem Umfang die Öffentlichkeit auszuschließen sei.