Hamburg. 15-Jährige war von mehreren Männergruppen missbraucht worden. Nun hat die Staatsanwaltschaft elf Verdächtige angeklagt.

Es ist ein Fall, der Hamburg aufgewühlt und erschüttert hat: die Vergewaltigung einer Jugendlichen durch mehrere junge Männer im Hamburger Stadtpark. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage vor der Jugendkammer des Landgerichts Hamburg erhoben. „Den elf Angeschuldigten zwischen 17 und 21 Jahren werden im Wesentlichen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zur Last gelegt“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Sie sollen sich in der Nacht vom 19. auf den 20. September vergangenen Jahres an einem 15 Jahre alten Opfer vergangen haben.

Die Jugendliche war in jener Nacht offenbar orientierungslos durch die Stadtpark geirrt. Dabei traf die Schülerin zunächst auf eine Gruppe junger Männer. Anstatt der 15-Jährigen zu helfen, so hieß es nach der Tat, zerrten die Männer ihr wehrloses Opfer mutmaßlich in ein Gebüsch und missbrauchten sie dort. Später sollen sich noch weitere Täter an der Jugendlichen vergangen haben, die aufgrund ihrer Alkoholisierung nicht mehr in der Lage gewesen sei, einen entgegenstehenden Willen zu äußern, heißt es.

Gruppenvergewaltigung im Stadtpark: Anklageschrift umfasst 88 Seiten

Die Verdächtigen hätten das Opfer in „unterschiedlicher Beteiligung“, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an unterschiedlichen Orten sexuell missbraucht, so die Anklage. Die Anklageschrift umfasst 88 Seiten. Die Ermittlungen seien besonders umfangreich und aufwendig gewesen, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft. Gegen alle jungen Männer, die im Verdacht standen, an der Tat beteiligt gewesen zu sein, wurde schließlich Anklage erhoben. Bei einigen der Verdächtigen war es möglich, am Tatort gefundene DNA-Spuren zuzuordnen.

Zudem seien für die Ermittlungen „etliche strafprozessuale Maßnahmen erforderlich“ gewesen, hatte Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich vor wenigen Wochen in einem Abendblatt-Interview ausgeführt. „Neben kriminaltechnischen Untersuchungen und Spurenauswertungen wurden unter anderem mehr als 40 audio- und videobasierte Zeugenvernehmungen durchgeführt und zahlreiche weitere Hinweise abgearbeitet“, sagte Fröhlich in dem Gespräch.

Keiner der Verdächtigen befindet sich in Untersuchungshaft

Aufkommender Kritik an der langen Ermittlungsdauer trat der Generalstaatsanwalt entschieden entgegen. „Mir ist völlig schleierhaft, wie hier anhand weniger Rumpfinformationen und ohne jede Aktenkenntnis die Behauptung aufgestellt werden kann, die Staatsanwaltschaft würde eine Anklageerhebung verzögern“, so Fröhlich. Unmittelbar nach dem Eintreffen des polizeilichen Abschlussberichts im Oktober sei mit der rechtlichen Bewertung begonnen worden. „Erst dann sind valide Angaben darüber möglich, ob und wenn ja gegen welchen Beschuldigten wegen welcher konkreten Vorwürfe überhaupt eine Anklage in Betracht kommt.“

Insbesondere weil es sich bei dem Verfahren gegen die elf Beschuldigten um eine Jugendsache handelt, aber generell aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes könnten zu den einzelnen Beschuldigten keine weiteren Angaben gemacht werden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft dem Abendblatt. Bekannt ist unter anderem, dass sich keiner der Verdächtigen in Untersuchungshaft befindet. Gegen einen der jungen Männer besteht ein Haftbefehl, der aber außer Vollzug gesetzt wurde.

Gruppenvergewaltigung: Drohungen gegen Beschuldigte im Netz

Die Kriminalpolizei ist nach dem Abschluss ihrer Ermittlungen gegen die Tatverdächtigen inzwischen erneut mit dem Fall befasst. Online wurde zur Selbstjustiz gegen die Beschuldigten aufgerufen – im Internet wurden Todesdrohungen, Folterfantasien und rassistische Äußerungen veröffentlicht. Zehn der elf Verdächtigen haben einen Migrationshintergrund. Dazu wurden Fotos der Männer gepostet und auch die Arbeitsstelle eines der Beschuldigten – in einer sozialen Einrichtung – veröffentlicht. Aus Ermittlungskreisen wurde dagegen gemahnt, angesichts des komplexen und teilweise unklaren Tatgeschehens keine öffentliche Vorverurteilung der Verdächtigen zu betreiben.

Die Polizei kündigte an, die Veröffentlichungen zu sichten und zu bewerten. Mittlerweile wurden erste Strafverfahren gegen unbekannt eingeleitet. Geht die Polizei von einer konkreten Gefährdungslage für Beschuldigte aus, werden sie gewarnt und mit Verhaltensregeln instruiert.