Hamburg. Stadt richtet zahlreiche Unterkünfte ein, vereinfacht die Verfahren und verstärkt Personal an den Aufnahmestellen – alle Hintergründe.

Der Krieg in der Ukraine zwingt immer mehr Menschen zur Flucht. Seit Tagen erreichen Ukrainer, die es aus dem Kriegsgebiet geschafft haben, auch Hamburg. Allein am Montag sind 1600 Menschen aus der Ukraine in Hamburg angekommen, teilte die Sozialbehörde am Dienstag mit. Am Tag davor waren es 1000. Nicht alle von ihnen seien jedoch registriert worden, da sie zum Teil weiterreisen wollten, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). „Das ist mehr als wir in den Jahren 2015 und 2016 an unseren Rekordtagen hatten.“ Die Stadt rechne damit, dass es in den nächsten Tagen so weitergeht.

Noch gebe es kein bundesweites Verteilsystem. „Was uns im Moment sehr fordert ist, dass wir im Gegensatz zu unseren Nachbarbundesländern neben Berlin einer der am stärksten frequentierten Orte sind“, so Leonhard. „Deswegen sind wir auch mit großer Kraft dabei, neue Unterkünfte zu akquirieren.“ Insgesamt gebe es in der Stadt 150 öffentliche Unterkünfte. In allen könnten auch Ukrainer untergebracht werden. Zudem gebe es weitere Immobilien, die nun ausgestattet werden.

Krieg gegen die Ukraine: Viele Geflüchtete zunächst in Messehallen

Viele wünschen jedoch nicht in erster Linie einen Unterbringungsplatz, sondern eine Registrierung, da sie privat untergekommen seien, so Leonhard. „Wir haben jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass nach zwei, drei Wochen der Bedarf an öffentlich rechtlicher Unterbringung auch wieder steigt.“ Das liege daran, dass nicht jede private Unterkunft für die Dauer angelegt sei. „Deshalb werden wir auch weiter Unterkünfte erwerben und errichten“, versprach die Sozialsenatorin.

Im Ankunftszentrum für Geflüchtete in den Messehallen, das am Dienstag in Betrieb genommen wurde, waren am Mittag bereits rund 450 Personen untergebracht, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. Insgesamt können in der vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) eingerichteten Unterkunft – ähnlich wie im Jahr 2015 – rund 1000 Menschen aufgenommen werden. „Oberste Priorität hat gegenwärtig die Unterbringung der hier in Hamburg Schutz Suchenden“, sagte Schweitzer bezogen auf die Arbeit des in Hamburg unmittelbar nach Kriegsausbruch eingerichteten Krisenstabs.

Mehr Kinder als im Jahr 2015/2016 erwartet

Eine Prognose, wie viele Menschen noch kommen werden, sei laut dem Senatssprecher derzeit jedoch nicht möglich. Es werde jedoch mit mehr Kindern gerechnet als in der Flüchtlingszuwanderung 2015/2016, „weil die Struktur der Geflüchteten eine andere ist“, sagte Leonhard. „Es kommen sehr viel mehr Menschen mit Kindern, auch noch mit schulpflichtigen Kindern.“ Die Schulbehörde bereite derzeit Kapazitäten für die Integrationsklassen vor.

Währenddessen entspannte sich die Situation für die Flüchtenden aus der Ukraine vor der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) in Rahlstedt. Am Dienstagmittag warteten etwa 30 Personen vor dem Ankunftszentrum auf ihre Registrierung. „Heute ist der Andrang nicht so groß. Das kann aber auch daran liegen, dass die Leute gehört haben, dass die Erstaufnahme hier voll ist. Vielleicht fahren sie direkt die Messehallen an“, sagte Helferin Hendrikja Witt.

„Gestern waren Hunderte Leute da"

„Gestern waren Hunderte Leute da, es war total schlimm. Heute ist es aber wirklich still. Die Menschen sind in den Gesprächen viel entspannter, wir haben Ruhe“, erzählte Marina Rannamaa, die als Übersetzerin in Rahlstedt hilft. Für die gebürtige Estin war es in der vierte Arbeitstag in Folge vor dem Ankunftszentrum.

Dass die Lage übersichtlicher war, liege außerdem daran, dass die Stadt das Aufnahmeverfahren für die Flüchtenden vereinfacht habe, wie ein Impfhelfer berichtete. „Alle Personen, die bereits eine Unterkunft haben, müssen sich nicht mehr sofort registrieren. Das entzerrt das Verfahren merklich.“ Beim Impfzentrum selber sei die Nachfrage so gering gewesen, dass einige als Freiwillige vor der Zentralaufnahme unterstützen konnten.

Krieg gegen die Ukraine: Mehr Personal geplant

Vor Ort war unterdessen auch Bernd Krösser, Staatsrat der Behörde für Inneres und Sport. Der 58-Jährige hatte sich am Dienstagmittag ein Bild von der Lage im Ankunftszentrum gemacht. „In der Aufnahmestelle ist es voll, aber eigentlich sind die Leute in der aktuellen Situation gut versorgt“, sagte er und betonte: „Wir wollen hier noch mehr Personal ansteuern und hoffen, dass sich die Lage in den nächsten Tagen weiter verbessert.“

Um das Verfahren weiter zu entzerren, bietet die Stadt den Flüchtenden unterschiedliche Anlaufstellen an. So erklärte Sozialsenatorin Leonhard, dass Ukrainer, die bereits eine Unterkunft hätten, nicht nach Rahlstedt kommen sollen, sondern sich in der Zentralen Ausländerbehörde an der Hammer Straße in Wandsbek registrieren lassen könnten.