Hamburg. Unmittelbar nach Kriegsausbruch wurde der Norddeutsch-Ukrainische Hilfsstab gegründet. Wer dahinter steht und was erreicht werden soll.

„Uns war allen klar: Wir müssen was tun. Wir müssen helfen“, sagt Alexander Blümel, Sprecher des Norddeutsch-Ukrainischen Hilfsstabs, der sich unmittelbar nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine gebildet hat. Der Hilfsstab ist ein Zusammenschluss des Vereins der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit, dem Dachverband der ukrainischen Organisationen in Deutschland, dem Generalkonsulat der Ukraine in Hamburg und der ukrainischen griechisch-katholischen Kirchengemeinde in Hamburg.

Was kompliziert klingt, lässt sich einfach zusammenfassen: „Wir versuchen eine einheitliche Infrastruktur für alle Hilfsangebote, die es in Norddeutschland gibt, zu etablieren“, sagt Blümel. Die Organisatoren versuchten auch, die privaten Initiativen zu bündeln „Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat stehen wir in Kontakt mit dem Außenministerium in der Ukraine und wissen immer, was aktuell gebraucht wird.“

Hilfsorganisation Hamburg: Weitere Demo

Neben der Bündelung von Hilfsangeboten organisiert der Hilfsstab auch eigene Projekte wie tägliche Transporte mit Medikamenten, Lebensmitteln und Kleidung ins Kriegsgebiet. Um das zu ermöglichen, werden Spenden und Hilfsgüter gesammelt. Aber auch um die Unterbringung der in Hamburg ankommenden Geflüchteten kümmert sich der Hilfsstab. „Die Soldaten können sich nur darauf konzentrieren, die Ukraine zu verteidigen, wenn sie wissen, dass ihre Lieben in Sicherheit sind“, sagt Blümel.

Um die Unterbringung zu koordinieren, hat der Hilfsstab in einer Industriehalle in St. Georg ein eigenes Callcenter eingerichtet, an das sich sowohl Helfer als auch Hilfesuchende wenden können. Für Sonnabend ruft der Hilfsstab außerdem gemeinsam mit politischen Jugendorganisationen unterstützt von deren Mutterparteien sowie weiteren Organisationen und Verbänden zu einer großen Demonstration in Hamburg unter dem Motto „Frieden in der Ukraine – Sicherheit in Europa“ auf.

Über 50 Personen arbeiteten für Hilfsstab

Weit über 50 Personen arbeiteten derzeit Vollzeit ehrenamtlich für den Hilfsstab. Sprecher Alexander Blümel, der Jura an der Bucerius Law School studiert, wurde für sein ehrenamtliches Engagement von der Uni freigestellt. Sie habe ihm auch Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, um ein Pressezentrum einzurichten. Zum Norddeutsch-Ukrainischen Hilfsstab sei der erst 21 Jahre alte Student gekommen, da er Mitorganisator der Friedensdemonstration war, die am vergangenen Freitag vom Hauptbahnhof zum Rathausmarkt zog.

„Die Initiatoren haben mich daraufhin angesprochen. Meine Mutter kommt aus der Ukraine. Ich bin in Deutschland geboren und habe keine Sprachbarriere.“ Sein Großvater, seine Großtante sowie seine Cousins und Cousinen lebten noch in der Ukraine. „Sie wohnen im Westen, wo es noch keine Bodenoffensiven gab, und sind alle wohlauf, machen sich aber große Sorgen um ihre Freunde im Osten und Südwesten des Landes.“

Ukraine: „Ich konnte nur noch heulen"

Auch Florina Malso, Vorstandsmitglied im Verein der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit und Mitkoordinatorin des Hilfsstabs, sorgt sich um ihre Freunde und die Menschen in ihrer alten Heimat. 1999 ist die 44-Jährige mit ihren Eltern aus der ukrainischen Hafenstadt Odessa nach Hamburg emigriert. An den Beginn der russischen Invasion hat sie schreckliche Erinnerungen. „Ich bin um 4.30 Uhr aufgewacht und habe instinktiv nach meinem Handy gegriffen. Dann habe ich gesehen, dass es schon Angriffe gegeben hat. Ich stand unter Schock und konnte nur noch heulen.“

Aus Schock wurde Tatendrang. Noch am selben Tag organisierte Malso mit weiteren Vereinsmitgliedern eine Kundgebung vor dem ukrainischen Generalkonsulat und beteiligte sich an der Einrichtung des Hilfsstabs. Anfang der Woche setzte sie sich kurzerhand mit ihrem Mann ins Auto und fuhr an die deutsch-polnische Grenze, um eine
ukrainische Mutter und deren 22 Jahre alte Tochter, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, abzuholen und bei sich aufzunehmen. Dass die beiden die Flucht geschafft haben, grenzt an ein Wunder, sagt Malso.

Hilfsorganisation Hamburg bittet um Spenden

„Nur zwei Tage vorher hat sie mir ein kurzes Video geschickt, in dem die beiden im Flur ihres Hochhauses sitzen. Sie hat gesagt, wir schaffen es mit dem Rollstuhl nicht raus. Wir hören die russischen Kampfflieger und können nichts tun.“ Doch nicht nur die Flucht haben sie geschafft, am Donnerstag konnten sie bereits in eine eigene barrierefreie Wohnung umziehen. „Eine Initiative hat sich bei mir gemeldet und die Wohnung angeboten. Das war gleich das zweite Wunder.“

Der Hilfsstab bittet auch weiterhin um Spenden. Derzeit würden in der Ukraine Schutzhelme und -westen am dringendsten benötigt, aber auch medizinische Güter. Eine vollständige Liste findet sich online unter hilfe-ua.de