Hamburg. Der ehemalige Leiter des Bezirksamts Nord soll bei der Genehmigung des Stadtpark-Konzerts 2017 insgesamt 400 Tickets verlangt haben.

Im Prozess um die Vergabe von Freikarten für ein Rolling-Stones-Konzert 2017 in Hamburg haben die Verteidiger Freisprüche für die vier Angeklagten gefordert. Die Anwälte plädierten am Donnerstag, ihre Mandanten hätten nichts Unrechtes getan. Der Prozess habe gezeigt, dass von den Anklagepunkten nichts übrig geblieben sei.

Die Verteidiger übten scharfe Kritik, die Staatsanwaltschaft habe im Vorfeld des Prozesses zu einseitig ermittelt, Entlastendes nicht gewürdigt. Es sei zudem zu einer öffentlichen Vorverurteilung gekommen. Die Stones hatten am 9. September 2017 vor mehr als 80.000 Fans im Stadtpark gespielt.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft für den Hauptangeklagten Harald Rösler (SPD) elf Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert. Rösler war damals Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Nord, also der Genehmigungsbehörde. Die ursprünglich erhobenen Vorwürfe der Bestechlichkeit und Untreue gegen Rösler hätten nicht nachgewiesen werden können, der 72-Jährige sei aber wegen Vorteilsannahme und -gewährung zu verurteilen, hatte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer betont. Sie forderte für Rösler zudem eine sogenannte Einziehung von Wertersatz in Höhe von mehr als 15 000 Euro.

Stones-Konzert: Bezirksamtschef soll 400 Karten verlangt haben

Rösler hatte laut Anklage vom Veranstalter 300 Kauf- und 100 Freikarten bekommen. Davon soll er Karten an 40 Mitarbeiter weitergegeben haben, zum Dank für deren Arbeit. Rösler habe mit der Weitergabe sein persönliches Image verbessern wollen, so der Vorwurf. Dieses angenommene Motiv der Anklage sei rein spekulativ, sagte Röslers Verteidiger Johann Schwenn. Sein Mandant habe persönlich nichts davon gehabt. Zudem hatten „Freunde des Hauses“, darunter drei Staatsräte, nach Angaben der Anklagebehörde Tickets aus dem Kaufkarten-Kontingent erwerben dürfen.

Es sei aber nicht nachzuweisen, dass die Freikarten einen Einfluss auf die Höhe der Gebühren für die Nutzung des Stadtparks gehabt hätten, hatte die Staatsanwältin gesagt. Nicht bestätigt sei auch der Vorwurf, dass der Stadt Einnahmen entgangen seien. „Die Stadt hat ein richtig gutes Geschäft gemacht“, unterstrich Verteidiger Schwenn. „Die Hamburger haben ein tolles Konzert bekommen.“

Röslers damaliger Stellvertreter wegen Beihilfe angeklagt

Der Angeklagte habe nur das Beste für die Stadt gewollt. Bei zwei Verantwortlichen der Veranstaltungsagentur waren sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung einig und forderten Freispruch.

Röslers damaliger Stellvertreter ist wegen Beihilfe und Vorteilsannahme angeklagt. Für den 50-Jährigen hatte die Staatsanwältin 13.200 Euro Geldstrafe verlangt. Nach Auffassung seines Verteidigers Mathias Frommann hat der Prozess gezeigt: „Es ist in der ganzen Stadt verbreitet, dass Freikarten für solche Veranstaltungen von Veranstaltern vergeben werden.“

Zeugen hätten bestätigt, dass das branchenüblich sei. Die Vergabe von 100 Freikarten an das Bezirksamt Hamburg-Nord „bewegt sich völlig in einem sozialadäquaten typischen Bereich.“ Was seinen Mandanten betreffe: Er habe Karten für sich angenommen, er sei aber in dienstlicher Funktion vor Ort gewesen.

Röslers Ex-Stellvertreter war der einzige Angeklagte, der die Gelegenheit zum sogenannten letzten Wort nutzte. „Bitte bereiten Sie diesem Alptraum ein Ende“, sagte er in Richtung der Richter. Nach viereinhalb Jahren seien seine Familie und er nervlich am Ende. Er sei fest überzeugt, keine Straftat begangen zu haben. Im Gegensatz zur „faktenarmen Skandalisierung“ im Vorfeld sei der Prozess vor dem Landgericht sehr fair verlaufen. Das mache ihm Hoffnung.

Die Strafkammer plant, das Urteil am 18. März zu verkünden.