Hamburg. Hamburger Verkehrsverbund führt das bargeldlose Bezahlen in Bussen ein. Wie die Fahrkarte dann gelöst werden kann.
In Städten wie London, Stockholm oder Berlin ist es längst Alltag: das bargeldlose Zahlen in Bus und Bahn. Oftmals beginnt die Fahrt mit einem „Piep“ des Kartenlesegeräts, an das Fahrgäste ihre vorgeladene Prepaidkarte beim Einstieg halten. Nun zieht Hamburg nach.
Zumindest in den insgesamt 1700 Bussen von Hochbahn und VHH soll die sogenannte HVV-Prepaid- Card ab kommenden Oktober zum Einsatz kommen. Gegen Ende 2023 will der HVV die Bargeldzahlung in den Bussen dann gänzlich abschaffen. Auch Touristen und Gelegenheitskunden müssten deshalb auf die HVV-Prepaid-Card zurückgreifen, sofern sie ihr Ticket nicht über die HVV App, die HVV switch App oder das neue „Check-in/Be-out-Verfahren“ HVV Any erwerben möchten.
Verkehr in Hamburg: Prepaid-Karte hat Vorteile für HVV
Abgesehen davon, dass der Einsatz einer Prepaid-Karte gegenüber Bargeld ein höheres Maß an Hygiene biete, sieht Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende, weitere Vorteile: „Die Digitalisierung macht den HVV einfacher. Zum einen können wir durch das Verwenden einer Prepaid-Karte Qualitätssteigerungen wie eine verkürzte Fahrzeit oder eine höhere Gewährleistung von Anschlüssen erreichen, aber auch die Vertriebskosten insgesamt senken.“
Zum anderen könne auf diese Weise „die Sicherheit für das Fahrpersonal vor Raubüberfällen erhöht werden“, so der Senator, da sich keine Bargeldbestände im Bus befinden. Wie wichtig dieser Aspekt sei, zeigten allein die vier Überfälle auf Fahrpersonal in Bussen in der vergangenen Woche, betont Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) Toralf Müller. Die dadurch eingesparten Kosten könnten zudem anschließend in andere Bereiche investiert werden, fügt der Grünen-Politiker Tjarks hinzu.
Prepaid-Karte in vielen Geschäften erhältlich
Ohnehin liege der Anteil an Bareinnahmen durch das Buspersonal nur noch bei 4,7 Prozent der HVV-Gesamteinnahmen. Den größten Kundenanteil des Hamburger Verkehrsverbunds machten hingegen Abo- und Zeitkarteninhaber aus, für die sich keine Änderung bis auf eine höhere Pünktlichkeit ergeben würde, so der Senator. Auch Dietrich Hartmann, Geschäftsführer des HVV, betont: „Seit 2016 sind die Einnahmen durch Barzahlungen eindeutig rückläufig. Der Anteil an digitalen Einnahmen ist hingegen deutlich gestiegen.“
Und so funktioniert die bargeldlose Bezahlung: Wer eine Prepaid-Karte verwenden möchte, erhält diese kostenlos in mehr als 1000 Geschäften des täglichen Bedarfs und an den neuen Fahrkartenautomaten der Hochbahn. Durch die Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner Lekkerland wird die Ausgabe auch in vielen Rewe-Märkten, Toom- und Penny-Filialen sowie in Kiosken und an Tankstellen möglich sein. An der Kasse können Nutzerinnen und Nutzer anschließend ein beliebiges Guthaben zwischen 5 bis 150 Euro aufladen, von dem dann später im Bus der Betrag für die jeweilige Fahrkarte abgezogen wird.
Aufladung auch an anderen Stellen möglich
Zudem kann die Aufladung auch an allen Stellen erfolgen, „wo es das System Schiene gibt“, wie S-Bahn, DB Regio, U-Bahn oder Metronom. Wichtig hierbei: Für das Aufladen müssen Nutzerinnen und Nutzer keine Kontoinformationen oder -daten hinterlegen. Das Benutzen der Prepaid-Karte erfolgt demnach ganz anonym und nicht personenbezogen. So können auch Personen ohne Bankkonto wie beispielsweise Kinder die Prepaid-Karte spontan nutzen.
Nach dem Buseinstieg hält der Kunde die Karte vor das Kartenlesegerät und wählt eine Fahrkartenoption aus. Weil für Fahrgäste das umständliche Suchen nach passendem Kleingeld entfällt, verspricht sich der HVV von der Umstellung kürzere Standzeit der Busse an den Haltestellen, wie Geschäftsführer Toralf Müller erklärt. Zudem könne insbesondere Seniorinnen und Senioren dadurch ein „sicherer Einstieg“ ermöglicht werden, da kein Zahlvorgang mehr während des Anfahrens des Busses nötig sei.
Guthaben kann wieder ausgezahlt werden
Wer seine Prepaid-Karte anschließend wieder zurückgeben möchte, der kann dies an allen Servicestellen des HVV tun und sich das restliche Guthaben auszahlen lassen. Damit Touristen nicht von den Öffnungszeiten der Servicestellen abhängig sind, wünschen sich die Initiatoren aber auch, dass beispielsweise Hotels die Prepaid-Karten an ihre Gäste verkauften und auch zurücknähmen, sagt Anjes Tjarks.
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Auch die Verbraucherzentrale Hamburg stehe dem Projekt positiv gegenüber: „Es wird zwar eine Umgewöhnung sein, aber es sprechen auch wirklich viele gute Argumente dafür“, sagt Julia Rehberg. Bereits während der Corona-Zeit hätten viele Verbraucherinnen und Verbraucher allein aus hygienetechnischen Gründen auf Barzahlungen verzichtet.
Verkehr in Hamburg: Juristin sieht nur einen Kritikpunkt
Der einzige Kritikpunkt, den die Juristin noch sieht, ist die Rückgabe der Karten und die Auszahlung des Restguthabens. Zudem müsse wirklich sichergestellt werden, dass die Schwelle zum Kauf einer Karte niedrig sei, so Rehberg. „Auch abends, wenn ich spontan unterwegs bin, muss ich die Karte auf einfachem Wege erwerben können.“ Das scheint der Verbraucherschützerin durch die vielen Vertriebsstellen gewährleistet. Insgesamt wird das Projekt laut HVV mit acht Millionen Euro über die kommenden drei Jahre vom Bundesministerium für Verkehr gefördert.