Hamburg. Daten der Navigationsfirma “TomTom“ zeigen, dass Hamburg erneut vorne liegt. So viele Stunden verbringen Hamburger pro Jahr im Stau.

Es ist kein ehrenvoller Titel, den Hamburg sich jetzt von Berlin zurückerobert hat: Wie schon 2019, 2018 und 2017 ist die Hansestadt auch 2021 wieder deutscher Staumeister geworden – jedenfalls wenn man Daten und Auswertung des Navigationsunternehmen TomTom zugrunde legt. Erneut hat das Unternehmen, das Navigationssoftware anbietet und nach eigenen Angaben mit Geo- und Verkehrsdaten aus 600 Millionen vernetzten Geräten arbeitet, weltweit den Verkehr in Städten unter die Lupe genommen. Dabei errechnet TomTom mit den Nutzerdaten ein „Congestion Level“ (Stauniveau). Es zeigt an, wie viel Prozent länger eine Fahrt tatsächlich im Verhältnis zu einer Fahrt ohne jede Behinderung dauert.

Mehr Verkehr in Hamburg als vor Corona

In Hamburg lag das Stauniveau im vergangenen Jahr bei 31 Prozent – und damit höher als in allen anderen deutschen Städten. Das heißt: Eine Fahrt in der Hamburger Verkehrsrealität dauerte 2021 im Durchschnitt 31 Prozent länger, als sie bei freier Fahrt gedauert hätte. Autofahrer verloren dadurch im gesamten Jahr 2021 laut TomTom durchschnittlich 71 Stunden durch Verkehrsbehinderungen. Nur minimal geringer waren die Verkehrsbelastungen in Wiesbaden, das mit gerundet ebenfalls 31 Prozent auf Platz 2 des Staurankings landete. Es folgt Berlin mit 30 Prozent Stauniveau, das damit von Platz 1 in 2020 nun auf Platz 3 rutschte (siehe Tabelle).

Dabei zeigen die Daten, dass der Verkehr nach dem coronabedingten Einbruch 2020 im vergangenen Jahr wieder deutlich zugenommen hat – vor allem in der zweiten Jahreshälfte. 2019 hatte das Stauniveau in Hamburg noch bei 34 Prozent gelegen, 2020 war es auf 29 gesunken – um 2021 wieder auf 31 anzusteigen.

Verkehr Hamburg: Zeitverlust durch Stau steigt wieder an

„Lag der Zeitverlust zu Beginn des Jahres 2021 in Hamburg noch deutlich unter dem Niveau von 2019, nähern sich die Werte ab Juni wieder deutlich dem Niveau von vor der Corona-Krise an – im Juni und im September 2021 lagen sie sogar über den Werten des Referenzjahres 2019“, schreibt TomTom. „Für die zweite Jahreshälfte ergab die Auswertung fünf Tage, an denen das Stau-Niveau im Vergleich zu 2019 auffällig hoch war, wo hingegen die gleiche Statistik keinen Tag ausweist, an dem der Zeitverlust signifikant unter dem Wert von 2019 lag.“

Bemerkenswert ist auch, dass sich die Verkehrsmuster wieder denen von vor der Pandemie angleichen. Während bis Mitte 2021 wohl verstärktes Homeoffice dafür sorgte, dass es im Berufsverkehr weniger eng zuging, glichen sich die Zeiten größter Behinderungen ab Mitte 2021 wieder denen von 2019 an.

Die Gründe für die vielen Staus in Hamburg

TomTom erklärt dies damit, dass viele Menschen, die vor der Pandemie Busse und Bahnen nutzen, nun auf den Pkw umgestiegen seien, so dass auch kurze innerstädtische Strecken von wenigen Kilometern jetzt mit dem Auto gefahren würden. Die meisten der innerstädtischen Fahrstrecken in Hamburg während des Berufsverkehrs zwischen 6 und 9 Uhr seien zuletzt nur bis zu fünf Kilometer lang gewesen. Der pandemiebedingte Umstieg vom HVV auf den Pkw habe den Rückgang des Verkehrs durch mehr Homeoffice offenbar kompensiert, so die Annahme von TomTom.

Betrachtet man das Ranking weltweit, so stellt man fest, dass Deutschland und Hamburg mit weniger dramatischen Verkehrsbehinderungen zu tun haben als viele andere Staaten und Städte. In der Liste der staureichsten Städte der Welt taucht Hamburg erst auf Platz 69 auf.

Stau: Welche europäische Stadt die schlimmste Lage hat

Am schlimmsten ist die Lage demnach im türkischen Istanbul mit einem Stauniveau von 62 Prozent. Dort verlieren die Autofahrer jährlich mit 142 Stunden doppelt so viel Zeit im Stau wie die Hamburger (siehe Tabelle). Auch in vielen anderen bekannten Metropolen steht es um den Verkehr schlechter als in Hamburg. Tel Aviv liegt mit einem Stauniveau von 43 Prozent weltweit auf Platz 16 der Liste der staureichsten Städte. Auf Platz 17 folgte Tokio, Mexiko Stadt liegt auf Platz 28, Athen auf 31, Paris auf Platz 37, New York auf 43, Rom auf 54 und London auf Platz 55. Alle Daten des Rankings lassen sich im Internet abrufen unter tomtom.com/trafficindex.

TomTom sieht die Städte angesichts der immer weiter wachsenden Pkw-Zahlen mittlerweile an der Belastungsgrenze. „Die städtische Straßeninfrastruktur wird in den meisten Ländern der Welt nicht mehr lange in der Lage sein, die kontinuierlich steigende Zahl an Fahrzeugen zu bewältigen“, schreibt das Unternehmen. „Und einfach neue Straßen zu bauen, kommt als Lösung nicht in Frage.“ TomTom sei zwar der Überzeugung, „dass eine Verkehrsoptimierung den Verkehrsfluss noch um bis zu zehn Prozent verbessern kann,“ sagte TomTom-Verkehrschef Ralf-Peter Schäfer.

Staus sorgen für 10,5 Prozent mehr CO2-Ausstoß

„Um eine grundlegende Verbesserung zu erreichen, muss jedoch der Modal Split verändert werden: Radfahrer, ÖPNV und andere Verkehrsträger müssen einen größeren Anteil am Verkehr übernehmen. Eine solche Umsteuerung ist eine gesamtgesellschaftliche und politische Aufgabe, die sowohl hohe Investitionen als auch mutige politische Entscheidungen erfordert – und sie braucht Zeit.“

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Dass ein Umsteuern nötig ist, zeigen auch die erstmals von TomTom mit der Uni Graz berechneten Auswirkungen von Staus aufs Klima am Beispiel Berlins. 10,5 Prozent des CO2-Ausstoßes aus dem Straßenverkehr 2021 gingen demnach darauf zurück, dass KfZ durch Verkehrsbehinderungen länger unterwegs waren.