Hamburg. Die Antwort gibt in der Regel der Hamburger Mietenspiegel. Was er aussagt und woran man sich orientieren kann.
Bis zu 180.000 Hamburger sind in diesem Jahr von einer Erhöhung ihrer Wohnungsmiete betroffen. Berufen können sich Vermieter dabei auf den Hamburger Mietenspiegel, der im Dezember neu veröffentlicht wurde – und dessen Erhebung immer wieder Anlass zur Kritik gibt, wie jüngst von der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Doch wie wird dieses für Hunderttausende Mieter in der Hansestadt so wichtige Instrument berechnet? Und wie können Mieter und Vermieter sich daran orientieren? Antworten auf einige wichtige Fragen:
Warum ist der Hamburger Mietenspiegel so wichtig?
„Vermieter haben sich bei der Preisgestaltung grundsätzlich nach dem Mietenspiegel zu richten“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg. „Er bietet eine verlässliche Orientierung für Vermieter und Mieter, welche Miete verlangt werden kann. Ohne eine solche Orientierung käme es zu viel mehr Prozessen um die angemessene Miethöhe.“
Der Mietenspiegel reguliere Mieterhöhungen: In Hamburg gibt es seit 1976 einen Mietenspiegel, in München beispielsweise erst seit 2019 – dort liegt die Miete viel höher als hier. Gleichzeitig gilt: Steigt der Mietenspiegel, können die Mieten noch weiter angehoben werden.
Für wen gilt der Mietenspiegel?
Der Mietenspiegel gilt für 563.000 Hamburger Wohnungen. „Normalerweise ist davon auszugehen, dass nach Neuerscheinen des Mietenspiegels rund ein Viertel der Mieterhaushalte früher oder später eine Mieterhöhung bekommt“, sagt Bosse. „Wegen der eklatanten Steigerung des aktuellen Mietenspiegels von 7,3 Prozent gehen wir davon aus, dass jetzt mehr Vermieter aktiv werden und rund ein Drittel aller betroffenen Haushalte eine Mieterhöhung erhalten – also rund 180.000 Haushalte.“
Was sagt der Mietenspiegel aus?
Der Mietenspiegel wird alle zwei Jahre von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen herausgegeben. Er bietet eine Übersicht über die zu einem Stichtag – zuletzt der 1. April 2021 – gezahlten Mieten für nicht preisgebundene Wohnungen, die in den vergangenen sechs Jahren erhöht oder neu vereinbart worden sind. Mietpreisgebundene Sozialwohnungen und Wohnungen im Bestand ohne Mieterhöhung werden nicht berücksichtigt.
In einer Tabelle werden die erhobenen Mieten jeweils für vergleichbare Wohnungen zusammengefasst – nach den Merkmalen Größe und Baujahr und Lage („normal“ oder „gut“). Für jedes so erstellte sogenannte Rasterfeld wird ein Mittelwert aus den für diese Wohnungen gezahlten Nettokaltmieten berechnet. So viel sollte eine vom Standard her durchschnittliche Wohnung kosten.
Zudem wird eine Spanne mit den höchsten und niedrigsten Preisen für Wohnungen in diesem Feld angegeben. Je nach Art und Ausstattung der Wohnung kann sich der Preis innerhalb dieser Spanne bewegen. So muss man die „ortsübliche Vergleichsmiete“ für seine Wohnung finden. Begründen Vermieter die angestrebte Mieterhöhung mit dem Mietenspiegel, so müssen sie sich eindeutig auf ein bestimmtes Rasterfeld der Tabelle beziehen.
Wann darf der Vermieter für eine vergleichbare Wohnung mehr Miete verlangen als den Mittelwert?
„Die betroffene Wohnung muss anhand ihrer Qualitätsmerkmale in die Spanne eingeordnet werden, wobei für durchschnittliche Wohnungen der Mittelwert maßgebend ist. Je nach Ausstattung und Qualität des Wohnumfeldes kann die Wohnung über oder unter dem Mittelwert des Mietenspiegels einzuordnen sein“, erläutert der Verein „Mieter helfen Mietern“.
Zur Normalausstattung einer Hamburger Wohnung gehören Isolierverglasung, ein Abstellraum, in der Küche Herd und Spüle und sogar ein Balkon. Auch Wasserzähler, Gegensprechanlage und Kabelanschluss sind Standard. Den Wert einer Wohnung erhöhen können zum Beispiel eine Einbauküche oder Küche mit Geschirrspüler, ein Bad mit Fenster, Bidet oder zweitem Waschbecken, ein zweites Bad oder WC oder ein Aufzug bei Wohnungen in bis zu fünfgeschossigen Häusern.
Wertmindernd ist dagegen, wenn die Wohnung beispielsweise im Erd- oder Dachgeschoss liegt, nur einfach verglaste Fenster hat, ungünstig geschnitten ist (zum Beispiel mit „gefangenen Räumen“ oder einem schlauchförmigen Bad), keinen Abstellraum, Balkon, Loggia oder Terrasse hat und in einem Wohnumfeld liegt, das besonders lärm- und abgasbelastet ist oder eine schlechte Infrastruktur hat. Auch die Höhe des Energieverbrauchs spielt eine Rolle.
Wann ist eine Mieterhöhung grundsätzlich nicht zulässig?
Wenn die Miete in den vergangenen 15 Monaten bereits erhöht wurde oder wenn die letzte Erhöhung zu dem Zeitpunkt, an dem das Schreiben des Vermieters über eine geplante Erhöhung eintrifft, weniger als ein Jahr her ist. Zudem darf die Grundmiete in den vergangenen drei Jahren noch nicht um 15 Prozent gestiegen sein (die sogenannte Kappungsgrenze). Außerdem darf keine Staffelmiete vereinbart worden sein.
Sind Staffelmieten generell zulässig?
Ja. „Gern werden Staffelmietvereinbarungen von Vermieterseite genutzt, um sich das komplizierte Mieterhöhungsverfahren mit dem Mietenspiegel zu ersparen und das hohe Mietpreisniveau bei Mietbeginn vorzuschreiben“, sagt Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“. Es gilt aber: Die Staffeln müssen im Einzelnen genau beziffert werden und dürfen nicht mehr als zehn Prozent über dem Mietenspiegelniveau liegen.
Wie hoch darf die Miete bei Neuvermietung angehoben werden?
Die Mieten müssen sich nicht an der bisherigen Miete orientieren, sie dürfen aber in Hamburg nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete des Mietenspiegels liegen, heißt es von „Mieter helfen Mietern“. Die Vormiete spiele nur dann eine Rolle, wenn ein Vermieter meine, über dieses Mietenniveau greifen zu dürfen, weil eben schon vom Vormieter eine so hohe Miete gezahlt wurde.
Teure Mieten für Neubauten erhöhen auch den Mietenspiegel – inwieweit sind Neubaumieten überhaupt gedeckelt?
„Leider gar nicht, außer es handelt sich um Sozialwohnungen“, sagt Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg. „Wir brauchen daneben dringend Wohnungen, die trotz Neubaus bezahlbar vermietet werden. Das geht nur mit sozial eingestellten Vermietern, die sich den Regeln einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit unterwerfen wollen.“
Was kann laut Mieterverein gegen den Preisanstieg getan werden?
„Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Nachbesserung der Mietpreisbremse sowie die Herabsetzung der Kappungsgrenze auf elf Prozent sollte schnell beschlossen werden“, sagt Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“. „Doch eigentlich wären ein Mietenstopp oder eine deutlichere Kappung sowie eine Wiederbelebung des Wirtschaftsstrafgesetzes, also ein Verbot der Mietpreisüberhöhung, sehr viel wirkungsvollere Maßnahmen.“
Ansonsten solle jede Mieterhöhung sorgfältig geprüft werden, so Sonnemann, denn in ihren Beratungen entpuppe sich ein Drittel meist als unwirksam und ein Drittel als nicht vollständig berechtigt. Auch Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg plädiert für einen grundsätzlichen Mietenstopp für den Zeitraum von sechs Jahren. „Innerhalb dieser Zeit sollen Maßnahmen ergriffen werden, die nachhaltig die Mieten begrenzen, wie die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit.“