Hamburg. Als angebliche Polizisten wollten die Täter die Wilhelmsburgerin Elke H. abzocken. Aber die Frau drehte den Spieß geschickt um.

  • Seniorin (78) bemerkt Betrugsversuch am Telefon und spielt mit
  • Echte Polizisten helfen der Seniorin, die Situation zu meistern
  • Täglich gibt es etliche ähnliche Betrugsversuche in Hamburg

Krimis sind eine Leidenschaft von Elke H. (78). Doch dass sie einmal selbst eine „Hauptrolle“ in einem echten Kriminalfall spielen wird, hat die Rentnerin nicht gedacht. Zwei Tage hielt die taffe Wilhelmsburgerin falsche Polizisten, die sie um ihr Erspartes bringen wollten, hin. Am Ende klickten Handschellen. Damit der Fall ein Erfolg werden konnte, ließ sie sogar ihren 2018 verstorbenen Ehemann kurzzeitig „auferstehen“.

„Ich habe gerade das Mittagessen gekocht“, sagt die 78-Jährige, als am vergangenen Dienstag bei ihr das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung war ein angeblicher „Polizeibeamter Fischer“. Er berichtete von bulgarischen Einbrechern, die festgenommen worden seien und bei denen angeblich ein Zettel mit sechs Namen gefunden wurde. Einer davon sei ihrer. „Ich habe gleich gemerkt, dass da etwas nicht stimmt“, sagt Elke H. über den Anruf. „Ich wusste, dass es diese Masche gibt, und hatte schon darüber gelesen.“ Dann dachte sie: „Nicht mit mir.“

Falsche Polizisten wollte per Telefon Informationen einer Seniorin

Was dann begann, war ein Gespräch, bei dem die 78-Jährige die Täter regelrecht und mehrfach nach Strich und Faden hereinlegte. „Sie hatten über das Festnetz angerufen und gefragt, ob ich ein Handy besitze. Ich habe Nein gesagt – das war natürlich geflunkert ...“, so Elke H. Stattdessen wählte sie auf ihrem Mobiltelefon parallel schon die 110 und ließ die Einsatzzentrale der Polizei mithören. „Als ich gefragt wurde, ob ich Wertsachen im Haus habe, hab ich gesagt, dass die Geldkassette oben sei und ich sie holen würde“, sagt Elke H. – auch das war eine Finte. Die kurze Pause nutzte sie, um über ihr Handy der echten Polizei alle nötigen Informationen zu geben. Dann telefonierte sie weiter mit dem Täter.

Elke H. (78) half der Polizei – und flunkerte die Täter an.
Elke H. (78) half der Polizei – und flunkerte die Täter an. © André Zand-Vakili

Der wollte viel über Wertsachen wissen, über Bargeld, Schmuck, Bankschließfach – und die Frau gab Wertsachen an, die sie gar nicht hat. Das machte die Täter gierig. Der nächste Schachzug: „Ich sagte, dass mein Mann gerade einen Freund besuche, demnächst wiederkomme und viel mehr zu unseren Wertsachen wisse“, erzählt Elke H.

Seniorin legt Betrüger herein: „Im Stillen hab ich mich amüsiert“

Tatsächlich war ihr Ehemann, der früher bei der Fahrbereitschaft der Polizei arbeitete, bereits 2018 verstorben. Seinen Part übernahm ein Polizist, der mittlerweile eingetroffen war. Mit ihm spielte die 78-Jährige Ehepaar. „Mir wurde ja gesagt, dass ich den Telefonhörer auf keinen Fall auflegen darf und mir sogar eine Strafe drohe, wenn ich das tue“, erzählt sie.

So wurde aus dem Vorgehen, durch das die Täter jederzeit mitbekommen wollten, was in der Wohnung passiert, ein Bumerang. „Ich habe dann mit dem Polizisten gesprochen, als ob wir ein Ehepaar wären“, sagt sie. Und auch das: „Im Stillen hab ich mich amüsiert. “ Galt es wirklich etwas zu besprechen, schlichen sie und der Beamte sich kurz weg vom Hörer auf die Terrasse. Nur einmal wurde es brenzlig. Zwischenzeitlich rief der Schwiegervater ihrer Tochter bei ihr an. Der Polizist ging heran und meldete sich mit dem Namen ihres verstorbenen Ehemannes. Das sorgte natürlich für Verwirrung, erzählt Elke H.

Seniorin sollte Geld und Wertsachen aus Schließfach holen

Am zweiten Tag ging der Fall dann in die „heiße Phase“. Die Täter hatten behauptet, auch ein Mitarbeiter ihrer Bank stecke mit den angeblichen Gaunern unter einer Decke. Sie müsse Geld und Wertsachen aus dem Schließfach holen. Die echten Polizisten, die bei Elke H. waren, sahen das schon kommen. Sie hatten bereits eine Liste von angeblichen Geldscheinnummern erstellt und sich Beschriftungen für imaginäre Goldmünzen ausgedacht, von denen Elke H. nun vorgaukeln sollte, sie bereits aus dem Schließfach geholt zu haben.

Die Täter ließen sich die Nummern vorlesen und behaupteten, der kriminelle Bankmitarbeiter habe das Geld gegen Falschgeld ausgetauscht, und auch die Münzen seien nicht echt. Dann, es war schon dunkel, avisierten sie eine „Kollegin“, die vorbeikommen werde, um Geld und Münzen „zu Prüfzwecken“ und gegen das Codewort „Sonnenschein“ an der Haustür entgegenzunehmen.

„Bis dahin war es ein bisschen spannend“, sagt Elke H. „Aber die letzte halbe Stunde war dann richtig aufregend.“ In einer Plastiktüte eingewickelt, sollte die Geldkassette mit Bargeld und Goldmünzen übergeben werden. Tatsächlich klingelte es kurz darauf an der Tür. Davor stand eine Frau. Sie nahm die Tüte entgegen. Kaum hatte sie die vermeintliche Beute in den Händen, gab sich der vermeintliche Ehemann als Polizist zu erkennen. „Die Frau hat sofort angefangen zu schreien und gebrüllt, sie habe damit nix zu tun“, sagt Elke H. Das bekam auch der Komplize der Frau am Telefon mit und legte sofort auf.

Komplizen der Geldabholerin konnten nicht ermittelt werden

Die Geldabholerin Mürside B. entpuppte sich als 43-Jährige aus Bremen, die später wieder auf freien Fuß gesetzt werden musste. Ihre Komplizen konnten bislang nicht ermittelt werden. „Es waren mehrere“, sagt Elke H. Denn im Hintergrund waren bei dem Gespräch mit dem angeblichen Polizisten weitere Personen zu hören.“

In Hamburg gibt es täglich solche Anrufe. Allein am vergangenen Donnerstag wurden 23 solcher Taten, die bei der Polizei unter dem Sammelbegriff „Miese Masche“ laufen, angezeigt. Die Dunkelziffer dürfte höher sein. Die Art der Anrufe variiert. Die Polizei rät Betroffenen, immer skeptisch zu sein und beim kleinsten Verdacht 110 zu wählen.