Hamburg. Ärzte und Pflegekräfte – auf sie ist Verlass in der Pandemie. Mediziner wie Florian Bornitz kümmern sich um die Schwerstkranken.

„Man darf die Hoffnung und den Humor nicht verlieren, sonst erträgt man diesen Mist nicht.“ Das sagt einer, der diesen „Mist“ nicht nur seit knapp zwei Jahren erträgt, sondern der auch täglich dessen Folgen mitansehen muss: das Leiden und das Sterben. Der aber auch die unendliche Dankbarkeit jener Patienten spürt, deren „schwerer Krankheitsverlauf“ nicht tödlich endete.

Dr. Florian Bornitz ist Chefarzt für Lungenheilkunde, Beatmungsmedizin und internistische Intensivmedizin an der Asklepios Klinik Barmbek. Sechs Covid-Patienten, drei davon über die „Operation Kleeblatt“ der Bundeswehr aus Bayern und Sachsen nach Hamburg verlegt, werden derzeit auf der Intensivstation beatmet. Sie sind zwischen 50 und 85 Jahre alt. „Alle richtig schwer krank, alle nicht geimpft.“

Auf der Normalstation liegen zwölf weitere Covid-Patienten; wenn eine Welle an Dynamik aufnimmt, seien es auch schnell mal 20. Auch davon hätten sich dann die meisten nicht impfen lassen. „Für die Behandlung spielt das keine Rolle. Es gehört zur Ethik unseres Berufs, sich um alle Patienten gleichermaßen gut zu kümmern, und das tun wir selbstverständlich auch uneingeschränkt“, sagt der 50-Jährige.

Corona-Helden Hamburg: In Barmbek sei es noch entspannt

Doch in Diskussionen, wie noch vor einigen Monaten, lasse er sich nicht mehr verwickeln. Zu oft habe er die „fadenscheinigen Argumente“ gehört, weshalb man sich von der Maskenpflicht habe befreien lassen müssen. Und weshalb eine Impfung gar nicht infrage gekommen sei.

„Ich kann da nicht mehr intensiv zuhören, weil es meist einfach komplett unnachvollziehbar ist.“ Als der ausgeschiedene Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gesagt habe, 3G bedeute irgendwann „geimpft, genesen oder gestorben“, sei das zwar ein bisschen zynisch gewesen. „Aber eben auch ein bisschen wahr.“

Zum Glück sei die Lage in Barmbek noch entspannt, Operationen müssten derzeit nicht verschoben werden. „Aber natürlich haben wir schwer lungenkranke Patienten, die eine Langzeit-Beatmung benötigen und jetzt eben warten müssen, weil die Geräte auf der Covid-Station gebraucht werden. Das ist schon traurig.“

Mindestens zwei Ärzte plus Oberarzt sowie fünf Pflegekräfte seien pro Schicht im Dienst. „Betten haben wir ohne Ende, aber Pflegepersonal ist die knappe Ressource. Der Dienstplan ist wie ein Schiebepuzzle, bei dem sich immer wieder neue Lücken ergeben können“, sagt der Chefarzt, der im Mai vom Thoraxzentrum des Universitätsklinikums Heidelberg gekommen war, wo er maßgeblich verantwortlich war für das sogenannte Weaning-Zentrum, eine spezielle Intensiveinheit, auf der Patienten nach längerer künstlicher Beatmung das selbstständige Atmen wieder erlernen.

Florian Bornitz: Heiligabend bleibt für die Familie

Das Team in Barmbek sei nicht nur „wahnsinnig nett“, sondern „flexibel und gleichzeitig stabil“. Ein Verdienst der engagierten Pflegedienstleitung Karin Deus. Abgänge habe es daher so gut wie keine gegeben, obwohl gerade die Mitarbeiter aus der Pflege weit über die Belastungsgrenze hinaus gearbeitet hätten. „Es ist ja auch nicht so, dass nach einer Welle erst mal die Erholung einsetzte“, sagt Dr. Florian Bornitz. „Da ging ja das normale Geschäft weiter.“

Er selbst habe an Heiligabend frei. „Als vierfacher Vater mit kleinen Kindern ist mir der Tag tatsächlich heilig. Also der einzige, den ich wirklich unbedingt mit der Familie verbringen möchte.“ Aber natürlich habe er im Laufe seiner Karriere schon oft an den Weihnachtsfeiertagen gearbeitet.

„Das sind immer besondere Dienste“, sagt er. „Aber als junger Mann ohne Familie fand ich es manchmal sogar ganz schön, mit dem Team zusammen zu sein.“ Eine gemeinsame Tasse Tee und ein Spekulatius im Besprechungszimmer, das werde es auch für die diensthabenden Kollegen in diesem Jahr mit Sicherheit geben.

Das Personal ist fast komplett durchgeimpft

Vor der drohenden Omikron-Welle in Panik zu verfallen ist seine Sache nicht. „Was sollen wir denn tun? Wir können uns nur so gut wie möglich vorbereiten. Und zum Glück sind wir hier in Barmbek Booster-Weltmeister. Die Impfquote beim Personal liegt bei nahezu 100 Prozent.“

An Silvester gebe es eine weitere Aktion unter dem Motto „Boostern statt Böllern“. Und dann wolle man ja auch noch gewinnen. Den via Instagram ausgelobten Titel für die „am weihnachtlichsten geschmückte Station“. Man dürfe eben den Humor nicht verlieren. Und auch nicht die Hoffnung: Die beiden Patienten aus Bayern und der eine aus Sachsen sind nach vier Wochen in Barmbek jetzt so stabil, dass sie in wenigen Tagen auf die Normalstation verlegt werden können.