Hamburg. Siegerentwurf für dringend benötigte Erweiterung des Hauptbahnhofs ist da und hochgelobt. Allerdings noch ohne Zeit- und Kostenplan.

Dass der Hamburger Hauptbahnhof aus allen Nähten platzt und dringend erweitert und entlastet werden muss, ist seit vielen Jahren bekannt. Mit 550.000 Passagieren und Besuchern pro Tag ist er jetzt schon der meistfrequentierte Bahnhof des Landes und liegt in Europa auf Platz zwei hinter dem Gare du Nord in Paris. Da Verkehrsexperten davon ausgehen, dass das Passagieraufkommen bis 2040 auf rund 750.000 Menschen steigen wird, denken sie mittlerweile intensiv über die Erweiterung nach. Dabei ist man jetzt einen großen Schritt weiter: Der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs steht fest.

Wie Senat und Bahn am Dienstag bekanntgaben, setzen sie auf die Entwürfe des Büros bof Architekten aus Hamburg und der Landschaftsarchitekten hutterreimann aus Berlin.

Hauptbahnhof Hamburg: Gläserne Halle im Süden, "Markthalle" im Osten

Ihr Konzept besteht aus zwei Komponenten: Nach Süden soll der Hauptbahnhof über die Steintorbrücke hinaus um eine große Halle erweitert werden, die quer zum Altbau steht, dessen Höhe, Architektur und Dimensionen aber aufnimmt. Sie wird aus einem offenen Teil bestehen, durch den die „Kommunaltrasse“ als Verbindung von Mönckebergstraße und Steintorplatz/Adenauerallee führt, und einem geschlossenen mit Geschäften, Gastronomie und natürlich Zugängen zu den Gleisen. Von diesen neuen Zugängen erhoffen sich die Planer eine erhebliche Entlastung des chronisch überfüllten Bahnhofs.

Zweiter Teil des Siegerentwurfs ist eine Erweiterung nach Osten: Bis weit auf den Hachmannplatz sollen die bestehenden Tonnendächer verlängert werden. In dieser „Markthalle“ würde ein überdachter Gang vom Nord- zum Südende des Bahnhofs entstehen. Einen solchen gibt es bislang nicht, sodass die Passagiere und Passanten entweder im Freien an der schmuddeligen Ostseite entlang oder aber über die Bahnsteige laufen müssen – beides nicht optimal.

"Erweiterung des Hauptbanhofs zentrales Projekt für Mobilität in Hamburg"

„Die Erweiterung des Hauptbahnhofs ist ein zentrales Projekt für die Mobilität in Hamburg und für den Schienenverkehr in Deutschland“, teilte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mit. „Wir schaffen dringend benötigte Kapazitäten für mehr Zugverbindungen und stärken so ein klimafreundliches Verkehrsmittel der Zukunft“, so Tschentscher, der die Vorstellung der Pläne Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt überließ.

Der Siegerentwurf des Hamburger Hauptbahnhofs: Eine Visualisierung der Kommunaltrasse und des Hachmannplatzes.
Der Siegerentwurf des Hamburger Hauptbahnhofs: Eine Visualisierung der Kommunaltrasse und des Hachmannplatzes. © bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur

„Durch den Deutschlandtakt, die S4 und die U5 wird sich die Zahl der Menschen, die den Hauptbahnhof täglich nutzen, auf 750.000 Menschen in 20 Jahren erhöhen“, sagte Tjarks. „Dieser Entwicklung gilt es Rechnung zu tragen.“ Man brauche keine kleine Erweiterung, sondern „einen großen Wurf“. Das sei den Architekten gelungen.

Architektonisch bedeutsam – Altbau wie auch Erweiterung

„Hamburgs Hauptbahnhof ist nicht nur verkehrlich bedeutsam, sondern auch in architektonischer Hinsicht“, betonte Stapelfeldt. „Die freitragende Dachkonstruktion der Bahnsteighalle mit ihren mehr als 70 Metern Spannweite ist auch 115 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme noch ein beeindruckendes Bauwerk.“ Der Entwurf von bof Architekten zeige „Respekt und Verständnis für den architektonischen und städtebaulichen Wert dieses denkmalgeschützten Gebäudes“.

Oberbaudirektor Franz-Josef Höing lobte überschwänglich die Schlichtheit des Entwurfs: „Verrückt – diese hochkomplexe Aufgabe lässt sich am Ende mit zwei Strichen lösen.“ Erleichtert sei er, dass die „Keksdose“, jenes achteckige Verwaltungsgebäude der Bahn im Südosten des Bahnhofs zugunsten der neuen Markthalle weichen muss.

So soll die „Markthalle“ des Hamburger Hauptbahnhofs künftig aussehen.
So soll die „Markthalle“ des Hamburger Hauptbahnhofs künftig aussehen. © bof architekten & hutterreimann landschaftsarchitektur

Jeannette Winter, Vorständin von der Bahn-Tochter Station&Service, hob hervor, dass der Hamburger Hauptbahnhof „deutschlandweit unser Bahnhof mit den meisten Reisenden“ sei. Für die Zukunft brauche man aber noch mehr Kapazität: „Unser Ziel ist klar: Wir wollen noch mehr Menschen für die klimafreundliche Bahn gewinnen und sie im Deutschlandtakt noch schneller miteinander verbinden.“ Mit dem Architekturwettbewerb seien „wichtige Weichen für die Erweiterung“ gestellt.

Hauptbahnhof Hamburg: Wann der große Wurf gebaut wird, bleibt unklar

Die schlechte Nachricht: Bis wann diese umgesetzt werden, ist völlig offen. keiner der Beteiligten wollte sich auf einen Zeitplan festlegen. Tjarks verwies in dem Zusammenhang auf die Komplexität der Aufgaben: Bevor mit dem Bau begonnen werden könne, müsse zunächst die weiter südlich gelegene Altmannbrücke saniert werden, dann die Steintorbrücke selbst, und dann seien ja auch noch zwei neue Tunnel unter dem Hauptbahnhof hindurch in Planung – für die U5 sowie für die S-Bahnen auf der Verbindungsbahn Richtung Diebsteich.

Realistische Jahreszahlen zu nennen, sei daher nicht möglich. Winter betonte, dass es zudem „höchste Priorität“ habe, den Bahnverkehr während der Arbeiten so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.

Auch zu den Kosten wurde noch kein Wort verloren. Klar dürfte nur sein, dass die Bahn (also der Bund) und die Stadt beide einen Teil beitragen werden, wobei der Anteil Hamburgs vermutlich der kleinere sein dürfte. Als nächste Schritte werden alle Beteiligten in Verhandlungen eintreten, um die technische Realisierbarkeit zu prüfen, einen Masterplan zu erarbeiten und die Finanzierung zu klären.

CDU warnt: Bahnhofsvorplatz wird auf Jahre Großbaustelle

CDU-Verkehrsexperte Richard Seelmaecker sagte, er sei „froh“, dass nun der erste Schritt zur Erweiterung des Bahnhofs gemacht wurde, dennoch sehe er große Probleme: „Parallel zum oder kurz nach dem Umbau soll nur wenige Meter weiter östlich der sogenannte Ferlemann-Tunnel gebaut werden." Alle Bauarbeiten müssten bei laufendem Betrieb stattfinden.

"Der Bahnhofsvorplatz wird auf Jahre eine Großbaustelle. Die Reisenden werden eher weniger als mehr Platz haben.“ Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, sagte: „Wir begrüßen, dass der Handlungsbedarf nach Jahren des Stillstands nun endlich erkannt und ein städtebauliches Konzept für das Bahnhofsumfeld vorgelegt wurde.“