Hamburg. Senator Dressel blieb bei der drastischen Pachterhöhung, brachte keine Verträge mit – und hatte trotzdem Erfolg.

Die Stimmung war aufgeladen und angespannt. Jahrelang hatten diverse Tonndorfer Siedler ihre Situation klären und die auslaufenden Erbpachtverträge in der Tonndorfer Elleneck-Siedlung verlängern oder ihre Grundstücke von der Stadt kaufen wollen. Immer waren sie aufgelaufen. 2020 versprach die Stadt, zügig "Planungssicherheit" herstellen zu wollen. Im Juli 2021 erneuerte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) das Versprechen. Aber die erwarteten Verhandlungen bzw. Verträge kamen nicht. Jetzt, ein halbes Jahr vor Vertragsablauf endlich, kam der Senator persönlich vorbei.

Am Sonnabend traf er die Siedler und glättete die Wogen. Aufmunternde Worte, gute Laune und Scherze am Anfang des Gesprächs machten warm und lockerten die Atmosphäre. Die zumeist älteren Siedler sind froh, dass der Senator selbst sich ihrer Sache annimmt – und goutieren es. Der Stachel der Empörung ist gezogen. Obwohl Dressel keine verbesserten Angebote machte.

Erbpacht: Das sind die Bedingungen der Stadt:

  • Die Siedlung wird nachverdichtet und bekommt dafür ein neues Baurecht,
  • Die Pacht für die 19 noch pachtenden Siedler bleibt so hoch wie angekündigt. Sie steigt von jetzt 40 Euro im Jahr auf 800 bis 1000 Euro im Monat und wird alle drei jahre angepasst,
  • Die Vertragslaufzeiten bleiben bei 40 Jahren, obwohl Baugenossenschaften bis zu 99 Jahre bekommen

"Die Pacht ist zu hoch für viele, die in den Häusern von Anfang der 1930er-Jahre alt geworden sind", sagte Corinna Bee, eine der Betroffenen. "Bei den kurzen Laufzeiten finanziert auch keine Bank Modernisierungen. 50 Jahre Laufzeit wären das Minimum.“ Wer gehen muss, bekommt den Zeitwert des Hauses ersetzt – errechnet nach Formeln, die die Behörde vorgibt. „Eine Nachbarin bekam 55.000 Euro ermittelt", sagte Bee. "Für mich hieße das, dass ich mein Haus verliere und mit rund 50.000 Euro Schulden auf der Straße stehe.“

Dressel hört zu und bleibt hart

Dressel will nicht verhandeln, er will nur erklären. Er setzte Bee seine Senatsdrucksache entgegen, die eine geänderte Grundstückspolitik der Stadt verkündet. Erbbaurechtsgrundstücke will sie nicht mehr verkaufen und mit der neuen Pacht belegen. „Wir sind an die Beschlüsse der Bürgerschaft gebunden“, sagte Dressel, verwies auf allgemein gültige Regeln wie „hamburgweit geltenden Konditionen“ und die Sozialtarife, die Pächtern mit schmalem Portemonnaie geboten werden. Die Siedler reagierten verständnisvoll. Trotz ihrer eher schmalen Renten.

Wer schon länger als 15 Jahre gepachtet hat, bekommt eine zehnjährige Übergangsfrist bis zum Erreichen der neuen Pacht. Wer aufgrund seines Einkommens zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt ist, bekommt ebenfalls einen Nachlass, der im Rechenbeispiel der Behörde bei etwa 10 Prozent liegt. „Die Hamburger Regelungen gehören zu den günstigsten im Bundesvergleich“, sagte Dressel. Die Siedler schienen zufrieden. Die Pacht war kein Thema mehr, die drohende Vertreibung auch nicht. Bee: „Die meisten gingen froh nach Hause.“ Dressel: „Ein sehr gutes Gespräch.“

Weiteres Gespräch im Januar

Im Januar, so der Senator, werde ein neues Treffen anberaumt und „flurstückscharf“ über die Entwicklungsmöglichkeiten gesprochen. Die Kinder der Siedler, so denn welche da seien, könnten die rückwärtigen Grundstücksteile übernehmen und ebenfalls Verträge mit der Stadt schließen. Anders als die Wohnungsbaugenossenschaften hätten sie aber nicht 99 Jahre Laufzeit, sondern nur 75 Jahre für Bauwillige und 40 Jahre für bloße Verlängerer, die ihr Althaus behalten.

Der Protest der Siedler gegen die Ungleichbehandlung ist schwach. Dressel schließt Nachbesserungen in diesem Punkt dennoch nicht aus. Denn die stark voneinander abweichenden Fristen könnten sich als kontraproduktiv erweisen, weil so nicht alle Verträge eines Quartiers zusammen auslaufen. Das verkompliziert die Folgenutzung der Grundstücke.

Erbpacht: CDU will "dem Spuk ein Ende machen"

Die CDU will „dem Spuk ein Ende machen. Die Stadt sollte den Siedlern den Kauf ermöglichen“, sagte die Fraktionsvorsitzende Natalie Hochheim. „Die hohe Pacht läuft auf Vertreibung der meist älteren Bewohner hinaus, und der Aufwand für den Bebauungsplan steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Es kämen nur etwa neun Grundstücke für Doppelhäuser heraus.“ Die Siedler sahen die Gartenarbeit, die sie kaum noch bewältigen können, und waren eher mit Dressel.

Für ihn ist der Bebauungsplan kein Wohnungsbauthema, sondern soziale Abfederung. „Erst mit neuem Baurecht werden die großen Grundstücke teilbar, und die Alt-Pächter können auf kleinerer Scholle mit tragbarem Aufwand wohnen bleiben“, sagte er. Ansonsten wiederholte er seine Aussage vom Sommer: „Wir können heute keine Grundstücke mehr zu Dumpingpreisen vergeben. Das wäre ungerecht gegen all jene, für die wir keine haben.“