Hamburg. Täterinnen kommen meist aus dem Familienkreis. Was Hamburger Sexualforscher im Zuge der Aufklärung des Tabuthemas fordern.

Eine Studie des Hamburger Uniklinikums Eppendorf (UKE) zeigt, dass Kinder und Jugendliche auch von Frauen sexuell missbraucht werden.

Die Täterinnen würden vor allem aus dem Familienkreis stammen, sagte Johanna Schröder vom UKE-Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie am Mittwoch. „In den häufigsten Fällen wurde von sexualisierter Gewalt durch die eigene Mutter berichtet.“

Frauen als Täterinnen bei sexualisierter Gewalt an Minderjährigen sei ein „gesellschaftliches Tabuthema“, erklärte das UKE. Bei sexuellem Missbrauch werde in der Regel an männliche Täter gedacht.

Viele Frauen mit Hinweisen auf pädophile Störung

Im Durchschnitt erlebten die Befragten im Alter von sechs Jahren zum ersten Mal sexualisierte Gewalt durch eine Frau. Das Alter der Täterin wurde von den Betroffenen im Mittel auf 32 Jahre geschätzt. Dabei schloss die sexualisierte Gewalt oft auch körperliche und psychische Gewalt ein. Es liege nahe, dass viele Betroffene unter posttraumatischen Belastungssymptomen leiden, hieß es.

Die Mehrheit der befragten Frauen mit sexuellem Interesse an Minderjährigen gab an, dass sie sich sexuell gleichermaßen zu männlichen und weiblichen Personen hingezogen fühle. Mehr als die Hälfte zeigen Hinweise auf eine pädophile Störung. Neben der sadistischen Täterin gebe es Frauen, die in den betroffenen Kindern einen Ersatz für erwachsene Sexualpartner sehen.

Erregbarkeit für nicht zwingend zu sexualisierter Gewalt

Die Forscher gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte der befragten Frauen Abbildungen von sexuellem Missbrauch konsumiert. Wer durch Kinder sexuell erregbar sei, sagte die UKE-Wissenschaftlerin Safiye Tozdan, müsse nicht auch zwangsläufig sexualisierte Gewalt gegen sie ausüben.

Untersuchungen bei Männern hätten allerdings gezeigt, dass sexuelles Interesse an Kindern ein Risikofaktor für Missbrauch sei.

Mehr Therapieangebote für Frauen gefordert

Das Projektteam empfiehlt eine intensivere Forschungsarbeit und eine bedarfsgerechte Behandlung von betroffenen Frauen. Über das Tabuthema sollte gezielt aufgeklärt werden. Frauen mit sexuellem Interesse an Kindern sollten über therapeutische Behandlungsangebote besser informiert werden. Damit könne das Risiko für sexuelle Straftaten gegen Kinder gesenkt werden.

In einer anonymen Online-Studie wurden Personen befragt, die nach eigenen Angaben sexualisierte Gewalt durch eine Frau erlebt haben. Ergänzt wurden diese Berichte durch eine anonyme Online-Befragung von Frauen, die ein sexuelles Interesse an Kindern angegeben haben.