Hamburg. Sie sollten sich auf Geheiß des 51-Jährigen ausziehen und die Beine spreizen. Sein Schlusswort macht sogar den Richter stutzig.

Am Ende fragt der Altonaer Amtsrichter laut, ob er gerade richtig gehört habe. Es geht um das Schlusswort des Angeklagten. „Es tut mir für die Damen unglaublich leid“, hat Ralf U. da gesagt, „aber ich bin auch traumatisiert. Ich wollte nur helfen.“ Das alles sei ein Missverständnis gewesen. Weil der Masseur drei Frauen sexuell belästigt und nachhaltig verstört hat, findet der Richter bei der Urteilsverkündung klare Worte für das Lamento: „Jammern auf höchstem oder besser: niedrigstem Niveau“.

Drei Frauen hatten zuvor im Zeugenstand von den Übergriffen des vor zwei Jahren im Wellnessbereich des Bäderlands Festland tätigen freiberuflichen Masseurs berichtet. Wie der 51-Jährige darauf bestanden habe, dass sie sich ausziehen sollten. Wie er sie am ganzen Körper gestreichelt habe, vor allem am Gesäß und im Brustbereich. Wie er ihre Beine spreizte. Worum es Ralf U. wirklich ging, drückt die Staatsanwältin so aus: „Begucken, befummeln, befingern.“

Frauen hatten normale Massagen in Hamburg gebucht

Die Frauen hatten am 16. und 17. März 2019 zwar Rücken- und Nackenmassagen gebucht. Doch sie bekamen etwas, das der Angeklagte selbst als „ayurvedische Massage“ bezeichnet. Sein Chef habe ihn damals angewiesen, ein teures ayurvedisches Öl zu verbrauchen, bevor es „ranzig“ werde. Also habe er den Frauen eine „Full-Body-Massage“ auf eben dieser Basis angekündigt, so Ralf U.

Daran erinnern konnte sich keine der Betroffenen, dafür aber sehr genau an die Übergriffe: „Er hat mich seitlich gestreichelt, um an meinen Busen zu kommen“, sagt die Zeugin Anca L. (36), den Tränen nah. Obwohl sie nur etwas gegen ihren verspannten Nacken habe tun wollen, habe sie sich komplett ausziehen müssen. Aus Angst habe sie während der Tortur kein Wort herausbekommen. „Ich war in Schockstarre“. Verabschiedet habe er sie mit den Worten „Schöne Frau, du bist jetzt fertig.“ Drei Tage später habe sie Anzeige erstattet. Sie habe sehr unter dem Vorfall gelitten und eine Therapie machen müssen.

Masseur wurde von Chef des Bäderlands gefeuert

Anca L. war damals mit drei weiteren Freundinnen im Festland. Katharina G., nach ihr an der Reihe, sah noch Ancas verstörtes Gesicht. „Ich dachte, ich gehe da jetzt rein und schaue mal“, so die 33-Jährige. Ralf U. habe sie so seltsam gestreichelt und ihr Gesäß regelrecht „geknetet“. Zudem habe er ihre Bikini-Hose heruntergezogen, während sie auf dem Bauch lag. Dass sie diese Prozedur nicht beendet habe, darüber habe sie sich später furchtbar geärgert. Kurz nach der „Massage“ habe sie sich dann doch bei Ralf U. beschwert.

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Gleich am nächsten Tag schlägt er trotzdem wieder zu. Als angebliche Übung gegen ihre Rückenschmerzen sei sie auf Geheiß von Ralf U. „splitterfasernackt“ in den Vierfüßlerstand gegangen, während er hinter ihr stand, berichtet die dritte Betroffene (41). Er habe sie am Gesäß und an der Brust berührt, sie sei „wie erstarrt“ gewesen. Sie habe sich danach beim Chef beschwert – der feuerte Ralf U. sofort. In den Monaten davor, so der Chef im Zeugenstand, hätten sich die Kunden nie über diesen Mitarbeiter beschwert.

Masseur lernte mit YouTube-Videos

Ralf U. hingegen ist mit sich im Reinen. Die Frauen habe er so massiert, wie er es gelernt habe, etwa in der Volkshochschule oder mithilfe von YouTube-Videos, sagt er. Er habe keine sexuellen Absichten gehabt, er habe nur helfen wollen. Von der Reaktion der Frauen sei er „geschockt“ gewesen.

Ohne jeden Zweifel habe er die Frauen sexuell belästigt, sagt der Amtsrichter. Er verurteilt Ralf U. zu einer Geldstrafe von 6000 Euro. Einen Tipp gibt es kostenlos dazu: „Massieren Sie nie wieder irgendjemanden.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig.