Hamburg. Oliver Lähndorf, Direktor der Affordable Art Fair, spricht mit Lars Haider darüber, wie man für sich den richtigen Künstler entdeckt.
Kunst, die sich jeder leisten kann – das ist, kurz gesagt, das Ziel der Affordable Art Fair (AAF), zu der vom 11. bis zum 14. November 70 Galerien, 600 Künstler und 12.000 Besucher in den Hamburger Messehallen erwartet werden. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht AAF-Direktor Oliver Lähndorf über die Frage, wie man für sich den richtigen Künstler und das passende Kunstwerk entdeckt – und was das kosten darf.
Das sagt Oliver Lähndorf über …
… Kunst in Messehallen:
„Am Anfang haben viele mit den Messehallen gefremdelt, auch Künstler fanden den Ort für ihre Werke zu kalt. Ich war mir selbst im ersten Jahr nicht sicher, ob Kunst in der Hamburg Messe funktioniert. Heute bin ich froh darüber, dass wir dort sein können, die Kombination aus der zentralen Lage und der Infrastruktur ist perfekt. Außerdem signalisiert die Messe gleich, dass es hier nicht nur ums Angucken von Kunst, sondern ums Kaufen geht.“
… die Hamburger als Kunstkäufer:
„Als ich 2011 angefangen habe mit der Messe, haben mich die meisten für verrückt erklärt und gesagt: Das kannst du vergessen, die sparsamen Hamburger kaufen keine Kunst, schon gar nichts Zeitgenössisches. Ich habe vier Jahre gebraucht, bis ich die erste Galerie aus München überzeugt hatte, nach Hamburg zu kommen. Inzwischen hat sich das komplett verändert, die Umsätze auf der Messe haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, und zudem verkaufen die Galerien noch unglaublich viel in den Wochen danach. Es gibt immer wieder Galeristen, die auf der Messe nur so einigermaßen mit ihren Verkaufserlösen zufrieden waren, mich aber Monate später ganz begeistert anrufen, weil sie in dieser Zeit aufgrund der Kontakte, die sie gemacht haben, so viele Kunstwerke verkauft haben. Der Galerist und der Künstler teilen sich die Einnahmen übrigens zur Hälfte.“
… seine Liebe zu Hamburger Künstlern:
„Ich finde es schön, wenn ich lokale Künstler unterstütze und auch kennenlerne. Deshalb kaufe ich ausschließlich junge Hamburger Künstler, die noch nicht etabliert sind. Ich lebe in Hamburg, ich liebe Hamburg, da lag meine Art zu sammeln folgerichtig. Mir ist auch sehr wichtig, dass ich den Künstler mag, anders kann ich mir kein Werk von ihm kaufen. Für mich ist das ein nachhaltiges System. Deshalb versuchen wir auch immer auf der Messe, die lokale Kunst herauszustellen. Von den 70 Galerien, die dieses Jahr dabei sind, kommen 20 aus Hamburg.“
… die Frage, wer sich Künstler nennen darf:
„Viele renommierte Künstler haben heute an einer Kunsthochschule studiert, aber ich finde, das kann nicht das einzige Kriterium sein. Wer ein Künstler wird, entscheiden Museen, die Werke von ihm ausstellen, Galerien, die Werke von ihm anbieten, oder Sammler, die Werke von ihm kaufen.“
… die Preise für Kunstwerke und Kunst als Wertanlage:
„Die günstigsten Kunstwerke auf unserer Messe kosten 100 Euro, die teuersten 7500 Euro. Ich hoffe, wir können diese Preisspanne noch lange halten, die inflationäre Entwicklung auf dem Kunstmarkt macht das allerdings immer schwieriger. Ich bin kein Freund davon, Kunst als Wertanlage zu betrachten, das ist mir irgendwie unsympathisch, ich finde, man sollte mit dem Herzen kaufen. Aber es kann funktionieren, wenn man sich intensiv mit der Materie beschäftigt oder nur große Namen kauft. Auf unserer Messe steht neben jedem Kunstwerk der Preis, etwas, was vor zehn Jahren noch ziemlich unüblich war. Seitdem ist der Kunstmarkt deutlich transparenter geworden. Verhandlungen über den Preis sind aber nach wie vor unüblich, das sehen Galerien überhaupt nicht gern. Immerhin kann man immer öfter in Raten zahlen, wenn man das will.“
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… die Frage, welcher Künstler von der Kunst leben kann:
„Ungefähr ein Prozent der Künstler kann von der Kunst leben. Die Idee unserer Messe ist, vor allem den anderen 99 Prozent eine Plattform zu geben, weil die es sonst echt schwer haben. Die Kunstwerke von dem einen Prozent wollen alle, deren Preise sind in den vergangenen Jahren ähnlich wie die der Immobilien explodiert. Die große Mehrheit hat dagegen Schwierigkeiten, ihre Kunst zu fairen Preisen zu verkaufen, und muss von anderen Berufen oder Einnahmequellen leben.“
… die AAF in Hamburg im Vergleich mit New York:
„Wir sind qualitativ besser als die AAF in New York. Ich bekomme oft das Kompliment von Galerien, die auch in New York sind, dass die Besucher in Hamburg super sind, zwar viel fragen, aber auch viel kaufen würden. Und die Kunst, die in Hamburg zu sehen ist, sei besser als auf vergleichbaren Messen. Daran arbeiten wir auch hart weiter. Ich habe oft Künstler abgelehnt, die sich supergut verkaufen, die ich aber nicht bei uns sehen wollte. Kunst, die sich gut verkauft, ist in meinen Augen nichts zwangsläufig gute Kunst.“