Hamburg. Im August verabschiedete die Bürgerschaft die neue Grundsteuer-Regelung. Bei der Digitalisierung der Prozesse hakt es jedoch noch.
Nachdem die Bürgerschaft im August Hamburgs neues Grundsteuer-Modell verabschiedet hat, wird es bald ernst: Im kommenden Frühjahr werden alle Immobilien- und Grundbesitzer in Hamburg aufgefordert, eine neue Grundsteuer-Erklärung abzugeben. Auf Basis dieser aktualisierten Daten werden dann die Stellschrauben des neuen Systems wie Messzahlen und der Hebesatz justiert, bevor dieses dann von 2025 an eingeführt wird. Bis dahin gelten die alten Regeln weiter.
Verbunden mit der Umstellung auf die neue Grundsteuer ist auch ein guter Vorsatz: die elektronische Aktenführung. Zwar steht es den Bürgern auch künftig frei, ob sie ihre Steuererklärung analog oder digital übermitteln. Aber gemäß dem Leitgedanken des Senats „Digital first“ soll das Hantieren mit Papierbergen und Handakten zumindest auf Behördenseite der Vergangenheit angehören. Doch ob das im Fall der neuen Grundsteuer pünktlich zur Einführung klappen wird, steht noch in den Sternen.
Grundsteuererklärung im nächsten Jahr fällig
Wie der Senat auf eine schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Thilo Kleibauer einräumt, sei die elektronische Aktenführung nicht Aufgabe der internen Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Grundsteuerreform, sondern obliege grundsätzlich der Steuerverwaltung in der Finanzbehörde. Diese sei jedoch von der Vorarbeit anderer abhängig: „Entscheidende Bedeutung hat hierbei die rechtzeitige Bereitstellung der notwendigen Programme aus dem Vorhaben der Steuerverwaltungen der Länder und des Bundes Konsens (Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung)“, so der Senat. Da alle Bundesländer ein neues Grundsteuer-Modell einführen müssen, haben sie sich verständigt, die Programme zentral entwickeln zu lassen.
Dass der Senat sich darauf zurückzieht, ist der CDU zu wenig. „Ein wichtiges Ziel bei der Grundsteuerreform war auch, den bürokratischen Aufwand möglichst gering zu halten. Hierzu gehört in jedem Fall eine elektronische Aktenführung“, sagt Kleibauer. Seine Fraktion hat daher einen entsprechenden Antrag für die nächste Sitzung der Bürgerschaft am Mittwoch gestellt. „Der Leitgedanke ‚Digital first‘ muss auch in der Praxis umgesetzt werden und zu mehr Effizienz durch digitale Prozesse führen“, so der Finanzexperte. „Es kann nicht sein, dass der Senat bei diesem Thema ausweicht und erst darauf wartet, dass andere Bundesländer etwas liefern.“
Abgabe der Steuererklärung voraussichtlich zwischen 1. Juli und 31. Oktober 2022
Gerade bei der Reform der Grundsteuer sei eine komplette Digitalisierung der Abläufe von Beginn an höchst sinnvoll, da hiervon alle Grundsteuerakten betroffen seien, so Kleibauer. „Es wäre wenig sinnvoll, wenn zwar die Steuererklärungen elektronisch über das Elster-Verfahren abgegeben werden, aber bei der weiteren Bearbeitung dann auf Papier und Handarbeit gesetzt wird.“
In der Finanzbehörde geht man allerdings trotz der etwas ausweichenden Senatsantwort in der Anfrage davon aus, dass alles rechtzeitig fertig wird. „Nach momentanem Stand kann davon ausgegangen werden, dass die elektronische Aktenführung zum 1. Juli 2022 für das neue Grundsteuerverfahren läuft“, hieß es auf Abendblatt-Anfrage. Die Bürgerinnen und Bürger würden voraussichtlich im März durch eine öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert – diese müssen dann zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 abgegeben werden. Dies soll „möglichst auf elektronischem Wege“ erfolgen.
Dressel: „Verständnis wächst aus Kenntnis“
„Wir bereiten zur Einführung der Grundsteuer im nächsten Frühjahr eine breit angelegte Informationskampagne für alle Steuerpflichtigen vor, damit jeder weiß, was auf ihn zukommt“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt. „Einmal mehr gilt: Verständnis wächst aus Kenntnis.“
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Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht 2018 eine Reform der Grundsteuer angeordnet, weil sie auf völlig veralteten Einheitswerten für Immobilien basierte. Bund und Länder hatten sich nach zähem Ringen auf eine Lösung verständigt, es den Ländern aber ermöglicht, abweichende eigene Modelle anzuwenden. Hamburg macht davon Gebrauch und führt ein „Wohnlagemodell“ ein, bei dem ausschließlich die Fläche einer Immobilie und/oder eines Grundstücks sowie die Lage berücksichtigt werden.
Neben der Grundsteuer: Digitalisierung soll vorangetrieben werden
Ziel ist es, dass das Aufkommen von rund 500 Millionen Euro pro Jahr unverändert bleibt. Dabei wird es aber zu Verschiebungen kommen: Wer bislang überdurchschnittlich viel Grundsteuer entrichten musste, kann mit einer Entlastung rechnen – wer sehr wenig gezahlt hat, muss mit einem Anstieg rechnen.
Unabhängig von der Grundsteuer hat sich der Senat dazu bekannt, die Digitalisierung voranzutreiben. Am Freitag hatte der IT-Planungsrat, das Steuerungsgremium von Bund und Ländern, dazu in der Hansestadt getagt. Im Anschluss sagte Jan Pörksen, Chef der Senatskanzlei und derzeit Vorsitzender des IT-Planungsrates: „Unser Ziel ist es – über die Bereitstellung von Online-Diensten hinaus – vollständig digitalisierte Prozesse zu schaffen, die nicht nur einen guten Service für Bürgerinnen und Bürger ermöglichen, sondern auch die Behördenarbeit effizient und dienstleistungsorientiert gestalten.“