Ottensen. Die Hamburgerin Diana Helfrich macht mit neuem Buch Frauen Mut: „Die Wechseljahre sind nicht das Ende, sondern ein Lebensabschnitt“

Schwitzattacken, Stimmungsschwankungen und plötzliche Schlafprobleme. Hatte Diana Helfrich alles nicht. Es war eben auch noch nicht der eigene Körper, der da anklopfte, sondern ein Verlag. Ob sie, die leidenschaftliche Apothekerin und bekannte Wissenschaftsjournalistin, nicht mal einen Ratgeber über die Wechseljahre schreiben wolle. „Ach nö“, habe sie gedacht.

Das Thema habe mit ihr ja nun wirklich gar nichts zu tun. „Dabei war ich zu diesem Zeitpunkt auch schon 49 Jahre alt“, sagt die Ottenserin, die sich seit mehr als 20 Jahren mit Frauengesundheit beschäftigt, unter anderem in ihren Kolumnen für „Brigitte Woman“ und in ihrem Blog die-apothekerin-ihres-vertrauens.de

Apothekerin Diana Helfrich spricht offen über die Wechseljahre

Dann habe sie nachgedacht. Auch über ihre eigene Reaktion. Und festgestellt, dass die doch sehr typisch sei. „Michelle Obama hat es mal ganz treffend gesagt: Wir tun so, als würden sie nicht passieren, dabei macht die Hälfte der Menschheit die Wechseljahre durch.“

„Ich dachte, ich krieg’ das nicht“ ist folglich auch der Titel des knapp 250 Seiten starken Buches, das gerade erschienen ist. Denn Diana Helfrich hat sich dann eben doch sehr intensiv mit der „Pubertät in der Lebensmitte“, wie die „New York Times“ diese Phase im Leben jeder Frau 2018 nannte, beschäftigt. Zum Glück. Denn herausgekommen ist ein Ratgeber, der nicht pausenlos den Zeigefinger hebend als solcher daherkommt. Er ist viel mehr eine Lektüre, die zeigt, dass sich Wissenschaft und Humor, aber auch Hormone und Hausmittel, nicht ausschließen, sondern ergänzen.

Diana Helfrich widmet Buch ihrer Tochter und allen Mädchen

„Ich möchte uns Frauen Mut machen, die Wechseljahre nicht als Ende, sondern als Lebensabschnitt zu begreifen“, sagt die verheiratete Mutter von zwei Kindern, die das Werk ihrer „Tochter und allen Mädchen“ gewidmet hat. Doch warum sind die Wechseljahre auch 2021 noch ein solches Tabu? „Da kommen verschiedene Faktoren zusammen“, sagt die 51-Jährige.

Erstens klinge schon allein der Begriff einigermaßen „muffig“. „Zweitens sehen sich viele Frauen erstmals konkret mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert, wenn die Regelblutung für immer ausbleibt. Tenor: O Gott, jetzt bin ich wirklich alt.“ Zumal der Zeitpunkt der körperlichen Veränderung ja nicht selbst gewählt sei. Schwierig, wenn Frau sonst gern alles unter Kontrolle hat.

Wechseljahre: Immer noch ein Tabuthema?

Das Tabu seien jedoch weniger die Wechseljahre an sich als die (ausbleibende) Menstruation. „Wir hatten jahrelang ein Problem, offen über die Monatsblutung zu sprechen“, sagt die Autorin. Die Werbung habe sich über Jahrzehnte daran abgearbeitet, Binden und Tampons anzupreisen, die dafür sorgen, „dass alles möglichst diskret“ abläuft. Im Innern des Körpers und so. „Zum Glück verändert sich da gesellschaftlich viel, auch die Menopause wird thematisiert.“

Von Frauenärztinnen wisse sie jedoch, dass die Scham zu sagen, dass man nun nicht mehr fortpflanzungsfähig sei, bei einigen Patientinnen immer noch da sei. Doch insgesamt seien „Frauen in der Mitte ihres Lebens“ sichtbarer. „Man könnte sagen: Lieber eine mittelalte Frau als ein alter weißer Mann. Dessen Kompetenzmonopol bröckelt ja nun gerade richtig“, sagt die Pharmazeutin, die in ihrer Heimatstadt Berlin studiert und 2020 mit „Ich glaub, ich hab da was für Sie“ quasi ein Apothekerschränkchen in Buchform veröffentlicht hat, mit einem Lachen.

„Wechseljahre –  ich dachte, ich krieg’ das nicht“, heißt Diana Helfrichs Ratgeber (Mosaik Verlag, ca. 250  Seiten, 16 Euro).
„Wechseljahre – ich dachte, ich krieg’ das nicht“, heißt Diana Helfrichs Ratgeber (Mosaik Verlag, ca. 250 Seiten, 16 Euro). © Mosaik Verlag

Keine Frau soll „unvorbereitet in diese Phase schlittern“

In ihrem Buch lässt sie einige Frauen, darunter die Schauspielerin Nina Petri, Erfahrungen aus den Wechseljahren schildern. „Mir ging es darum, eine Bandbreite zu zeigen. Denn manche Frauen spüren gar nichts, andere leiden richtig. Wichtig ist mir, dass keine Frau unvorbereitet in diese Phase schlittert.“

Deshalb enthält das Buch neben „Partywissen Wechseljahre“, mit dem jede Frau eine Ü-40-Feierlichkeit erheitern kann, auch ganz ernste Kapitel wie jenes mit 33 Fragen an die Apothekerin über Hormone. „Die sind sehr lange verteufelt worden, und es ist auch richtig, sie nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip zu verordnen. Jede Frau sollte das individuell mit ihrer Gynäkologin besprechen.“

Schlafprobleme mit Baldrian und Lavendel bekämpfen

Was sie selbst bei der Recherche am meisten überrascht habe, sei gewesen, wie früh die körperliche Veränderung teilweise beginne. „Das geht ja schon sechs bis acht Jahre vor der letzten Blutung los“, sagt Diana Helfrich. „Möglich, dass eine Frau, die nachts immer gut geschlafen hat, mit Anfang 40 plötzlich häufiger aufwacht. Das kann ein Vorbote sein, muss aber natürlich nicht.“

Grundsätzlich rate sie dazu, es bei Schlafpro­blemen zunächst mit Baldrian und Lavendel zu versuchen. „Falls das nicht hilft, kann man immer noch zu Medikamenten greifen.“ Wichtig sei, auf den Körper zu achten, sagt Helfrich – insbesondere eben ab den Wechseljahren, wenn Muskeln und Organe mehr „Zuneigung“ benötigten als früher. „Die Botschaft des Körpers ist doch einfach: Kümmere dich um mich, damit wir noch 30 gute Jahre zusammen haben.“