Hamburg. Das Hamburger Frauennetzwerk ermutigt Mütter, beides zu wollen und gibt Tipps, wie das gelingen kann.
Viele berufstätige Mütter kennen diese oder ähnliche Situationen: Nach dem Aufstehen in aller Frühe müssen die Kinder ausstaffiert als Pirat für den Fasching in der Kita abgeliefert werden, bevor sich die Mutter selbst die letzten Spuren der Karnevalsschminke vom Business-Kostüm wischt und pünktlich zur wichtigen Vorstandspräsentation erscheint.
Abends, wenn die letzte Gutenachtgeschichte vorgelesen ist, fährt sie dann noch einmal den Computer hoch. Doch den „Working Moms“ geht es nicht ums Jammern, sondern um das selbst gewählte Glück, nicht nur Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, sondern auch mit Kindern ambitioniert den eigenen Karriereweg zu verfolgen.
"Working Moms" geben Tipps, wie sich Kinder und Karriere verbinden lassen
Das hochkarätige Hamburger Frauennetzwerk möchte werdende Mütter zum Weiterarbeiten und erfolgreiche Frauen zur Familiengründung ermutigen, wie die erste und zweite Vorsitzende, Theresa Brox und Romana Hartke, im Abendblatt-Podcast erzählen. Viel zu häufig noch bedeute das erste, spätestens aber das zweite oder dritte Kind einen Karriereknick.
Die beiden Hamburgerinnen, die in ihren jeweiligen Unternehmen in Führungspositionen arbeiten, geben im Podcast ganz konkrete Tipps, wie sich das vermeiden lässt: „Es ist gerade angesichts der Dynamik in vielen Branchen wichtig, dass man schon vor der Geburt des Kindes den Wiedereinstieg plant und klarmacht, dass man am Ball bleiben will und nicht viele Jahre weg ist“, sagt Romana Hartke.
Frauen sollen sich gegenseitig unterstützen
Das bedeute nicht, dass Frau schon zwei Monate nach der Geburt des Kindes wieder am Schreibtisch sitzen muss. „Aber sie muss den Kontakt halten, sich vielleicht eine Mentorin oder einen Mentor suchen, dranbleiben.“ Dazu gehört auch, weiter zu beobachten, was sich im Unternehmen entwickelt. „Und dann mit Energie und Leistung gezielt wieder einsteigen – und mit dem Willen, weiter nach vorn zu gehen.“
Für die „Working Moms“ ist es elementar, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen. „Sich zu vernetzen, aktiv zu bleiben, sich zu engagieren in der Nachbarschaft, der Gemeinde oder eben im Unternehmen, ist wichtig: So bleibt man sichtbar“, sagt Theresa Brox. Und Sichtbarkeit ist ein Schlüssel. „Manchmal ergeben sich daraus Möglichkeiten, die man vor der Schwangerschaft und Geburt noch gar nicht gesehen hat.“
Was Frauen- von Männernetzwerken unterscheidet: Vernetzen statt verkumpeln
Während Männer-Netzwerke oft von einer speziellen Art der Kumpeligkeit zusammengehalten werden, die Frauen manchmal ausschließt, knüpfen die „Working Moms“ ihr eigenes Netz, beraten, ermutigen und stärken sich gegenseitig in ihrem Selbstvertrauen, beides schaffen zu können. Sie unterstützen einander manchmal auch ganz konkret. „Wenn jemand eine Position auszuschreiben hat, teilen wir das im Netzwerk und schauen zuerst bei uns, ob es da eine Kandidatin gibt, die passend und interessiert ist“, sagt Hartke.
Rund 100 Frauen zählen zu den 2007 gegründeten Hamburger „Working Moms“, bundesweit sind mehr als 600 Frauen in dem Verein organisiert. Voraussetzung, um dabei zu sein: Eine Frau muss Kinder haben und nahezu in Vollzeit berufstätig sein. Die Nachfrage sei groß, der Verein entwickele sich sehr dynamisch, sagt Brox.
"Working Moms" empfehlen neue Arbeitszeitmodelle
Teilzeit sei für viele Frauen noch immer eine Falle – vor allem, wenn sie beruflich weiterkommen wollen. „Es gibt immer noch viele Mütter, die – ob subtil oder ganz konkret – ausgebremst werden“, sagt Theresa Brox. Deshalb sind die „Working Moms“ froh über neue Arbeitsmodelle. Beispielsweise könnten sich zwei Mütter eine Stelle teilen oder – wenn es passt – sogar ein Paar aus Mutter und Vater. „Interessant ist auch die Idee von Langzeitkonten, die einige größere Konzerne eingeführt haben“, sagt Theresa Brox. „Da arbeitet man in der Zeit, in der man vielleicht noch keine Familie hat oder nicht so stark belastet ist, mehr als eigentlich erforderlich und spart die Stunden an, um sie dann, wenn die Kinder klein sind, zu nutzen.“ Auch Führung müsse in Teilzeit möglich sein.
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„Jobsharing auch in Führungspositionen ist noch in den Kinderschuhen, das muss jetzt gelebt werden, damit sichtbar wird, dass es tatsächlich funktioniert“, so Hartke. „In vielen Unternehmen gab es in den vergangenen 15 Jahren ein Umdenken, jetzt geht es darum, Neues auch ganz konkret umzusetzen“, so Brox.
Mit Flexibilität in Vollzeit arbeiten – auch als Elternteil
Romana Hartke, die zwei Söhne (fünf und neun) hat, verspricht sich viel von der zunehmenden Flexibilität im Arbeitsalltag: „Nine to five, also geregelte Arbeit zwischen 9 und 17 Uhr, entspricht nicht mehr den Erfordernissen einer modernen Familie, gerade wenn beide Partner beruflich ambitioniert sind“, sagt sie. Flexibilität könne bedeuten, dass man tageweise zu Hause arbeitet oder einen Teil seines täglichen Arbeitspensums abends ableistet, wenn die Kinder im Bett sind – um sie am Nachmittag zum Turnen bringen zu können oder mit ihnen schwimmen zu gehen.
Mit etwas Flexibilität könnten aber auch eine Mutter oder ein Vater zwar in Vollzeit arbeiten, aber die Stunden auf viereinhalb Tage verteilen. Wichtig: Gute Betreuungsangebote für die Kinder, die nicht um 15 Uhr enden.
"Pandemie bringt auch eine Chance mit sich": Homeoffice funktioniert
Viele Unternehmen hätten erkannt, dass berufstätige Mütter eine wertvolle Ressource sind, weil sie unheimlich effektiv arbeiteten, sagt Brox, Mutter einer 14-jährigen Tochter. Aber auch die Politik müsse die Konzepte weiterentwickeln – „hier ist die nächste Bundesregierung gefordert“.
Sicher, die Corona-Zeit habe sicherlich die ein oder andere Frau zurückgeworfen, weil sie neben dem Job auch die Kinder intensiv betreuen musste. „Doch diese Pandemie bringt auch eine Chance mit sich, weil sie gezeigt hat, wie gut das Arbeiten von zu Hause funktioniert“, sagt Hartke. „Wir hoffen, dass diese Möglichkeit weitergetragen wird.“