Hamburg. Der Journalist Marco Krahl fordert mehr Rechte und Rücksicht von Arbeitgeberseite. Auch sich selbst nimmt er in die Kritik.
Wo es „echte Mamas“ gibt, müssen auch „echte Papas“ her. Das dachte sich Marco Krahl, stellvertretender Chefredakteur von „Men’s Health“, der zweimal im Jahr ein Heft namens „Men’s Health Dad“ herausbringt. Schließlich will Mann sich nicht nur mit seinen Sixpacks beschäftigen, sondern kommt irgendwann in das Alter, in dem er eine Familie gründet.
Im weitesten Sinne in Anlehnung an Sara Urbainzsyks Portal „Echte Mamas“, über das das Abendblatt bereits berichtete, veröffentlicht Krahl nun alle zwei Wochen seinen Podcast „Echte Papas“, in dem es um alles geht, was Väter beschäftigt.
Die Rolle von Vätern hat sich verändert
Aber was unterscheidet „echte Papas“ von anderen Vätern? „Vater werden ist nicht schwer, das kann fast jeder. Ein guter Papa zu sein ist manchmal schon schwerer“, sagt Krahl in einer neuen Folge des Abendblatt-Podcasts „Morgens Zirkus, abends Theater“ rund um Kinder und Eltern, Familie und Erziehung. In den vergangenen Jahren hätten sich Rolle und Selbstbild von Vätern geändert, die Corona-Pandemie habe diesen Wandel noch einmal beschleunigt.
„Echte Väter sind solche, die anwesend sind, teilhaben wollen, Verantwortung übernehmen und sich auch abgrenzen von den Rollenmodellen ihrer eigenen Vätereneration“, erklärt Krahl, der „echt“ mit „authentisch“ übersetzt.
Durch Corona haben sich viele Väter engagiert
In manchen Familien habe Corona vielleicht zu einer Re-Traditionalisierung der Rolle der Frau geführt, aber vielerorts hätten sich auch Väter stärker engagiert und seien präsenter geworden. Dabei entsteht die Beziehung zwischen Vater und Kind nicht so selbstverständlich wie die zur Mutter, hat Marco Krahl beobachtet, sondern muss stärker erarbeitet werden.
„Die Frau hat einen biologischen Vorsprung, den kann man kaum aufholen“, sagt er. „Aber: Man kann dafür sorgen, dass der Vorsprung nicht noch größer wird. Deshalb ist es wichtig, dass man von Anfang an dabei ist – schon in der Schwangerschaft.“ Das Wunder, wie Leben entsteht, betrachtet der Mann ein stückweit von außen, wenn er den wachsenden Bauch seiner Partnerin sieht.
Väter sollten sich schon bei Geburt voll einbringen
Krahl rät allen Vätern, die Frau zu Arztterminen zu begleiten und sich spätestens mit der Geburt voll einzubringen. „Man muss aufpassen, nicht die Rollenverteilung der eigenen Eltern zu übernehmen, die uns geprägt hat“, sagt er.
Und die gesetzlichen Regelungen befördern die enge Bindung nicht gerade. Denn während Mütter sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin und acht Wochen nach der Geburt automatisch von der Arbeit freigestellt sind, gibt es ein solches Äquivalent für Väter nicht, auch wenn eine EU-Richtlinie dieses eigentlich vorsehe, erläutert Krahl. Die Papas seien darauf angewiesen, dass ihr Arbeitgeber zustimme, wenn sie rund um die Geburt freinehmen wollten.
Petition zur Freistellung von Vätern
Krahl unterstützt deshalb eine Petition, mit der die Initiatoren unter www.vaterschaftsfreistellung.de eine Freistellung der frischgebackenen Väter für zehn Tage mit Lohnfortzahlung durchsetzen wollen. Die meisten Männer beantragten klassischerweise nur für den 13. und 14. Lebensmonat ihrer Kinder Elternzeit – wenn überhaupt – und übernähmen dann deren Eingewöhnung in der Krippe. „Das ist auch schön, aber dann waren die Mütter mit dem Kind im ersten Lebensjahr überwiegend allein zu Hause.“
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Krahl selbst hat zwei Kinder, 12 und 15 Jahre alt. „Vorher dachte ich: Ich bin ja nicht der Erste, der Vater wird, das fügt sich schon. Aus heutiger Sicht war das blauäugig. Da hätte ich viel fokussierter herangehen können. Mein Vaterbild hat sich erst nach und nach herausgebildet.“ Mit seiner Frau hat er sich in der Corona-Pandemie die Betreuung der Beschulung seiner Kinder zu Hause geteilt.
Elternschaft als Diskriminierungsmerkmal
Wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehe, dann denke man meist an Frauen, so der Journalist. Und tatsächlich funktioniere die Vereinbarkeit für Frauen nur, wenn sich auch die Männer engagierten. Das mache das Leben von Vätern vielleicht anstrengender, sie würden aber belohnt durch eine enge Beziehung zu ihren Kindern.
Doch auch Väter erlebten, dass sie in ihrem Job Nachteile haben können, wenn sie sich stark an der Familienarbeit beteiligen. „Die Teilzeitquote bei Männern liegt bei drei Prozent.“ Wer einen eher konservativen Arbeitgeber habe, stoße nicht eben auf Begeisterung, wenn er ankündige, Elternzeit nehmen zu wollen, so Krahl. Die Initiative #proparents fordert Bundestag und Bundesrat dazu auf, das Diskriminierungsmerkmal Elternschaft in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufzunehmen.
Vater: „Mit meinem Modell war ich ein Exot"
„Weil es genau darum geht“, sagt Krahl: „Dass wir nicht diskriminiert werden sollten aufgrund des Wunsches, in Elternzeit zu gehen, nicht zurückgestuft oder beruflich ausgebremst.“ Als er selbst 2008 ein halbes Jahr mit seiner Tochter in Elternzeit war, bestand diese Möglichkeit noch nicht lange. „Mit meinem Modell war ich da weitgehend ein Exot, es gab wenig Vorbilder. Heute sieht man viele Väter, die einen Kinderwagen durch Hamburg schieben oder das Baby im Tuch am Körper tragen“, sagt Krahl.
„Ich hatte damals kein Problem damit, mit vielen Frauen im Pekip-Kurs zu sitzen, aber es wäre auch schön gewesen, sich mal mit einem Mann auszutauschen.“ So entstand die Idee zum Heft „Dad“. Ist das Vatersein für „echte Papas“ auch ein Liftstyle-Thema? Der Begriff werde oft belächelnd benutzt, sagt Krahl. „Aber eigentlich ist Lifestyle das, was mein Leben bestimmt, und das tun Kinder ja.“