Hamburg. 11.866 Fahrzeuge haben die Beamten der „Kontrollgruppe“ seit ihrer Gründung vor vier Jahren überprüft - eine Erfolgsgeschichte.
Angeber, die ihre aufgemotzten Autos durch Hamburg spazieren fahren, nehmen besser den Fuß vom Gas und die Finger vom Spoiler – es sei denn, sie suchen die Konfrontation mit der Kontrollgruppe Autoposer der Hamburger Polizei. Vier Jahre alt wird die erfolgreiche Einheit im September. Mittlerweile ist sie eine feste Dienststelle.
„Das ist ein Zeichen der Wertschätzung der Arbeit und der Ernsthaftigkeit, mit der die Stadt gegen Lärm durch Fahrzeuge und Verkehrsverstöße vorgeht“, sagt Hauptkommissar Olav Baastrup, Chef der neunköpfigen Einheit. 11.866 Fahrzeuge, Stand Donnerstag, haben die Beamten der „Kontrollgruppe“ seit ihrer Gründung kontrolliert.
Autoposer mussten bisher über drei Millionen Euro zahlen
Fast jeder zehnte Wagen, aber auch einige Motorräder, wurde aus dem Verkehr gezogen und sichergestellt. Die „Poser“ dürfte das über drei Millionen Euro gekostet haben. Denn zwischen 2500 und 3000 Euro, so Baastrup, kostet es, um ein sichergestelltes Fahrzeug wieder für den Straßenverkehr zugelassen zu bekommen.
„Poser“ – hinter diesem Begriff verbirgt sich eine besondere Art Verkehrsteilnehmer: meist junge Männer, die durch Lautstärke und einen rasanten Fahrstil die eigene Präsenz gegenüber jungen Damen oder Rivalen unterstreichen wollen. In so einem Auto zu sitzen, sagt der Hauptkommissar, sei ihr „Lebenselixier“.
Autoposer in Hamburg suchen "Zuschauer"
Das bevorzugte Revier liege rund um die Binnenalster, auf dem Kiez und in der City – im Prinzip überall dort, wo „Zuschauer“ die Straße säumen. Die Fahrzeuge selbst lassen sich in zwei Kategorien einteilen: einmal Autos, oft eher „Familienkutschen“, die durch optisches Gepimpe – gern in Form von Bauteilen und Etiketten berühmter Tuningmarken wie AMG für Mercedes oder M-Linie von BMW – nur vortäuschen, bullige PS-Boliden zu sein. Das ist teils legal, anders sieht es beim Sound aus.
Denn mitunter manipulieren die „Tuner“ die Auspuffe, früher durch plumpes Absägen von schalldämpfenden Elementen, heute durch ausgefeilte Technik. „Mittlerweile werden die elektrischen Klappen an den Auspuffanlagen manipuliert“, sagt Baastrup. Per Handy, das als Fernbedienung dient, können sie so programmiert werden, dass sie bei Eingabe geheimer Tastenkombinationen brüllend laut werden. Kommt die Polizei und insbesondere die „Kontrollgruppe“, wird auf Knopfdruck auf „Werkseinstellung“ umgeschaltet – und der Motor blubbert wieder brav vor sich hin.
Polizei hält "laute" Fahrzeuge an
Bei großen Dieselfahrzeugen wird gern, wenn dem Fahrer das Motorgeräusch nicht passend erscheint, durch sogenannte Soundmodule akustisch ein V8-Motor vorgetäuscht. Auch das lässt sich auf die gleiche Weise wie die Klappen in den Auspuffanlagen per Einstellung regeln. So richtig hilft das nicht. „Wir halten Fahrzeuge an, weil sie durch ihre Lautstärke auffallen“, sagt der Hauptkommissar. „Sind sie plötzlich leise, schauen wir gezielt hin, weil wir natürlich die Kniffe kennen.“ Die Erfolgsquote ist riesig. Nur im unteren einstelligen Bereich liegt die Prozentzahl der Autos, die sichergestellt wurden, aber in Ordnung waren. In dem Fall zahlt dann auch die Stadt die Kosten.
Die zweite Poser-Klasse ist schwieriger: Fahrer zugelassener echter Sportkarossen, die die zugelassene Ausstattung nutzen, um durch ihre Fahrweise Krach zu machen. Im Gegensatz zu Besitzern manipulierter Fahrzeuge, die über den Geldbeutel diszipliniert werden, läuft dieser Ansatz bei den Krachmachern mit legalen Autos ins Leere. Der Grund: Die Strafe beträgt zehn Euro, und kurze Sprints können nicht als illegale Straßenrennen gewertet werden. Allerdings hat sich die Polizei einen Kniff bei ihren Mannheimer Kollegen abgeschaut.
Lesen Sie auch:
- Polizei stoppt Autoposer mit 148 auf der Köhlbrandbrücke
- Autoposer: Mercedes AMG rast mit 100 über Reeperbahn
- Polizei stoppt bewaffneten Dealer in ShareNow-BMW
Kontrollgruppe Autoposer hat neuen Tätertyp auf dem Schirm
„Fällt ein Fahrer innerhalb von fünf Monaten fünfmal auf, erwirken wir eine Unterlassungsverfügung“, sagt Baastrup. Das ist ein gnadenloser Verwaltungsakt, der es dem Autofahrer verbietet, im Straßenverkehr Lärm zu verursachen. Auch beim Verleihen seines Autos hat er dafür zu sorgen, dass mit dem Fahrzeug nicht zu laut gefahren wird. In einem Fall wurde sogar dem Halter verboten, den Wagen seinem Bruder zu überlassen, weil der exakt die gleiche Neigung hatte.
„In zwei Fällen wurden bereits jeweils Bußgelder in Höhe von 3000 Euro verhängt“, sagt Baastrup. In einem Fall meldete der genervte Halter seinen Wagen darauf ab. Damit war Ruhe. Auch einen neuen Tätertyp haben die Beamten der Kontrollgruppe auf dem Schirm: Sachverständige, die es nicht so genau nehmen. „Wir hatten Fälle, bei denen aus dem Verkehr gezogene Fahrzeuge zwei Tage später wieder angehalten wurden und der Fahrer ein Gutachten eines Sachverständigen präsentierte, nach dem das Fahrzeug in Ordnung ist. Gleichzeitig haben wir exakt die gleichen Mängel wie zwei Tage vorher festgestellt“, so Baastrup.
Damit lag der Verdacht eines „Gefälligkeitsgutachtens“ nahe, was eine Strafanzeige gegen den Sachverständigen nach sich zog. Das ist dann nicht mehr Sache der „Kontrollgruppe“, sondern des Dezernats Interne Ermittlung (DIE), das für Beamtendelikte zuständig ist. Denn vereidigte Sachverständige sind wie Amtsträger anzusehen.