Neu Wulmstorf. Sie lassen sich nicht mal von Ketten abhalten: Wie die Gemeinde mit einer Satzung gegen Autoposer und Vandalismus vorgehen will.
Wenige Monate nach der Eröffnung ahnten die Verantwortlichen im Neu Wulmstorfer Rathaus, dass das neue Parkhaus am Bahnhof nicht nur von Pendlern gut angenommen wird. Denn bald schon häuften sich Meldungen über Vandalismus-Schäden, Obdachlose übernachten in den Treppenhäusern, Unbekannte urinierten in die Fahrstuhlschächte.
Rund 60.000 Euro musste Neu Wulmstorf in den vergangenen drei Jahren aufbringen, nur um solche Schäden zu beseitigen. Doch in diesem Corona-Jahr hat das Ausmaß offensichtlich noch einmal stark zugenommen. Man habe ein „neues Level“ erreicht, heißt es in einer Verwaltungsvorlage für die Kommunalpolitik. Wesentlicher Grund: Das Neu Wulmstorfer Parkhaus ist offensichtlich von einer ganz bestimmten und meist von jungen Männern beherrschten Szene entdeckt worden. Von „Driftern“, die abends mit ihren Autos mit angezogener Handbremse und Hinterradantrieb bei quietschenden Reifen durchs Parkhaus Pirouetten drehen.
Im vergangenen Corona-Jahr nahm das Phänomen stark zu
„Die drehen die Motoren voll auf und lassen dort reichlich Gummi“, sagt Andreas Reinhardt, bei der Gemeinde zuständig für die Immobilien. Doch gerade durch den Gummiabrieb würde der Bodenbelag beschädigt. Im vergangenen Corona-Jahr habe dieses Phänomen stark zugenommen. Reinhardt dazu: „Wir haben uns daher gefragt, warum kommen die ausgerechnet zu uns?“ Bei Recherchen habe die Gemeinde dann festgestellt, dass der Ruf des Neu Wulmstorfer Parkhauses in der Drifter-Szene bis weit in den Norden Hamburgs, bis Pinneberg oder Itzehoe reicht. Offensichtlich habe sich herumgesprochen, dass die Lage ideal für solche Leute sei.
Es fehle die soziale Kontrolle, weil am Bahnhof erst neue Wohnhäuser noch gebaut werden. Zudem sei der seit 2018 engagierte Wachdienst nicht 24 Stunden rund um die Uhr im Dienst. Ein Umstand, den auch andere nutzen, gerade jetzt in der eher ruhigen Corona-Zeit. So registrierte die Gemeinde häufiger schon dreiste Bastler, die auf den geschützten Parkdecks an ihren Autos schrauben und dort sogar Ölwechsel vornehmen. Von manchen Autohändlern würden die Flächen zudem einfach als Abstellmöglichkeit genutzt, berichtet Reinhardt.
Fremdnutzer schrecken nicht vor drastischen Eingriffen zurück
Diese Fremdnutzer schrecken offensichtlich auch nicht vor drastischen Eingriffen zurück. So hatte die Gemeinde das obere Parkdeck wegen der derzeit geringen Auslastung mit einer massiven Stahlkette versperrt – die dann aber einfach mit schwerem Gerät durchtrennt wurde. Der Höhepunkt der illegalen Nutzungen wurde zu Ostern erreicht. Da hatten Unbekannte auf dem oberen Parkdeck sogar ein Feuer entfacht und dabei die Fahrbahnflächen erheblich beschädigt. Zwar habe die Gemeinde in diesem Fall Strafanzeige erstattet, durch viele missbräuchliche Nutzungen seien nicht immer strafrechtlich zu fassen. „Das ist ja ein öffentliches Gebäude“, so Reinhardt.
Die Gemeinde hat daher jetzt eine neue Verordnung auf den Weg gebracht, wonach dort nur das Parken in Zusammenhang mit der Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs erlaubt ist. Als Nachweis gilt ein gültiger Fahrschein. Wenn nun dagegen verstoßen wird, könne die Polizei eher tätig werden, erklärt Reinhardt. Die Gemeinde werde künftig im Parkhaus auch Bußgelder erheben, wenn beispielsweise wieder Drifter dort ihre Runden drehen, was nun offiziell untersagt ist.
Ähnliche Probleme wie im Parkhaus Neu Wulmstorf
Ähnliche Probleme wie im Parkhaus Neu Wulmstorf registrierte die Hamburger P&R-Betriebsgesellschaft vor einiger Zeit im benachbarten Parkhaus am S-Bahnhof in Neugraben. Auch dort sei die Auslastung derzeit um ein Drittel geringer als in der Vor-Corona-Zeit, so eine Sprecherin. Aber eine Zunahme von problematischen Nutzungen habe man nicht feststellen können. Was nicht verwundert, weil dort die Kontrollen in jüngerer Zeit verschärft worden sind. Tagsüber werde eigenes Personal eingesetzt, zudem gebe es regelmäßig Streifengänge der Hamburger Hochbahnwache. Das Parkhaus wird rund um die Uhr mit einer Videokamera überwacht. Mit fest installierten Lautsprechern könne man im Falle einer missbräuchlichen Nutzung die Leute dort nachts „direkt ansprechen“, so die Sprecherin.
Diese Möglichkeit hat Neu Wulmstorf nicht, wie Verwaltungs-Mitarbeiter Reinhardt sagt. Für eine Betriebsgesellschaft als Unternehmen sei eine Videoüberwachung rechtlich möglich, für eine Gemeinde als Betreiberin aber nicht, weil der Datenschutz dann strenger gefasst ist. Bleibt also nur das Bußgeld, das bis zu 5000 Euro betragen kann – was dann für Drifter zu einer recht teuren Runde im Parkhaus werden könnte.