Hamburg. Die Seemannsmission in Hamburg betreut nun die Besatzung von in Hamburg liegenden Schiffen an einem besonderen Ort in der HafenCity.
Der Wind pfeift am Montagvormittag durch die Häuserreihen am Hafen, vorbei an der Universität bis hin zum Cruise Center Baakenhöft. Die Hanseatic Nature, ein Schiff der Reederei Hapag Lloyd, liegt dort zu Anker. Die Besatzung hat in den Morgenstunden die Urlauber verabschiedet, schruppt über Tag die Kabinen für die nächste Kreuzfahrt am Abend – und hofft auf ein wenig Freizeit für einen Abstecher zum nagelneuen Zirkuswagen auf dem Parkplatz neben der Check-in-Zone.
„Seafarers’ Lounge“ steht in großen Lettern auf den Längsseiten des Wagens. Er steht an der Kaikante mit Blick auf die große Baustelle in der Hafencity. Eine kleine Treppe führt hoch in den Innenraum. Die marineblauen Fensterläden stehen offen, geben die Sicht auf die Möbel frei. Dort steht eine Sitzbank. Darauf liegen graue Polster. Gegenüber reiht sich Regal an Regel, bis unter die Decke. In den Fächern stehen Kokoswasser, Krabbenchips und Vitaminbrausetabletten. Auch Hygieneartikel reihen sich auf den Regalen, etwa Lotion, Zahnpasta und Haargel.
Premiere des neuen Zirkuswagens für Kreuzfahrtschiffs-Crews
Der evangelische Seemannsdiakon Olaf Schröder (49) hat dabei geholfen, den Wagen zu bestücken. Er arbeitet als Seelsorger und kommissarischer Leiter der Hamburger Seemannsmission Seafarers’ Lounge Hamburg. Er sitzt allein auf der kleinen Treppe vor dem Wagen, wartet auf die ersten Gäste: die Crew der Hanseatic Nature. „Das ist hier heute eine Premiere. Wir feiern den Umzug der Lounge in den neuen Zirkuswagen“, sagt der Seemannsdiakon.
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Die Crewmitglieder der Kreuzfahrtschiffe dürfen am Dienstag erstmals den holzvertäfelten Wagen betreten. Doch bleibt der große Ansturm am Mittag noch aus. Zum einen müsse sich das Lounge-Angebot erst noch herumsprechen. Der Seemannsdiakon hofft, dass die Seeleute die Lounge schnell entdecken. Zum anderen brauche es Zeit, weil das Kreuzfahrtgeschäft Corona-bedingt erst wieder anlaufen müsse. Schröder zufolge legen im August etwa zehn Kreuzfahrtschiffe am Terminal an.
Ein Ort der Auszeit direkt am Kreuzfahrtterminal
Der Seemannsdiakon sagt: „Hier versuchen wir, der Besatzung auf kurzem Weg, die Dinge des persönlichen Bedarfs zu ermöglichen.“ Das fange bei Snacks an, ginge über Post- und Paketdienste bis hin zu Überweisungen in die Heimat. Für einen Ausflug in die Stadt sei oft keine Zeit, da die Schiffe nur wenige Stunden am Terminal lägen. Dann stünde bereits die nächste Fahrt an – so wie an diesem Tag: Am Abend legt die Crew in Richtung Norwegen ab.
Der Wagen diene einem weiteren Zweck. Er soll den Crewmitgliedern als Ruheort dienen. Denn: „Egal wo und wann – stets sind für die Passagiere Menschen da, die durch die Arbeit an Bord belastet sind, durch Übermüdung, Heimweh wenig Privatheit. In der Lounge finden sie eine Auszeit.“ Die Optik des 20 Quadratmeter großen Wagens folgt diesem Zweck. Seine Holzvertäfelung diene als Gegenpol zu den Kreuzfahrtriesen aus Metall, Stahl und Kunststoff. „Wenn man reinkommt, denkt man, das ist ein ganz klarer Gegensatz zu dem, was an Bord ist“, sagt Schröder.
Bereits drei „Seafarers’ Lounges“ in Hamburg
So ein Ort der Entspannung oder auch ein Ort für die Dinge des persönlichen Lebens steht Seeleuten in Hamburg an drei Orten zur Verfügung – an den Terminals in Altona, Steinwerder und am Baakenhöft, zuvor Burchardkai. Diese Dependance hatte die Seemannsmission aufgeben müssen. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren die alten Standorte nach Angaben der Seemannsmission von rund 30.000 Seeleute besucht worden.
Den neuesten Standort mag Schröder dennoch am liebsten. „Das besondere an ihm ist sicherlich die Lage, wir haben einen wunderschönen Blick auf die Elbe, das haben wir so an anderen Standorten nicht.“
Zirkuswagen-Lounge bleibt bis mindestens 2023 stehen
Am Cruise Center Baakenhöft bleibt die Zirkuswagen-Lounge nun bis mindestens 2023 stehen. Dann soll der Seemannsmission ein Raum im neuen Terminal in der HafenCity zugeteilt werden. Am geplanten Ort soll ein Einkaufszentrum entstehen, in dem auch eine „Seafearers’ Lounge“ eingeplant sei.
Den jetzigen Standort würde Schröder allerdings gerne behalten und hofft auf zehn weitere Jahre am Baakenhöft, in denen Crewmitglieder den Wagen nutzen können. Da er auf Rädern stehe, könne er auch an einen anderen Ort gebracht werden. Immerhin sei der Wagen eigens für die Seemannsmission gebaut worden. Die Kosten hatte die International Transport Workers’ Federation (ITF) übernommen. Ihre Spende belief sich auf eine Summe von 56.000 Euro.
Schröder bittet um weitere Spenden
Schröder bittet um weitere Spenden für ein fest installiertes Wlan. Für eine Internetverbindung im und um den Zirkuswagen sei zwar bereits gesorgt, doch könnten sich nicht mehr als zehn Crewmitglieder gleichzeitig anmelden. „Das ist zu wenig“, sagt Schröder. Die Besatzung von Kreuzfahrtschiffen sei oft dreistellig. Ein Beispiel: Die Hanseatic Nature wird nach eigenen Angaben von einer etwa 120-köpfigen Besatzung betrieben. Alle Crewmitglieder sollen die Möglichkeit haben, mit der Familie per Videotelefonie zu sprechen. Auf hoher See sei das im Zweifel nicht möglich, weshalb die Internetanbindung an Land zum Wohlfühlfaktor der Crew beitrage.
Die „Seafarers’ Lounges“ sind ein Gemeinschaftsprojekt der Seemannsmissionen Altona, Harburg und Hamburg. Der erste Standort eröffnete erstmals 2010 im Cruise Center HafenCity. Träger ist die Deutsche Seemannsmission. Nach eigenen Angaben engagieren sich neben drei festen Mitarbeiten auch etwa 30 ehrenamtlich Arbeitende. Die Finanzierung erfolgt über die Seemannsmission, die freiwillige Schiffsabgabe der Reeder, Spendengelder sowie Fördermittel der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation.