Hamburg. Dirk Schumaier spricht über den Pandemie-Alltag, Perspektiven für den Herbst – und er gibt Eltern einen Tipp.

Als die Freibäder in diesem Frühjahr sommerfit gemacht wurden, war noch ungewiss, ob der große Aufwand vielleicht vergeblich sein würde. Schließlich konnte damals noch niemand absehen, wie sich die Inzidenz-Zahlen weiter entwickeln würden und ob eine Öffnung überhaupt möglich sein würde. Ende Mai war es dann soweit: Die ersten Freibäder konnten öffnen. Es folgten die Hallenbäder, schließlich durften auch Saunen und Thermen öffnen.

Von einem Normalbetrieb sind die Standorte dennoch noch weit entfernt. Und auch mit Blick auf den Herbst gibt es noch viele Fragezeichen. Das Abendblatt traf Bäderland-Chef Dirk Schumaier zum Interview auf dem Außengelände des Kaifu-Bades und sprach mit ihm über die Herausforderungen des zweiten Corona-Sommers, die Perspektiven für den Herbst und über die Bedeutung des Schwimmenlernens.

Hamburger Abendblatt: Gewagte Sprünge vom Zehnmeterbrett, eifrige Bahnenzieher, planschende Kinder: ein ganz normaler Freibadtag – könnte man meinen. Läuft der zweite Corona-Sommer schon routinierter ab als der erste?

Dirk Schumaier: Natürlich konnten wir von den Erfahrungen aus der vergangenen Saison profitieren. Aber entspannter läuft es in diesem Jahr deswegen nicht. Zum einen nicht, weil es immer noch Zugangsbeschränkungen und deswegen Zeittickets gibt. Und zum anderen nicht, weil unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Jahr nicht nur die QR-Codes der Tickets einscannen oder eben an der Kasse verkaufen müssen, sondern auch Impfpässe, Impfzertifikate, Genesenenbelege und Testergebnisse checken mussten. Dabei haben sich die Regeln zum Teil alle paar Tage geändert. Das war schon herausfordernd und befördert natürlich nicht gerade einen raschen Einlass.

Aber immerhin: Die Testpflicht für Freibadbesucher ist ja inzwischen aufgehoben.

Schumaier: Ja, das ist ein großer Fortschritt. Am Anfang mussten Badegäste einen Testbeleg vorweisen, der nicht älter sein durfte als zwölf Stunden. Das hat insbesondere bei den morgendlichen Gästen für Ärger gesorgt. Inzwischen gibt es die Test- beziehungsweise Nachweispflicht nur noch im Hallenbad und inzwischen sind Tests 48 beziehungsweise 72 Stunden gültig.

Bäderland war in den Sozialen Medien – insbesondere Facebook und Instagram – sehr aktiv, um die etlichen Fragen der Badegäste zu Regelungen, Abläufen und standortspezifischen Besonderheiten zu beantworten. Auch das Service-Telefon war sehr stark frequentiert. Dabei war der Ton einiger Nutzer nicht unbedingt immer freundlich…

Schumaier: Ja, das war eine intensive Erfahrung. Man hat gespürt, dass viele Menschen unsicher werden, wenn die Dinge plötzlich anders laufen, als sie es kennen. Also etwa, wenn sie nicht mehr zu ihrer gewohnten Zeit ins Hallenbad können. Manche sind richtig wütend geworden und haben uns Vorwürfe gemacht, ohne die Hintergründe für bestimmte Entscheidungen zu kennen. Wir haben immer noch wirklich viel damit zu tun, das aufzufangen. Interessant dabei: Positive Nachrichten schlagen sich online langsamer durch. Es hat zum Beispiel zwei Monate gedauert, bis zum ersten Mal thematisiert wurde, dass wir die Eintrittspreise für Kinder unter zwölf Jahren halbiert haben.

Viele Kinder haben wegen Corona noch kein Schwimmen gelernt. Nun werden die Hallenbäder mit Priorität für Schwimmkurse genutzt, insbesondere jetzt in den Sommerferien. Wie ist da der aktuelle Stand?

Schumaier: Klar ist, dass die Sommerferien allein nicht reichen werden, um einem ganzen Jahrgang das Schwimmen beizubringen. Wir gehen davon aus, dass es noch weit bis ins kommende Jahr hinein dauern wird, bis der Stau abgebaut ist. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Eltern schon vor einem Schwimmkurs einfach zum Planschen mit ihren Kindern in ein Bad kommen sollten, damit sich die Kleinen ans Wasser gewöhnen. Wenn das nicht stattfindet, erschwert das häufig den Einstieg in einen Seepferdchenkurs, weil die Angst der Kinder vor dem Wasser einfach zu groß ist. Unsere Kinderbereiche sind für diese ersten Erfahrungen im Wasser dafür gut geeignet und geöffnet.

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  • Die Hallenbäder werden also weiterhin zu einem großen Teil für das Schwimmenlernen bereitgehalten?

    Schumaier: Erst einmal schon. Aber die große Summe an Kursen, die wir derzeit anbieten, werden wir nicht dauerhaft aufrecht erhalten können. Insbesondere, wenn im Herbst die Freibäder wieder schließen, möchten ja auch Erwachsene wieder in die Hallenbäder. Vor allem auch älteren Menschen, die lange auf regelmäßige Bewegung und Sport im warmen Wasser verzichtet haben, wollen wir spätestens dann wieder ein Angebot machen. Alles gleichzeitig geht eben leider noch nicht, da wir die Zahl der Gäste noch immer beschränken müssen und auch nicht unbegrenzt Kapazitäten zur Verfügung haben.

    Im vergangenen Jahr wurde befürchtet, dass für viele Senioren die Hürden mit QR-Code und Onlineticket zu groß sind und sie deswegen nicht mehr zum Schwimmen kommen. Hat sich das bewahrheitet?

    Schumaier: Nein, sehen wir ja auch gerade hier im Kaifu-Bad. Das Klischeebild, das viele von Senioren im Kopf haben, stimmt einfach nicht mehr mit der Realität überein. Heute gibt es durchaus viele über 80-Jährige, die ohne Probleme im Internet klarkommen. Und bei dem Teil, der Hilfe braucht: Zum einen gibt es immer noch die Möglichkeit, vor Ort mit Bargeld ein Ticket zu kaufen, wobei es wegen der Corona-Auflagen dabei momentan keine Garantie gibt, dass es noch freie Plätze gibt – das gilt online übrigens genauso: wenn ausverkauft ist, dann ist auch online ausverkauft. Zum anderen war und ist es immer möglich gewesen, dass das Ticket auch jemand anderes kaufen und ausdrucken kann oder die Buchungsnummer telefonisch weitergibt, sie händisch notiert wird und wir das dann in unserer Kasse eintippen.

    Langsam steigen die Zahlen wieder, der Anteil der Delta-Variante wächst. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Geimpften jeden Tag zu. Rechnen Sie damit, dass die Bäder in Herbst und Winter geöffnet bleiben können?

    Schumaier: Wir haben definitiv die Hoffnung, dass es weiter in Richtung Normalbetrieb geht. Aus unserer Sicht sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass man einen Regelbetrieb verantworten kann. Insbesondere auch, weil von Schwimmbädern keine Gefahr ausgeht. Man schwimmt ja in gechlortem Wasser und damit salopp gesagt in Desinfektionsmittel. Da überleben weder Viren noch Bakterien. Das ist im Übrigen immer so, sonst dürften wir gar keine Bäder betreiben.

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    Draußen mögen Sie recht haben. Aber wie sieht es im Hallenbad, in Thermen und Saunen aus?

    Schumaier: Auch hier ist es ungefährlich. Das Wasser ist ja ebenfalls gechlort und unsere Lüftungstechnik ist enorm effizient: Untersuchungen haben längst belegt, dass die Luftaustauschrate im Hallenbad deutlich besser ist als in einem Klassenzimmer, in dem alle 20 Minuten gelüftet wird. Und bei den hohen Temperaturen in der Sauna können Viren und Bakterien auch nicht überleben. Das war auch vor Corona schon bekannt. Nach ein eineinhalb Jahren Pandemie ist jedenfalls deutschlandweit kein Fall von jemandem bekannt, der sich in einem Schwimmbad angesteckt hat. Und das wundert mich auch nicht. Dennoch glaube ich, dass es noch Jahre dauern wird, bis wir in den Bädern wieder eine Auslastung wie vor Corona haben werden.

    Wieso?

    Schumaier: Die Pandemie hat etwas mit den Menschen gemacht. Wir sind es nicht mehr gewöhnt, uns in großen Gruppen aufzuhalten. Vielen ist unwohl dabei. Neulich, an einem sehr heißen Tag, beschwerte sich eine Frau darüber, wie voll es im Kaifu-Bad gewesen sei. Was man dabei im Kopf haben muss: Im Moment dürfen sich auf dem Außengelände maximal 730 Menschen zur Zeit aufhalten und damit in Tagessumme circa 2000. Vor Corona waren es an Spitzentagen bis zu 10.000 Gäste am Tag.