Hamburg. Bis zu den Herbstferien sollen fast alle Unterrichtsräume ausgestattet sein. Kosten: 20 bis 30 Millionen Euro. Es gibt auch Kritik.

Dass der Senat nach langem Zögern die Schulen nun doch mit Luftfiltern ausstatten will, haben die Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter als Erste erfahren. Dort meldete sich Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bereits am Mittwoch zu Wort, nachdem die Bundesregierung entschieden hatte, ihr Förderprogramm auch auf mobile Anlagen auszudehnen und mit zusätzlich 200 Millionen Euro auszustatten.

„Das ist ein hilfreicher Beschluss des Bundes! Es bedeutet voraussichtlich 5,2 Millionen Euro für Hamburg. Die Schulbehörde kümmert sich… mit Unterstützung von Schulbau Hamburg… um die Umsetzung“, twitterte Dressel.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Luftfilter in Schulen für 20 bis 30 Millionen

An diesem Donnerstag „unterfütterte“ Schulsenator Ties Rabe (SPD) die forsche Ankündigung seines Senatskollegen mit konkreten Zahlen. Danach startet die Schulbehörde die Ausschreibung für die Anschaffung von rund 10.000 Luftfiltergeräten, mit denen die entsprechende Zahl von Klassen-, Fach- und Unterrichtsräumen an den staatlichen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen spätestens bis zum Beginn der Herbstferien ausgestattet werden soll. Weitere 2000 der insgesamt 12.000 Unterrichtsräume gelten als ausreichend geschützt, unter anderem weil die Schulen über Klimaanlagen verfügen.

Die Kosten werden sich voraussichtlich auf 20 bis 30 Millionen Euro belaufen, von denen der Bund rund fünf Millionen Euro übernimmt. In dem Ausschreibungsverfahren sollen bevorzugt Unternehmen den Zuschlag erhalten, die das „beste Preis-Leistungspaket bieten und zusätzlich schnell liefern können“, wie die Schulbehörde mitteilte.

Luftfilter für Hamburg, aber Rabe meckert

Rabe verband die Ankündigung mit einer deutlichen Kritik am Bund und der Wissenschaft. „Leider drücken sich Bundesregierung und Experten immer noch vor einer klaren Aussage, ob solche Geräte zusätzlich zu der weiterhin bestehenden Test-, Masken- und Lüftungspflicht an den Schulen wirklich nötig sind“, sagte Rabe, der dem Einsatz von Filteranlagen stets skeptisch gegenüberstand. Auch Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) hat betont, Luftfilter könnten allenfalls eine Ergänzung zu den übrigen Hygienemaßnahmen sein.

Zuletzt hatte sich jedoch der öffentliche Druck erhöht, nachdem Eltern und Lehrer, aber auch die Opposition von CDU und Linken verstärkt den Einsatz der Filtergeräte gefordert hatten. „Um aber das Risiko erneuter Schulschließungen in jedem Fall auszuschließen, starten wir jetzt das sicherlich umfangreichste Beschaffungsprogramm aller Bundesländer“, begründete Rabe seinen Kurswechsel am Donnerstag.

Bald auch in Hamburg: Ein mobiler Luftfilter steht in einem Klassenraum an einer bayerischen Grundschule.
Bald auch in Hamburg: Ein mobiler Luftfilter steht in einem Klassenraum an einer bayerischen Grundschule. © dpa | Sven Hoppe

Luftfilter in Hamburgs Schulen: Kritik an Rabe

Für Birgit Stöver, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, kommt Rabes Einsicht „reichlich spät“. Seit Monaten werde über Luftreinigungsgeräte an Schulen diskutiert. „Der rot-grüne Senat sah anders als viele andere Bundesländer bislang keine Notwendigkeit für eine Anschaffung. Hamburg muss jetzt auf einem sehr angespannten Markt flächendeckend Luftfilter anschaffen und zu den Bundesmitteln noch ausreichend Landesmittel hinzugeben“, sagte Stöver.

Der Hinweis, dass regelmäßiges Stoßlüften ausreiche und dieses das Mittel der Wahl sei, sei nicht mehr Stand der Technik und reiche vor allem Eltern und Schulen nicht aus. „Der Senat hat geschlafen und die Zeit für eine optimale Vorbereitung des Schulstarts nach den Sommerferien erneut nicht genutzt“, sagte die CDU-Politikerin. „Eins ist sicher, Rabe hat in der Corona-Krise immer auf das falsche Pferd gesetzt und musste von uns zum Jagen getragen werden“, sagte Stöver.

„Bisher fehlte dem Schulsenator sowohl die Leidenschaft als auch der politische Wille, wirklich alles für einen umfassenden Schutz der Schülerinnen und Schüler vor der Corona-Delta-Variante zu unternehmen. Dabei wissen wir: Viel hilft viel, und Lüften allein ist ganz sicher nicht das beste Mittel der Wahl“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Das elende Wegducken des Senats und vor allem des Schulsenators muss endlich ein Ende haben.“

Lesen Sie auch:

Die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein wies darauf hin, dass sie schon im vergangenen Jahr Rabe gefragt habe, „warum Hamburg nicht beginnt, den offenbar besten Corona-Virenschutz für Schüler und Lehrer in Klassenräume einzubauen, den es gibt: Luftreinigungsgeräte.“ Verweise auf das „überkommene Lüften“ sei die unbefriedigenden Antwort gewesen.

Rabe über Luftfilter: „unsinnigen Fördervorgaben“

Aus Rabes Sicht zeigt sich die Uneinigkeit der beteiligten Bundesministerien und des Kanzleramtes auch in der Widersprüchlichkeit der Kriterien für die finanzielle Unterstützung des Bundes. „Während das erste Förderprogramm überhaupt keine mobilen Raumluftfilter finanzierte, fördert das jetzt präsentierte zweite Programm mobile Luftfilter nur in solchen Klassenräumen, in denen sich die Fenster nicht öffnen lassen“, sagte der Senator.

Das würde laut Rabe bedeuten, dass es für mehr als 90 Prozent der Hamburger Klassenräume kein Geld vom Bund gäbe. „Die unsinnigen Fördervorgaben müssen dringend angepasst werden“, sagte Rabe. Im vergangenen Jahr standen den Schulen bereits fünf Millionen zur Verbesserung der Lüftung zur Verfügung.