Hamburg/Bonn. Hamburg und Bonn forschen jetzt gemeinsam. Daher wird ein neuer Ausstellungsort in der Hansestadt gesucht.
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem Hamburger Naturkundemuseum ist erreicht: Am gestrigen Donnerstag trat der Staatsvertrag mit Nordrhein-Westfalen in Kraft. Damit hat das zukünftige Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) mit den Standorten Bonn und Hamburg offiziell seinen Betrieb aufgenommen.
Durch die Zusammenlegung der Sammlungen des Centrums für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg und der Stiftung „Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere“ (ZFMK) in Bonn wird das LIB über 15 Millionen Objekte verfügen, die aus den Bereichen der Zoologie, Geologie-Paläontologie und Mineralogie stammen und über Jahrhunderte in allen Teilen der Erde gesammelt wurden.
Neues Kapitel für Naturkunde am Wissenschaftsstandort Hamburg
Laut Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) beginnt mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags ein neues Kapitel für Naturkunde am Wissenschaftsstandort Hamburg. „Die Idee des LIB ist zukunftsweisend, um wissenschaftliche Forschung und Wissensvermittlung miteinander zu verzahnen“, sagt sie.
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„Für Hamburg eröffnen sich hiermit neue Möglichkeiten, um die Biodiversitäts- und Evolutionsforschung am Standort weiter zu stärken.“ Um die Forschungsthemen und -erkenntnisse mit der Öffentlichkeit teilen und mit aktuellen Themen wie dem Klimawandel oder der Infektionsforschung vernetzen zu können, sollen Ausstellungen, Forschung und Sammlung unter einem Dach vereint werden – in einem Naturkundemuseum, das die Stadt nun plane.
Wissenschaftsbehörde: Standortfrage müsse behördenübergreifend beraten werden
Die Standortfrage sei offen und müsse behördenübergreifend beraten werden, heißt es in der Wissenschaftsbehörde. Da nicht ausdrücklich von einem Neubau die Rede ist, ist denkbar, dass auch die leer stehenden Häuser von Kaufhof und Karstadt Sports an der Mönckebergstraße in den Fokus rücken. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing hatte Ende 2020 im Abendblatt angekündigt, auch diesen Standort zu prüfen, und ihn „historisch passend“ genannt, da das alte Naturkundemuseum vor dem Zweiten Weltkrieg am Steintorwall am heutigen Saturn-Standort und damit ganz in der Nähe beheimatet war.
Kernaufgabe des LIB wird es sein, standortübergreifend den Biodiversitätswandel zu erforschen, zu analysieren und zu dokumentieren – also wie sich die Zusammensetzung der Ökosysteme verändert und wie bedroht die Artenvielfalt weltweit ist – und gleichzeitig Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um ein weiteres Artensterben zu verhindern.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung der Arten
Ihre Erkenntnisse werden sie entsprechend der Philosophie der Leibniz-Forschungsmuseen in Ausstellungen, Veranstaltungen und weiteren Bildungsformaten der Öffentlichkeit präsentieren. So sollen Besucher die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung der Arten besser verstehen und den konkreten Einfluss des Menschen auf die Erde, den Klimawandel und deren Lebewesen begreifen.
„Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels wird dazu beitragen, Antworten auf drängende Fragen zum Beispiel nach den Ursachen des Insektensterbens und den Auswirkungen des Klimawandels zu geben“, sagte Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur- und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. „Ich bin sehr gespannt auf die Forschungsergebnisse.“
Bis 2027 sollen rund 90 neue Stellen geschaffen werden
Derzeit arbeiten an den beiden Standorten insgesamt mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bis 2027 sollen rund 90 neue Stellen geschaffen werden, die meisten davon am Standort Hamburg. Dafür stellen Bund und Länder jährlich jeweils zur Hälfte 8,8 Millionen Euro zusätzlich bereit. Hamburg gibt für museale Aufgaben rund drei Millionen Euro pro Jahr.
Die beiden Länder hatten im September 2018 beantragt, das ZFMK in Bonn, das als Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere bereits langjähriges Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft war, um das CeNak in Hamburg zu erweitern – zu einem neuen Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. Das wurde sowohl von der Leibniz-Gemeinschaft begrüßt, die sich 2019 für die Realisierung der Zusammenführung der Bonner und Hamburger Forschungsstandorte ausgesprochen hatte, als auch vom Wissenschaftsrat, der in der Vergangenheit mehrfach auf die „völlig unzureichende“ Unterbringen der zoologischen Sammlungen Hamburgs hingewiesen und sogar Schäden befürchtet hatte.