Hamburg. Wintershall Dea, ein Konzern mit NS-Vergangenheit, will ins selbe Gebäude wie ein Gedenkort ziehen – Opferverbände sind empört.

Der Konflikt um das geplante Dokumentationszentrum Hannoverscher Bahnhof in einem Neubauprojekt am Lohsepark in der HafenCity eskaliert. Nach dem Auschwitz-Komitee, der Rom und Cinti Union sowie dem Landesverein der Sinti sind nun auch die Jüdische Gemeinde Hamburg und die Liberale Jüdische Gemeinde aus Protest gegen den künftigen Hauptmieter, den Öl- und Gasproduzenten Wintershall Dea, aus dem laufenden Mediationsverfahren ausgestiegen.

Das Verfahren zwischen der Stadt und dem Bauherrn, der Müller-Streer AG, unter dem Vorsitz von Verfassungsgerichtspräsidentin Birgit Voßkühler steht vor dem Aus.

Esther Bejarano: "Kein Gedenkort unter einem Dach mit Wintershall Dea!"

Darum geht es: Der 2017 zwischen der Stadt und dem Bauherrn geschlossene Dauernutzungsvertrag sieht vor, dass im Erdgeschoss des Bürogebäudes mit einer Gesamtfläche von 20.000 Quadratmetern ein Dokumentationszentrum entstehen soll, das an die Verschleppung von Juden, Sinti und Roma sowie weiterer politisch Verfolgter erinnern soll. Viele der Opfer des Nationalsozialismus wurden über den einst in unmittelbarer Nähe liegenden Hannoverschen Bahnhof in Konzentrationslager deportiert.

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Im Januar wurde bekannt, dass die Wintershall Dea mit ihrer Zentrale in den Bürokomplex am Lohsepark ziehen soll. Das Unternehmen war Teil der Aufrüstungs- und Kriegsführungspolitik des NS-Regimes und beteiligte sich an der Ausplünderung der okkupierten Staaten. „Die Firma Wintershall ist nicht geeignet für eine Hausgemeinschaft mit uns. Kein Gedenkort unter einem Dach mit einem Konzern mit dieser NS-Vergangenheit!“, sagt Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees.

Widerspruchsrecht der Opferverbände wurde aus Vertrag gestrichen

Der Nutzungsvertrag sieht vor, dass in dem Haus keine Nutzung zugelassen werden darf, die „im Konflikt mit dem Zweck des Dokumentationszentrums... steht oder der Ausstrahlung eines Gedenkorts abträglich ist“.

Besonders empört hat die Opferverbände, dass ein zunächst für sie vorgesehenes Widerspruchsrecht in dem Vertragstext letztlich gestrichen wurde. Mediatorin Voßkühler will noch nicht aufgeben. „Ich finde es richtig, weiter im Gespräch zu bleiben“, sagt die Top-Juristin.