Hamburg. Ein Künstler, der sich „Framespotting“ nennt, hängt seine Fotos an Häuserwände und besondere Orte. Wer sie findet, darf sie mitnehmen.

Was im Juni 2019 seinen Ursprung als spontane Kunst-Aktion nahm, trifft gerade in der heutigen Zeit einen Nerv: Der anonyme Künstler ­„Framespotting“ hängt gerahmte Fotografien in der Stadt auf und wer sie findet, darf die Kunstwerke behalten. „Jetzt wo die Menschen so mit sich selbst und der Situation zu kämpfen haben, kann ich dadurch ein wenig Freude in den Alltag bringen“, erklärt er den Gedanken, der dahintersteckt.

Die Bandbreite seiner Werke reicht von Landschafts- und Architektur-Fotos, die auf den vielen beruflichen Reisen des Künstlers entstanden sind, bis hin zu klassischen Motiven aus Hamburg. Ursprünglich wollte er seine Bilder in einer Galerie ausstellen, doch als das nicht funktionierte, entschloss er sich kurzerhand, einfach die Straßen Hamburgs zu seiner Galerie zu machen.

Fotografien in Hamburg: Bitte per Instagram melden

Das Erkennungsmerkmal seiner Kunst sind die gerahmten Ecken der Bilder und der kleine anhängende Zettel mit der Information, dass der Finder das Bild behalten kann, aber sich doch bitte per Instagram melden möge. So entstand auch der Künstlername, der wörtlich übersetzt „Rahmen entdecken“ heißt. Er bleibt lieber anonym, weil es ihm wichtig ist, dass „Framespotting“ nicht an eine Persönlichkeit geknüpft wird, sondern als unabhängige Aktion für sich stehen zu lassen.

In den mittlerweile zwei Jahren, die die Aktion schon andauert, hat der Künstler aus Eimsbüttel schon mehr als 250 Bilder ausgehängt. Doch wer ein Werk ergattern möchte, muss schnell sein, denn die Kunstwerke haben meist schon nach kurzer Zeit ein neues Zuhause gefunden. Hinweise zum Fund- oder Aufstellungsort gibt es auf dem Instagram-Kanal des Künstlers (@Framespotting_HH).

„Framespotting“ macht Spaziergänge in Hamburg

Zur Wahl der Orte erläutert der Künstler, der als „Framespotting“ bekannt ist, dass er wie so viele in der Corona-Zeit gern ausgedehnte Spaziergänge macht und er dann an die Orte, die ihm ins Auge fallen, zurückkehrt, um seine Kunst aufzuhängen. Dabei hilft ihm seine „kleine Komplizin“, die mittlerweile auch ihre eigenen Werke in der Stadt aufhängt. Dies geschieht immer mit größter Sorgsamkeit, damit die Wand darunter nicht beschädigt wird – auch wenn das Bild später abgenommen wird.

Die Bilder, hier eines seiner „kleinen Komplizin“, sind an bunten Rahmen zu erkennen.
Die Bilder, hier eines seiner „kleinen Komplizin“, sind an bunten Rahmen zu erkennen. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Insgesamt gestaltet sich das Verfahren recht aufwendig, da die Rahmen aus alten Holzdielen gearbeitet werden und auch das Glas sowie das Passepartout aus hochwertigem Material gefertigt sind. „Framespotting“ erklärt: „Es war mir wichtig, dafür nicht einfach etwas ‚von der Stange‘ zu nehmen, sondern etwas Besonderes. Außerdem soll es ja auch so gefertigt sein, dass es sich jeder zu Hause aufhängen würde.“

„Manchmal kriege ich echt Gänsehaut"

Doch für die Resonanz würde sich der Aufwand lohnen, findet er. „Ich freue mich total, wenn ich das Feedback erhalte, dass jemand ein Bild entdeckt hat. Manchmal kriege ich echt Gänsehaut, denn teilweise sind die Nachrichten echt emotional. Für manche Finder ist das Bild auch ein besonderes Zeichen in ihrem Leben. Bei anderen Entdeckern habe ich das Gefühl, dass das Werk die richtigen Leute gefunden hat und nicht andersherum.“ Er hofft, dass diejenigen, die er mit seiner Kunst erreicht, dadurch lernen, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen.

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Es melden sich zudem viele Leute, die sich dadurch inspiriert fühlen und anderen Menschen auch eine Freude machen wollen – „somit könnte ja ein schöner Kreislauf entstehen, wenn jeder einem anderen einen Glücksmoment beschert“, so äußert sich der Künstler. Genau das entspricht auch seiner Intention: Die Menschen sollen verstärkt aufeinander achten und lernen, sich über die kleinen Dinge zu freuen.

Fotografien in Hamburg können nicht gekauft werden

Aufgrund des hohen künstlerischen Niveaus seiner Fotografien fragen ihn auch einige Begeisterte, ob er die Werke verkaufen würde, doch die kleinen Bilder – so wie er sie aufhängt – sind unverkäuflich. Allerdings zieht er in Erwägung, in naher Zukunft größere Drucke in limitierter Auflage zu verkaufen. Doch hauptsächlich will er erst einmal so weitermachen wie bisher, denn wenn er nur einer einzigen Person im Alltag eine Freude machen kann, so sagt er, dann reicht ihm das, um die Aktion weiter voranzutreiben.

Mittlerweile hat „Framespotting“ auch schon einige Anfragen aus anderen Städten Deutschlands erhalten. Er hofft, in Zukunft tatsächlich eine Art Deutschlandtour unternehmen zu können, um auch Menschen außerhalb der Metropolregion Hamburg eine Freude zu machen.