Hamburg. Nach Anwohnerbeschwerden bittet die Sozialbehörde um Entschuldigung und schließt den Standort. Was mit dem Containerdorf nun passiert.
Die Obdachlosenunterkunft an der Kollaustraße in Lokstedt schließt Mitte Juni und wird in Zukunft nicht mehr für das Hamburger Winternotprogramm genutzt. Das kleine Container-Dorf wird nur noch als Reserve für eine mögliche Kurzzeitunterbringung von Flüchtlingen bereitgehalten. Wie aus einem Anwohnerschreiben der Sozialbehörde hervorgeht, bitten die Behörde und der Betreiber Fördern & Wohnen für einige negative „Auswirkungen in der Nachbarschaft“ um Entschuldigung.
Wie das Abendblatt berichtete, hat es einige Beschwerden über Gäste der Unterkunft gegeben, die zum Teil stark alkoholisiert ihre Notdurft an Hauswänden und in Vorgärten verrichtet hatten. Es gab mehrfach Polizeieinsätze. Im Umfeld der Unterkunft hatten Wohnungslose ein unbewohntes, zum Abriss bereites Gebäude als Schlafplatz nutzen wollen und so einen größeren Einsatz ausgelöst, in dessen Folge ein Mann von einem Dach fiel und sich dabei schwer verletzte.
Sozialbehörde dankt Anwohnern der Kollaustraße für Toleranz
„Trotz allem: Am Standort wurde einer Vielzahl der stark vulnerablen und hilfebedürftigen Menschen in einer prekären Notlage geholfen“, heißt es in dem Schreiben vom Wochenende.
Ausnahmsweise und während des Corona-Lockdowns war die Unterkunft Kollaustraße noch länger genutzt worden als gedacht. „Der aktuell im Rahmen des Pandemie- und Impfgeschehens zunächst verlängerte Betrieb der Unterkunft wird gegenwärtig sukzessive heruntergefahren und spätestens zum 15. Juni 2021 eingestellt“, heißt es in dem Behördenschreiben.
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Sozialbehördensprecher Martin Helfrich bestätigte die Pläne für Lokstedt und sagte: „Die Nutzung eines Standortes für die temporäre Unterbringung obdachloser Menschen erfordert hin und wieder ein gewisses Maß an Toleranz durch Anwohnerinnen und Anwohner. Dafür sind wir den Menschen im Umfeld dankbar.“
Mindestens zwölf Tote Obdachlose im Corona-Winter
Die Lage der Hamburger Obdachlosen hatte zwischenzeitlich dramatische Züge angenommen. Es gab Corona-Ausbrüche in einer Unterkunft und Quarantänemaßnahmen. An der Schmiedekoppel in Niendorf musste eine eigentlich geschlossene Unterkunft wieder für Menschen geöffnet werden, die an der Kollaustraße keinen Platz mehr fanden.
Gleichzeitig wurde ein Programm aufgelegt, das Obdachlose mit dem Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson versorgte. Er muss zur Immunisierung gegen das Virus nur einmal gespritzt werden. Im ersten „Corona-Winter“ starben in Hamburg mindestens zwölf Obdachlose auf den Straßen.