Hamburg. Hamburger Sportbund und Fußballverband kämpfen gegen den Flächennotstand. Viele Vereine können keine Kinder mehr aufnehmen.
Der Sportstadt Hamburg gehen die Sportplätze aus. Allein im Bezirk Wandsbek werden diverse städtische Fußballplätze für Wohnungsbau aufgegeben. Neusurenland, Küperkoppel, Am Neumarkt, Am Stühm-Süd, Gropiusring und Edwin-Scharff-Ring gehen dem Sport verloren. Dazu verschwinden die Sporthalle Borchertring und die Anlage der Tennisgemeinschaft Alstertal nach derzeitigem Stand ersatzlos. Das ergab eine Große Anfrage der CDU an das Bezirksamt Wandsbek.
2019 hat ein Drittel der Fußballvereine in einer Umfrage des Hamburger Fußball-Verbandes (HFV) angegeben, volle Wartelisten zu haben und keine Kicker mehr aufnehmen zu können. „Wir zum Beispiel trainieren mit fünf Mannschaften gleichzeitig auf einem einzigen Platz“, sagt Volker Helm, Vorsitzender des TSC Wellingsbüttel. Sein Verein leidet unter dem Verlust des bereits gesperrten Platzes Am Stühm-Süd.
„Als wachsende Stadt braucht Hamburg jede Sportfläche“
„Als wachsende Stadt braucht Hamburg jede Sportfläche“, sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe. „Es kann nicht sein, dass wir überall Wohnungen bauen und am Ende keine Orte für Sport und Bewegung mehr haben. Wer baut, muss auch für die soziale Infrastruktur sorgen.“ Allein in Farmsen-Berne sei in den nächsten Jahren durch Bautätigkeit mit einem Bevölkerungszuwachs von 10.000 Neubürgern bis 2035 zu rechnen. „Das sind meist Familien mit Kindern“, sagt Kappe. „Wo will der Senat sie spielen lassen?“
Laut Hamburger Sportbund (HSB) geht es darum, „dass der Sport seine soziale Wirkung auch bei wachsender Bevölkerung und endlichen Flächen gut entfalten kann. Wir brauchen eher mehr Sport als weniger“, sagt Bernhard Kössler, beim HSB zuständig für die Sportinfrastruktur. Seit 2012 weise der HSB auf die Problemlage hin.
Sportplätze müssen Wohnungen weichen
Die Antworten auf die Große Anfrage in Wandsbek weisen in eine andere Richtung. Die Sportplätze Gropiusring und Edwin-Scharff-Ring werden auf einer kleineren Ersatzanlage westlich des Campus Steilshoop zusammengelegt. Der Platz am Neumarkt wird zwar ersetzt, aber die Anlagen Küperkoppel und Stühm-Süd werden aus Sicht der Sportler aufgegeben, die Fläche Neusurenland (ehemals Post SV) soll ebenfalls dem Wohnungsbau zugeführt werden.
Der HFV bemängelt darüber hinaus eine Reduktion der Sportflächen im Bezirk Altona durch die Planungen zur „Neuen Mitte“. Im Bezirk Harburg werde der Sportplatz Lichtenauer Weg zum Wohnquartier, ohne dass es eine Ersatzfläche für den Sportbetrieb gebe.
Sportplätze in Hamburg dringend gesucht
Auch werde ein Sportplatz für die HafenCity gesucht. Dort müssten sich 2000 Schüler und die Vereine im Oberhafen-Quartier ein Neuner-Spielfeld teilen, das nur für Kicker der U 13 oder noch jüngere Fußballer geeignet sei. Auch in Hammerbrook gebe es einen großen Bedarf für einen Sportplatz. Doch seit drei Jahren komme die Stadt über Planungen zur Renovierung des Oskar-Kesslau-Sportplatzes nicht hinaus. HFV-Schatzmeister Christian Okun fordert eine schnelle Sanierung und verlangte auch für das Neubaugebiet Grasbrook eine Sportanlage für Elfermannschaften und Leichtathleten.
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Der HSB geht das Thema vorsichtiger an und setzt auch auf die Sanierungen, in deren Folge die Grand- durch Kunstrasenplätze ersetzt werden. Letztere sind höher belastbar und nahezu ganzjährig nutzbar. Damit können die Flächen effizienter bespielt werden. Eine zwischen Bezirk und HSB abgestimmte Analyse der künftigen Bedarfe gerade auch im Hinblick auf die Zuzüge sei für Wandsbek in Arbeit, sagt HSB-Mann Kössler. „Wir sind im Gespräch mit dem Bezirk. Forderungen werden wir aber erst stellen, wenn die Zahlen vorliegen.“ Trotzdem heißt es auch beim HSB zu den Begehrlichkeiten der Wohnungsbauer unmissverständlich: „Perspektivisch und übergeordnet brauchen wir in Hamburg jeden Quadratmeter Sportfläche.“
Konzept für ganz Hamburg gefordert
Was Wandsbek noch in Arbeit hat, ist in Harburg schon fertig. Die Studie liegt vor. Demnach können die Bedarfe im Bezirk Harburg gedeckt werden, wenn die Nachfrage konstant bleibt und die vorhandenen Sportflächen aufgewertet werden, sprich: die Grand- und Rasenplätze Kunstrasen bekommen. Will die Politik, was gesundheitspolitisch geboten erscheint, zu mehr Bewegung anregen, müsste sie laut Kössler in Harburg zusätzliche Flächen zur Verfügung stellen. Gleiches gilt, wenn Zuzüge den Bedarf steigern.
„Wir brauchen ein Konzept für die ganze Stadt“, sagt Kössler. Die flächendeckende Bedarfserhebung samt Prognose wäre die Grundlage dafür. Bis dahin muss es ohne gehen. Dem TSC Wellingsbüttel wurde zur Überbrückung seines Engpasses die Nutzung des Sportplatzes Bramfelder Chaussee angeboten. Der aber ist laut städtischem Ranking der gut 200 Sportplätze in Hamburg in einem noch schlechteren Zustand als der gesperrte Grandplatz Am Stühm-Süd. Er liegt zudem weiter entfernt. Eine Sanierung ist in Aussicht gestellt. Termine dafür gibt es nicht. Aber TSC-Chef Helm wird zugreifen. „Was sollen wir machen?“