Hamburg. Senat legt neues, millionenschweres Förderpaket für Vereine auf. Doch aus diesen gibt es Kritik und weitere Erwartungen an die Stadt.

Der Hamburger Sport startet nach sieben Monaten harter Einschränkungen Lockerungsschritt für Lockerungsschritt in erste Vorstufen einer neuen Normalität. Bis zu zehn Personen in Innenräumen, bis zu 20 im Freien können wieder gemeinsam trainieren, Fitnessstudios haben ihren Trainingsbetrieb wieder aufgenommen. Hygienevorschriften und Abstandsregeln gelten weiter, die Angst vor einer vierten Welle mahnt auch in den nächsten Monaten zur Vorsicht.

Dennoch sollen in diesem Sommer alle Hamburger Traditionsveranstaltungen stattfinden, mit wie vielen Zuschauern, das hängt an den Infektionszahlen und den vor Ort möglichen Schutzmaßnahmen. Den Anfang macht das Final4 der Handballer in der Barclaycard Arena. Bei der deutschen Pokalendrunde sind am Donnerstag und Freitag 2000 Besucher zugelassen.

Active City: Bis heute elf Millionen Euro für Hamburger Vereine

Den Neustart in die Active City unterstützt der Hamburger Senat mit seinem vierten Förderprogramm. Weitere insgesamt vier Millionen Euro sollen Vereinen (3,2 Millionen Euro) und Veranstaltern (400.000) helfen, die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Seit April 2020 stellte die Stadt den Clubs bereits sieben Millionen Euro an finanziellen Hilfen zur Verfügung, fünf Millionen davon als nicht rückzahlbare Zuschüsse. „Wir wollen, dass der Sport mit kräftigem Rückenwind aus der Krise kommt. Für eine starke Active City brauchen wir engagierte und leistungsfähige Vereine, weshalb der schnelle Mitgliederaufwuchs hier oberste Priorität hat“, sagt Sportsenator Andy Grote (SPD).

Kernstück des Programms „Neustart Sport“ der Sport- und Finanzbehörde bildet die Initiative zur Mitglieder-Rückgewinnung. Über die Active-City-Homepage oder die Active-City-App können nach vollständiger Öffnung des Sportbetriebs 80-Euro-Gutscheine für einen Neueintritt heruntergeladen werden. 20.000 stehen zunächst auf Abruf bereit, voraussichtlich vom 1. Juli oder 1. August an. Flankiert wird die Mitgliederwerbung von der 400.000 Euro teuren Kampagne #sportVEREINtuns, die noch in der finalen Erarbeitung steckt.

Darüber hinaus können Clubs, die in den vergangenen 15 Monaten viele Vereinsangehörige verloren haben, bis zum 30. September Anträge auf nicht rückzahlbare Zuschüsse für nachgewiesene Mindereinnahmen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro stellen. Bei einem Mitgliederrückgang von zehn bis 14,9 Prozent werden 20 Prozent erstattet, bei höherem Mitgliederverlust 40 Prozent.

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Hamburger Sport hat mehr als 40.000 Mitglieder verloren

Der Hamburger Sportbund (HSB) zählte Ende des Jahres 2019 in seinen damals 830 Vereinen 542.406 Mitgliedschaften, zum Stichtag 30. Juni 2021 dürften es knapp 500.000 sein. Die 300 Fitnessstudios der Stadt beklagen ähnliche Rückgänge. Da sie in den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsbehörde fallen, werden sie wie Unternehmen behandelt und gefördert, profitieren aber nicht von den aktuellen Maßnahmen. Auch der Verein Sportspaß e.V. mit seinen jetzt 36.000 Mitgliedern, der Ende 2016 aus dem HSB austrat, geht leer aus.

Boris Schmidt ist Vorsitzender der TSG Bergedorf und des Freiburger Kreises, eines bundesweiten Zusammenschlusses von 170 Großvereinen. Grundsätzlich begrüße er die Maßnahmen, für die größeren Clubs seien diese jedoch unzureichend. Vereinen wie der TSG Bergedorf (10.000 Mitglieder) und dem Eimsbütteler TV (13.000), die zuletzt zwischen 2000 und 3000 Mitglieder verloren, drohten in diesem Jahr Einnahmeverluste von bis zu einer Million Euro.

Topsportvereine fordern Ausgleich von bis zu 50 Prozent der Einnahmeverluste

„Wenn wir jetzt den Sportbetrieb wieder hochfahren, entstehen uns 100 Prozent der Kosten, aber wir erzielen nur 75 Prozent der Einnahmen. Bis wir wieder auf den Mitgliederstand von vor der Pandemie kommen, könnte es zwei, drei Jahre dauern.“ Die Forderung der 27 Hamburger Topsportvereine lautet daher: Bis zu 50 Prozent der Einnahmeverluste sollten in den nächsten zwei Jahren von der Stadt ausgeglichen werden. Schmidt hält es zudem für problematisch, Anreize für Neueintritte zu schaffen, Vereinstreue dagegen nicht zu belohnen.

Eine Kritik, die Grote zurückweist. Ziel sei es, alle Hamburger Clubs gut durch die Krise zu bekommen: „Wir wollen keinen verlieren.“ Weitere Stützungsmaßnahmen könnten zinsgünstige Kredite sein. Über die genauen „vereinsfreundlichen Konditionen“ des neuen Darlehensprogramms werde noch mit den Banken verhandelt.

Sportamt und Gesundheitsbehörde beraten über Zuschauer-Mengen

Wie die Vereine litten auch die Veranstalter unter dem Lockdown. Jetzt haben sie wieder eine Perspektive. Stand heute sollen alle für diesen Sommer geplanten Events, auch die für Jedermänner/Jederfrauen, durchgeführt werden, zum Teil aber an neuen Terminen. Das betrifft das Spring- und Dressurderby in Klein Flottbek, das auf den 25. bis 29. August verlegt wurde, den Haspa-Mara­thon, der nun am 12. September eventuell auf einer anderen Strecke gelaufen werden soll, und den Triathlon (ursprünglich 10./11. Juli), für den derzeit ein neues Austragungswochenende Ende August/Anfang September gesucht wird.

Die Daten der übrigen Topevents bleiben vorerst unverändert. Das Basketball-Viernationenturnier VTG-Supercup wird vom 18. bis 20. Juni in Wilhelmsburg geworfen, das Galoppderby am 4. Juli in Horn geritten, die Rennwoche beginnt am 30. Juni. Zum Tennis am Rothenbaum wird vom 5. bis 18. Juli aufgeschlagen, erstmals seit 2002 mit Damen (5. bis 11. Juli) vor den Herren. Rad gefahren wird am 22. August bei den Cyclassics, der Ironman folgt eine Woche später. Die Beachvolleyballer versuchen vom 19. bis 22. August am Rothenbaum ein neues Format: „King of the Court“.

Schwierig gestaltet sich die Zuschauerfrage bei den Straßenevents Triathlon, Marathon, Cyclassics. Schaulustige, dicht gedrängt in mehreren Reihen, soll es in Zeiten wie diesen nicht geben. Wie eine Lösung aussehen könnte, ist offen. „Dazu laufen Beratungen mit der Gesundheitsbehörde. Wir müssen unterschiedliche Konzepte für Hallen-, Freiluft- und Straßenveranstaltungen entwickeln“, sagt Grote. Er gehe jedoch davon aus, dass in diesem Jahr „kein Event abgesagt werden muss“.