Hamburg. Auch einen Tag nach der verheerenden Detonation in Barmbek besteht akute Einsturzgefahr. Unglücksursache weiter unklar.

Nach der tödlichen Explosion in einem dreigeschossigen Gebäude an der Hamburger Straße sind Teile des Hauses einsturzgefährdet. Die Ursache für die Detonation in Barmbek-Süd ist auch mehr als 24 Stunden später völlig unklar.

Brandermittler des Landeskriminalamtes hatten am Montag eine Drohne eingesetzt, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen; am Dienstag half auch der Polizeihelikopter "Libelle" bei der Erkundung. Betreten können die Beamten die Ruine noch nicht – es besteht weiter akute Einsturzgefahr. Auch das Teilstück der Linie U3, das direkt hinter dem Ort des Unglücks verläuft, ist voraussichtlich noch den gesamten Dienstag über gesperrt.

Explosion schleudert Trümmerteile auf Gleise der U3

Die Detonation hatte um 4.30 Uhr am frühen Montagmorgen Anwohner aus dem Schlaf gerissen, selbst im Polizeipräsidium und in umliegenden Stadtteilen war noch ein leichtes Vibrieren zu spüren.

Beim Eintreffen der ersten Löschfahrzeuge im Hinterhof der Hamburger Straße war das Büro- und Wohngebäude bereits teilweise eingestürzt, es brannte lichterloh. Trümmerteile waren in alle Richtungen gesprengt worden, auch auf die Gleise der U-Bahn-Linie 3. Sofort wurde die Alarmstufe erhöht und weitere Verstärkung angefordert. „Beim Eintreffen war auch ein Mann zu sehen. Er stand im ersten Stock. Zunächst konnte man noch mit ihm reden“, berichtet ein Feuerwehrmann.

Identität des Toten aus dem explodierten Gebäude weiter unklar

Über eine Steckleiter kletterten Feuerwehrleute zu dem Mann hoch, der schwerste Verbrennungen erlitten hatte. Über eine Trage wurde der Verletzte zur Straße herabgelassen, sein Zustand, so beschreibt es einer der Feuerwehrleute, verschlechterte sich rapide. Im Krankenhaus Boberg, der Spezialklinik für Verbrennungsopfer in Hamburg, stellten die Ärzte Verbrennungen auf 90 Prozent seiner Körperfläche fest. Am Nachmittag starb der Mann an ihren Folgen.

Lesen Sie auch:

Seine Identität ist auch am Tag nach der Explosion noch ungeklärt. Zwar ist in dem Büro- und Wohngebäude nur ein Haushalt gemeldet. Über den Briefzusteller weiß die Polizei aber, dass dort mehrere Personen zumindest ihre Anlaufstelle hatten, weil ihnen dort Post zugestellt wurde. Es sei versucht worden, den Mann anhand seiner Fingerabdrücke zu identifizieren, hieß es aus der Polizei. Das sei wegen der Schwere der Verbrennungen aber nicht möglich gewesen.

Haus explodierte, obwohl es keinen Gasanschluss gab

Die Löscharbeiten dauerten mehrere Stunden. Neben der Feuerwehr war auch das Technische Hilfswerk eingesetzt. Um weitere Opfer auszuschließen, suchten auch Personenspürhunde in den Trümmern nach Verschütteten. Zwar schlug an einer Stelle ein Hund an. Gefunden wurde aber niemand.

Völlig unklar ist die Ursache der Explosion. „Das Gebäude hat nach unserem Kenntnisstand keinen Gasanschluss“, sagt Feuerwehrsprecher Torsten Wesselly. Auch konnten bislang keine anderen Hinweise gefunden werden, dass Gas eine Rolle bei der Explosion spielte – auszuschließen sei ein Gas-Unglück dennoch nicht, betont Polizeisprecher Florian Abbenseth am Dienstag.

Schon einmal gab es in Hamburg eine Gasexplosion in einem Gebäude ohne eigenen Gasanschluss: 1998 in der Diagonalstraße im Stadtteil Hamm war außerhalb des Gebäudes eine Gasleitung gebrochen. Das Gas war meterweit durch den Boden in das Haus gesickert, wo es sich dann entzündete. Dabei waren, das war besonders tückisch, die Geruchsstoffe, die dem Gas aus Sicherheitsgründen beigemengt werden, durch den Boden herausgefiltert worden. Gerüchte, denen zufolge ein Drogenlabor bei der Explosion an der Hamburger Straße eine Rolle gespielt haben soll, lassen sich bisher in keiner Weise bestätigen.

Explosionursache unklar – Ermittlungen gestalten sich kompliziert

Am Montagnachmittag waren die Brandermittler des Landeskriminalamtes erstmals angerückt. Weil sie das Gebäude wegen der Einsturzgefahr nicht betreten konnten, verschafften sie sich mit einer Drohne einen ersten Überblick. Das kleine Fluggerät konnte sogar durch die verschiedenen Räume des Gebäudes fliegen. „In Hinblick auf die Ursache der Explosion hat das aber zunächst keine weiteren Erkenntnisse gebracht“, so Polizeisprecher Sandra Levgrün.

Am Dienstag kreiste auch der Polizeihelikopter "Libelle" über dem Unglücksort, um weitere Luftaufnahmen zu machen – bis keine akute Gefahr durch Trümmerteile mehr für die Ermittler besteht, sind sie auf solche indirekten Methoden angewiesen.

In den kommenden Tagen wird die Suche nach der Explosionsursache weitergehen. Im Inneren des Gebäudes sind mehrere Wände umgekippt oder durch die Wucht der Explosion verrückt worden. Ein wichtiger Teil der Arbeit der Brandermittler ist es, das Zentrum der Explosion zu lokalisieren. Wann ein Ergebnis der Untersuchungen vorliegt, ist laut Polizei nicht absehbar.

U3 bis voraussichtlich Mittwoch gesperrt – Hamburger Straße wieder frei

Für den Großeinsatz, an dem allein um die 150 Feuerwehrleute beteiligt waren, musste die Hamburger Straße zunächst in beide Richtungen komplett gesperrt werden, erst am Abend wurden alle Straßensperrungen aufgehoben. Auch die Strecke der U 3 ist weiter komplett gesperrt. Die beschädigte Mauer auf der Rückseite des Gebäudes ist laut eines Statikers instabil und droht, auf die Gleise zu kippen. Die Hochbahn richtete einen Busersatzverkehr ein.

Die U3 fährt auch am Dienstag noch nicht wieder zwischen Mundsburg und Barmbek: Bis die Abrissarbeiten so weit fortgeschritten sind, dass keine Gebäudeteile mehr auf die Gleise stürzen können, bleibt das Teilstück gesperrt –  das wird voraussichtlich noch den ganzen Dienstag dauern: "Ab dem morgigen Betriebsbeginn fahren die U-Bahnen zwischen den Haltestellen Mundsburg und Barmbek dann wieder wie gewohnt", teilte die Hochbahn am Dienstagabend mit. Aktuell liefen die abschließenden Arbeiten zur Sicherung des Streckenabschnittes, so die Hochbahn.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung