Hamburg. Im Prozess um die Explosion in Barmbek hat das Gericht am Mittwoch die Urteile gesprochen. Was die Angeklagten erwartet.

Eine mächtige Explosion erschütterte die Gegend. Die Druckwelle war noch am Ende der Straße zu spüren. Und die Verwüstung an dem Barmbeker Mehrfamilienhaus, in dem sich die Detonation entlud, war weithin sichtbar: zerborstene Fenster, abgesprengte Fassadenteile. In einer Wohnung wurden durch die Wucht sogar Wände verschoben.

"Es war ein kleines Wunder, dass nicht viel mehr passiert ist — dass insbesondere keiner der anderen Bewohner verletzt wurde“, sagt die Vorsitzende Richterin im Prozess gegen zwei Männer, die nach Überzeugung der Kammer für die Explosion verantwortlich sind.

Hanfplantage explodiert: Angeklagter wollte Haschischöl herstellen

Auslöser für den großen Knall, der am 16. November vergangenen Jahres Barmbek erschütterte, war der Ehrgeiz eines Mieters, aus seiner illegalen Cannabis-Plantage, die er in seiner Wohnung gehegt und gepflegt hatte, besonders große Erträge zu erzielen. Dies sollte mit der Herstellung von Haschischöl geschehen, das entsteht, wenn im Rahmen einer sogenannten Extraktion den Cannabisblüten mithilfe von Butangas das Öl entzogen wird.

Doch so gewinnbringend die Methode sein mag — sie ist im Wortsinn brandgefährlich. Denn das Butangas ergibt zusammen mit Feuer eine hochexplosive Mischung. Wie groß der finanzielle Schaden ist, der durch die Detonation an dem betroffenen Mehrfamilienhaus entstanden ist, steht noch nicht fest. Nur soviel: Es wird wohl ein sechsstelliger Betrag sein.

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Dreieinhalb Jahre Haft für den Angeklagten Björn V.

Dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe lautet jetzt im Prozess vor dem Landgericht das Urteil gegen den Angeklagten Björn V., der in seiner Wohnung das Cannabis angebaut hatte. Das Gericht sprach den 39-Jährigen wegen fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion sowie wegen Rauschgifthandels schuldig. Für den zweiten Angeklagten, den 32 Jahre alten Adrian G., verhängte die Kammer eine Bewährungsstrafe von einem Jahr wegen fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Adrian G. war ein Nachbar und Kumpel von Björn V. und mit in dessen Wohnung, als es zur Detonation kam. Mit dem Anbau und einem Verkauf der Drogen habe der 32-jährige Nachbar indes nichts zu tun, so das Gericht.

Angeklagter gestand den Anbau von Cannabis

Björn V. hatte im Prozess gestanden, das Cannabis angebaut zu haben. Dafür hatte er unter anderem ein sogenanntes Grow-Zelt sowie die geeignete Beleuchtung und Belüftungsanlage für die Pflanzen besorgt. Zumindest ein Teil der Ernte sei für den Verkauf geplant gewesen, ist das Gericht überzeugt. Deshalb sei der 39-Jährige auch wegen Rauschgifthandels zu verurteilen.

Der 39-Jährige hatte indes betont, er habe nicht mit den Drogen gedealt. Er leide unter ADHS, und das Marihuana habe eine beruhigende Wirkung auf ihn. Die Drogen seien ausschließlich für den Eigenkonsum gewesen. Die relativ große Menge hatte er damit erklärt, dass „wir Corona-Zeiten haben“. So habe er sicherstellen wollen, dass stets genug Vorrat vorhanden ist.

Gericht: Adrian G. trägt eine Mitschuld an der Explosion

Am Tattag sei sein Kumpel Adrian G. zu einem Besuch bei ihm gewesen, hatte Björn V. weiter ausgesagt. Nach seiner Darstellung war er selber in der Küche seiner Wohnung mit der Extraktion des Haschischöls beschäftigt und hantierte mit dem Butangas, als Adrian G. hinzukam — mit einer brennenden Zigarette oder einem angezündeten Joint in der Hand. Wenige Sekunden später kam es zur Explosion. Der jüngere Angeklagte indes hatte jegliche Verantwortung für die Detonation von sich gewiesen. Er habe ahnungslos auf dem Sofa im Wohnzimmer gesessen und ein Bier getrunken und sei von der Explosion vollkommen überrascht worden. Niemals hätte er eine Verpuffung riskiert, hatte der 32-Jährige betont. „Ich hätte dabei sterben können. Ich bin doch nicht lebensmüde.“

Das Gericht indes kommt zu der Überzeugung, dass Adrian G. eine Mitschuld an der Explosion trägt. Dass der Wohnungsmieter mit dem Gas hantierte, „konnte Ihnen nicht entgehen“, erklärt die Vorsitzende die Entscheidung. Die Schilderung des Mieters, wie Adrian G. sich mit der Zigarette oder dem Joint genährt habe, sei plausibel und glaubhaft. Der 32-Jährige müsse, als er hinzutrat, während sein Bekannter mit dem Gas hantierte,  „in einer Art Augenblicksversagen gehandelt“ haben. „Es kam zu einem schlagartigen Verbrennen.“

Hanfplantage explodiert: Urteil noch nicht rechtskräftig

Adrian G. hatte seinerzeit sofort und unter Schock die Wohnung verlassen. Wegen erheblicher Verbrennungen an Gesicht und Händen wurde er stationär in einem Krankenhaus aufgenommen. Wohnungsmieter Björn V. hatte unterdessen noch versucht, den Brand zu löschen. Als dies nicht gelang, schnappte er sich nach Überzeugung des Gerichts eine Dose, in der er rund 2500 Euro aufbewahrte. Zumindest ein Teil des Geldes stamme aus Drogenverkäufen, so das Gericht.

Björn V. versteckte die Dose im Keller, setzte sich dann auf sein Fahrrad und fuhr davon. Stunden später wurde er am Hauptbahnhof aufgegriffen und ebenfalls wegen schwerer  Verbrennungen im Krankenhaus behandelt, bevor er in Untersuchungshaft kam. Das Urteil gegen die beiden Männer ist noch nicht rechtskräftig.