Hamburg. Tausende Feiernde haben am Wochenende im Schanzenviertel und auf St. Pauli die Corona-Regeln missachtet. Nun reagiert die Stadt.

Die entspannte Corona-Lage und das sommerliche Wetter sorgten am Wochenende in Hamburg für zwiespältige Gefühle: In Cafés und Restaurants sitzen, auf der Alster paddeln oder ins Freibad gehen – all das war wieder möglich, das war die schöne Seite. Die hässliche zeigte sich in der Schanze und auf St. Pauli: Dort feierten Tausende, verstießen zu einem großen Teil gegen die Maskenpflicht und das Abstandsgebot. Sonnabendnacht eskalierte die Feierei.

Auf St. Pauli und im Schanzenviertel sollen nach Polizeiangaben am Freitag insgesamt mehr als 4000 Menschen unterwegs gewesen sein, am Sonnabend waren in der Spitze 4500 Feiernde in der Schanze. Es gab zahlreiche Verstöße gegen die Maskenpflicht, das Alkoholverbot und das Abstandsgebot, einige Betriebe mussten schließen.

Massenpartys in Hamburg – Polizei macht Lokale dicht

Auf der Piazza am Schulterblatt und in den Straßen des Schanzenviertels besuchten am Freitagabend rund 2500 Menschen die Außengastronomie oder versammelten sich auf den Straßen. Bis spät in die Nacht kontrollierten Mitarbeiter des Bezirksamtes Lokale. Dabei wurden diverse Verstöße festgestellt, vier Gastronomiebetriebe wurden geschlossen.

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In der Großen Freiheit etwa tanzten bei einer Karaoke-Veranstaltung am Sonnabend etwa 50 Menschen vor der Bühne. Das waren zu viele, die Show musste beendet werden. In einem anderen Lokal wurden 30 Menschen gezählt: Das Lokal musste ebenfalls schließen. Die Polizeibeamten ahndeten mehr als 80 Verstöße gegen die Corona-Regeln.

Flaschenwürfe auf die Polizei Hamburg

Die Partylaune einiger war so groß, dass sie es dabei übertrieben: In der Nacht zum Sonntag musste die Polizei das Schanzenviertel wegen einer illegalen Rave-Party räumen. Etwa 1500 Menschen hatten zunächst im Florapark mit lauter Musik gefeiert, so ein Polizeisprecher. Dafür hatten sie eine Musikanlage auf einem Lkw aufgebaut. Da sich die meisten Leute nicht an die Abstandsregeln und an die Maskenpflicht hielten, löste die Polizei die Party auf.

Die Feiernden zogen weiter ins Schanzenviertel. Als die Einsatzkräfte weiter durchgriffen, wurden vereinzelt Flaschen aus der Menge geworfen. Die Flaschen beschädigten mehrere Streifenwagen. Auch eine Passantin bekam eine Flasche ab, blieb jedoch unverletzt.

Polizei stoppt Massenparty in Sternschanze

Gegen 4 Uhr wurde der Einsatz beendet. Die Polizei war zeitweise mit bis zu 100 Einsatzkräften vor Ort. „Es ist bedauerlich, dass es an diesen Hotspots offenbar Menschen gibt, die mit der gewonnenen Freiheit nicht umgehen können und damit die Gesundheit aller aufs Spiel setzen“, sagt Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

Badegäste genießen den Frühsommer im Kaifu-Bad.
Badegäste genießen den Frühsommer im Kaifu-Bad. © dpa | Markus Scholz

 „Ein derart verantwortungsloser Umgang mit den Lockerungen und die Tatsache, dass meine Kolleginnen und Kollegen, die zum Schutz aller ihren Job machen, beschimpft und mit Flaschen beworfen werden, macht mich fassungslos. Die Pandemie ist noch nicht überstanden, und insofern werden wir unsere Kontrollen auch weiterhin fortsetzen und gegen Verstöße konsequent vorgehen.“

Fegebank wegen Corony-Party schockiert

Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zeigte sich schockiert: „Klar wollen jetzt alle raus, Leute treffen. Aber das war eine rücksichtslose Massenparty mit Potenzial für ein Corona-Superspreaderevent. Wir werden im Senat über Maßnahmen beraten müssen, wenn sich die Lage nicht durch Einsicht entspannt.“ Auch ihre Parteikollegin Stefanie von Berg, Bezirksamtsleiterin in Altona, war fassungslos: „Wir leben seit eineinhalb Jahren mit der Pandemie“, schrieb sie auf Facebook. „Wer davon spricht, nichts von den geltenden Regeln zu wissen, hat den Ernst der Lage nicht begriffen.“

Corona: So lockert Hamburg weiter

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Und dann war da die andere Seite der Corona-Lockerungen: Auf der Wiese am Isebekkanal bliesen die Menschen ihre Stand-up-Paddle-Boards auf, um damit Richtung Alster zu paddeln. Mit Shorts und Flip Flops ging es bei Wassertemperaturen um die 14 Grad raus aufs Board. Etwas höher sind die Temperaturen in den Freibädern, die am Sonnabend geöffnet wurden (die Sommerfreibäder Marienhöhe, Osdorfer Born, Neugraben, das Naturbad Stadtparksee sowie die Kombi-Freibäder von Kaifu-Bad, Finkenwerder, Billstedt, Bondenwald und Rahlstedter Bahnhofstraße). In den Bädern gelten fast die gleichen Auflagen wie im vergangenen Sommer.

Senat rechnet auch mit Rückschlägen

Neu ist die Testpflicht: Der Zutritt ist nur mit einem negativen Corona-Test aus den offiziellen Testzentren möglich. Kinder unter sechs Jahren müssen kein negatives Testergebnis vorweisen. Vollständig Geimpfte und Genese erhalten bei Vorlage entsprechender Nachweise auch Zutritt.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die Stadt rechnet infolge der Öffnungsschritte der vergangenen drei Wochen auch mal mit Rückschlägen und einem leichten Wiederanstieg der Inzidenz. „Wir trauen dem Braten noch nicht so ganz“, sagte Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde – Ereignisse wie in der Schanze dürften die Befürchtungen erhärten. Aber erst ein deutliches und stetiges Ansteigen der Kennzahlen würde dazu führen, dass Öffnungsschritte infrage gestellt würden.

Hamburg kann keine Erstimpfungen anbieten

Beim Thema Impfungen ist die Lage unverändert. Die gelieferten Dosen seien zwar ausreichend, um die vereinbarten Termine einzuhalten – derzeit vor allem für die Zweitimpfungen –, aber kaum, um neue Termine vergeben zu können. Da die Zusagen der Hersteller aber mittlerweile verlässlich eingehalten würden, gehe die Stadt noch stärker zu einem Just-in-time-Prinzip über: „Was geliefert wird, wird auch sofort verbraucht“, so Helfrich.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

 Der beim Impfgipfel von Bund und Ländern zugesagte Ausgleich für Länder wie Hamburg, die bei der Belieferung zuletzt benachteiligt wurden, sei noch nicht in Sicht. Zwar solle es Ende Juni/Anfang Juli eine zusätzliche Lieferung von 20.000 Dosen geben, die gehe aber an alle Länder außer Bayern und das Saarland. „Das ist noch nicht der Ausgleich, den wir erwartet haben“, sagte Helfrich. Wie berichtet, geht man im Senat davon aus, dass Hamburg mindestens 40.000 Dosen zusätzlich zustehen.