Hamburg. Einige Gastronomen wollen auf jeden Fall so viel öffnen, wie sie dürfen. Andere halten den Aufwand für zu groß: “Lohnt sich nicht.“
Essen und trinken in den Außenbereichen von Gaststätten, Restaurants, Hotels und Bars – das ist von Sonnabend an in Hamburg unter Auflagen wieder erlaubt, etwa zwei Wochen früher als zunächst geplant. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) begründete diesen vorgezogenen Schritt in der vierstufigen Öffnungsstrategie des Senats mit der zunehmend entspannten Corona-Lage.
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen lag am Dienstag bei 43,5. Mitte April hatte die Gesundheitsbehörde noch Inzidenzen um 150 gemeldet. Der Sieben-Tage-R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, sank auf 0,7.
Tschentscher: Ausgangsbeschränkung habe erheblich zur Entspannung beigetragen
Die Hansestadt habe „einen außerordentlichen Erfolg in der Abbremsung der Infektionsdynamik erzielt“, sagte Tschentscher. Er verwies erneut darauf, dass seiner Ansicht nach die nächtliche Ausgangsbeschränkung erheblich zu der Entspannung beigetragen habe. Nur Hamburg und Schleswig-Holstein sei es gelungen, die Inzidenz unter 50 zu drücken. „Das prägt auch die optimistische Sicht des Senats auf die weitere Entwicklung“, sagte er.
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Eine Öffnung der Außengastronomie sei deshalb „gut vertretbar und wichtig“, sagte Tschentscher. Ein wichtiger Schritt – dem stimmen viele Gastronomen zu. Ob jedoch Öffnungen schon am Sonnabend machbar sind, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Direktor des Hotels Vier Jahreszeiten will drei Terrassen öffnen
Erleichtert zeigte sich Ingo C. Peters, Direktor des Hotels Vier Jahreszeiten in der City. Er will drei Terrassen öffnen, auch die auf dem Dach. „Wir haben wieder alles hochgefahren, die Waren sind bestellt, und wir freuen uns dann auf die ersten Gastrogäste am Wochenende“, sagte Peters. Endlich kehre Leben in das Vier Jahreszeiten zurück.
Auch der Szenetreff Tortue in den Stadthöfen will am Wochenende die Terrassensaison einläuten. 60 Plätze im Innenhof ließen sich zur Not mit Markisen überdachen. „Bei uns wird keiner nass“, sagte Geschäftsführer Marc Ciunis. Auch die Logistik sei kein Problem. So soll die normale Speisekarte des asiatischen Restaurants Jin Gui angeboten werden. Auch die Tagesbar Petite Tortue, die eine große Terrasse hat, soll öffnen.
Wetter spielt eine Rolle
„Wir sind dankbar, dass wir eine Perspektive haben, auch wenn es zunächst nur die Außengastronomie ist“, sagt Claas-Henrik Anklam vom Restaurant Henriks an der Tesdorpfstraße, das rund 100 Terrassenplätze bietet. „Wir haben Heizstrahler und Decken gekauft, sind also bestens vorbereitet.“
Tschentscher zündet Lockerungs-Stufe 2 - was jetzt gilt:
Vorfreude auf das nahende Wochenende will bei Starköchin Cornelia Poletto, Inhaberin des gleichnamigen Restaurants an der Eppendorfer Landstraße, nicht aufkommen. Das liegt zum einen daran, dass Pfingsten in Hamburg verregnet ausfallen könnte. „Wir sind nun mal ein kleines Restaurant mit wenigen Plätzen draußen – für mich ist es so gut wie keine Option, unter diesen Umständen zu öffnen“, sagte Poletto. „Wenn ich es täte, dann nur bei schönem Wetter mit einer abgespeckten Karte und aus dem Gedanken heraus, meine Gäste pflegen zu wollen. Verdienen kann ich damit nicht.“
Cornelia Poletto ist der Aufwand momentan zu groß
Zum anderen sei der Aufwand hoch. Eigentlich müsse sie nun dauerhaft am Telefon hängen und gleichzeitig Saucenfonds kochen, zudem müssten Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt, die Küche hochgefahren, Waren bestellt werden. Zudem gebe es erhebliche Lieferengpässe; Waren aus Frankreich oder Italien seien nur in geringen Mengen oder gar nicht verfügbar.
Poletto plädiert dafür, dass Restaurants auch Innenräume öffnen dürfen. Sie lässt gerade umbauen und hat wegen der Corona-Regularien beispielsweise Luftreinigungsgeräte gekauft. Ihre Küche hat sie mit Kamera- und Computertechnik ausgestattet, um Online-Koch-Events streamen zu können. „Ich habe alles getan, um die Situation möglichst gut meistern zu können, und finde es sehr ungerecht, dass es für die Gastronomie so mühsam ist“, sagte Poletto. „Wir brauchen jetzt eine Perspektive, sonst drehen wir alle noch durch.“
Organisatorischer Mehraufwand
Auch Gastronom Hannes Schröder, der unter anderem das Restaurant Küchenfreunde in Hoheluft betreibt, sagte: „Nur Außengastronomie ab Pfingsten lohnt sich nicht. Wir haben im Lockdown viele Investitionen getätigt, damit wir komplett öffnen können.“
Ähnlich äußerte sich Gastro-Unternehmer Eugen Block. „Der organisatorische Mehraufwand und die wetterbedingte Planungsunsicherheit verkomplizieren die Situation zusätzlich“, sagt er. Kostendeckendes Wirtschaften sei nur mit einer Öffnung der gesamten Gastronomie möglich. Block will aber trotzdem die Außenbereiche seiner Restaurants öffnen lassen.
Bundesgesundheitsministerium: Mit Innengastronomie noch warten
Gastronom Jens Stacklies, Vizepräsident des Branchenverbands Dehoga Hamburg, sagt, es gebe zwei Grundprobleme: Alle gastronomischen Betriebe – vom Café über die Eckkneipe, die Bar, das Hotel mit Geschäftsreisenden, das Vollrestaurant mit wenigen Außenplätzen, die Brauerei, sowie Betriebe, die bereits Take-away-Geschäfte machen würden – ließen sich nicht „über einen Kamm scheren“. Ein für ihn realistischer Vorlauf für eine Öffnung seien sieben bis 14 Tage. Für kleinere Betriebe könne die Öffnung der Außengastronomie ein Lichtblick sein. Für Stacklies gelte das nicht.
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Wann dürfen Restaurants und Hotels auch Innenräume zur Bewirtung öffnen? „Die Innengastronomie ist auf der Liste der Bereiche, die in der weiteren Öffnung zu berücksichtigen sind, eher auf den späteren Positionen“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher am Dienstag. In Innenräumen gelte es wegen des vergleichsweise hohen Infektionsrisikos, „sehr viel vorsichtiger“ zu sein. Er verwies auf Einschätzungen des Bundesgesundheitsministeriums, wonach die Innengastronomie „auf keinen Fall“ jetzt schon geöffnet werden sollte.
Allerdings: „Wenn die Infektionslage sich weiter so verbessert wie in den letzten Wochen, ist vieles vorstellbar“, sagte Tschentscher. Er hoffe, dass Deutschland „im Laufe des Sommers“ aus der Pandemie finde.