Hamburg. Hamburgs Kinder und Jugendliche sollen kostenlos jeweils 80 zusätzliche Unterrichtsstunden zum Abbau von Lerndefiziten erhalten.
Auch das gibt es in der Bürgerschaft, wenngleich selten: Nach einer durchaus kontroversen Debatte beschließen die Abgeordneten einstimmig einen Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen. Am Mittwochnachmittag ging es um das Vorhaben, jedem Schüler und jeder Schülerin 80 zusätzliche Unterrichtsstunden zum Ausgleich der durch die Pandemie bedingten Lern- und anderen Defizite kostenlos und auf freiwilliger Basis anzubieten.
Für die Opposition, die einem Antrag der Regierungsseite zustimmen will, bleibt nicht viel mehr als der Versuch, wenigstens recht zu behalten. „Ich freue mich, dass die CDU-Forderung nun endlich Gehör gefunden hat. Wir haben schon vor elf Monaten den Antrag gestellt, Förderkonzepte für die pandemiebedingten Lerndefizite zu entwickeln“, sagte Birgit Stöver, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.
Damals hätte Schulsenator Ties Rabe (SPD) noch bestritten, dass die Schulschließungen zu Lernrückständen führen können. „Jetzt hat auch Rot-Grün erkannt, dass die Pandemie Auswirkungen auf die Lernsituation hat“, sagte Stöver.
Hamburger Bürgerschaft beschließt Schüler-Förderprogramm einstimmig
So neu ist diese Erkenntnis bei Rot-Grün dann allerdings doch nicht, denn bereits in den Herbst- und den Frühjahrsferien fanden an vielen Schulen die sogenannten Lernferien mit dem Ziel statt, Lerndefizite bei Schülern abzubauen und Rückstände aufzuholen.
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„Der Antrag hört sich erst mal gut an, ist aber offenbar mit heißer Nadel gestrickt. Es fehlen konkrete Vorschläge für die Umsetzung“, kritisierte die Linken-Abgeordnete Insa Tietjen. Als Lehrerin wisse sie nicht, woher sie die Zeit nehmen solle, um solche Konzepte zur Lernförderung zu entwickeln. Auch die AfD sieht sich im Recht. „In einem halben Dutzend Anträgen haben wir immer wieder auf die Lerndefizite hingewiesen – verbunden mit der Forderung, mehr Präsenzunterricht zu geben. Auch jetzt wäre es besser, endlich zum Präsenzunterricht zurückzukehren“, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Wolf.
„Mit diesem Angebot setzt Hamburg wieder einmal bundesweit Maßstäbe“
Zum argumentativen Inventar der Regierungsfraktionen auf der anderen Seite gehört das Selbstlob. „Mit diesem Angebot setzt Hamburg wieder einmal bundesweit Maßstäbe“, sagte SPD-Schulpolitiker Nils Springborn. „Sehr viele Schüler fragen sich: Wie wird meine Zukunft? Schaffe ich im nächsten Jahr den Abschluss? Oder verliere ich den Anschluss? Mit diesen Sorgen niemanden allein zu lassen, war, ist und bleibt unser Anspruch und Versprechen.“
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Die Grünen-Schulpolitikerin Ivy May Müller sprach von einem „Ausnahmezustand“ für Schülerinnen und Schüler. „Das betrifft nicht nur die kognitive, inhaltliche Ebene, sondern auch die körperliche sowie die sozial-emotionale Ebene“, sagte Müller. Auch diese Aspekte sollen Gegenstand des Förderprogramms sein.
Schulsenator Rabe hatte ein breit angelegtes Förderprogramm des Bundes angeregt und wies darauf hin, dass die Bundesregierung mittlerweile zwei Milliarden Euro dafür in Aussicht stellt, mit deren Hilfe auch das Hamburger Programm mitfinanziert werden soll. „Ich bin sehr froh, dass aus einem kleinen Impuls eine solch große Sache wird“, sagte der SPD-Politiker.