Hamburg. Mobile Tribünen sollen flexible Hallennutzung ermöglichen. Hand- und Basketballspiele als Option. Fernsehturm spielt eine Rolle.
Die Pläne kursieren bereits seit einigen Jahren, jetzt werden sie konkret: Größere Sport-, Musik- und Showereignisse könnten in Hamburg vom Spätsommer 2022 an auch in den Messehallen am Fernsehturm stattfinden – wenn in der Zeit nach den Corona-Einschränkungen wieder Besucher bei Veranstaltungen zugelassen sein sollten.
Der Basketball-Bundesligaclub Hamburg Towers und der HSV Hamburg (HSVH), Tabellenführer der 2. Handball-Bundesliga und potenzieller Aufstiegskandidat, sind aktuell die Ersten, die an dem neuen Standort interessiert sind.
14 mobile Tribünenmodule sollen gekauft werden
„Die Messe bleibt unser Kerngeschäft, wir werden künftig weder eine Sporthalle noch ein Konzertsaal. Wir wollen uns aber breiter aufstellen und uns in die Lage versetzen, auch solche Events organisieren zu können. Momentan sind wir in der Planungsphase. Dass hier Basketballer und Handballer ihren Ligabetrieb abhalten, schließe ich grundsätzlich aus. Wenn die Messe irgendwann wieder halbwegs normal läuft, hätten wir hierfür nicht genug freie Hallen und Termine.
Einzelne Spiele wären jedoch bei uns wahrscheinlich möglich“, sagt Bernd Aufderheide, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC). 14 mobile Tribünenmodule sollen gekauft und später auf dem Gelände gelagert werden. Bau und Beschaffung könnten 18 bis 20 Monate in Anspruch nehmen. Als Hallen kämen die neu gebauten A1 und A4 an der Karolinenstraße infrage. Beide sind etwa 10.000 Quadratmeter groß. Das entspricht den Maßen eines klassischen Fußballfeldes.
Gelände ist an den öffentlichen und privaten Verkehr optimal angebunden
Jedes der 14 Tribünenelemente böte Platz für 360 Zuschauer, die Gesamtkapazität betrüge 5040. Sie wäre damit höher als in der Sporthalle Hamburg (3576 Sitzplätze) in Winterhude und in der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena (3000 Sitz- und 400 Stehplätze). Der Aufbau der Ränge dauerte nur einen Tag. Müssten Stahlrohrtribünen jedes Mal neu montiert werden, kostete dies bis zu einer Woche Zeit.
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Jedes Tribünenteil würde 23 bis 25 Tonnen wiegen, zwölf Meter breit, 2,50 Meter tief und sieben Meter hoch sein. Mit den U-Bahn- und S-Bahn-Stationen Messehallen und Sternschanze sowie den Parkplätzen auf dem Heiligengeistfeld ist das Gelände an den öffentlichen und privaten Verkehr optimal angebunden, weit besser als die drei Arenen am Volkspark.
Interessanter Spielort
„Die Messehallen wären als temporäre Alternative schon ein interessanter Spielort, am Ende müssen wir sehen, wie sich das Ganze rechnet, wie hoch der Aufwand wird, schließlich fehlt dort die sportliche Infrastruktur, vor allem müsste ein sporttauglicher Boden verlegt werden, der den Vorgaben der Handball-Bundesliga entspricht“, sagt Marc Evermann, der Präsident des HSV Hamburg.
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Ähnlich sieht es Towers-Sportchef Marvin Willoughby: „Ein Umzug müsste sich für uns finanziell lohnen.“ Bei Spielen mit einem Potenzial von 10.000 Besuchern bleibt für beide Clubs die Barclaycard Arena eine Option, bei 5000 Zuschauern wäre diese Halle in der Miete zu teuer. Die Messe hat für mögliche Gastspiele noch keinen Preis kalkuliert. „Für beide Seiten sollte es aber ein Geschäft werden“, sagt HMC-Unternehmenssprecher Karsten Broockmann.
Messeformate haben sich zum Teil erheblich verändert
Der angedachte Kauf der 14 Tribünen ist aber nicht den Nöten der Hamburger Sportclubs geschuldet, die in ihren bisherigen Spielstätten nicht die Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen generieren können, um mit den besten Vereinen des Landes konkurrieren zu können.
„Die Messeformate haben sich in den vergangenen Jahren zum Teil erheblich verändert. Wir erleben heute nicht mehr die klassische Ausstellung neuer Produkte oder Techniken. Viele Veranstalter machen inzwischen aus ihrer Präsentation ein Event, bauen Bühnen auf, laden Publikum zu sich in die Hallen ein und feiern mit ihnen. Dafür brauchen wir in erster Linie diese Tribünen“, sagt Broockmann.
Synergien zwischen Messe und Fernsehturm
Einer der modernen Präsenter sind die Hamburger Online-Marketing Rockstars (OMR). OMR-Mitgründer Philipp Westermeyer (43) sowie Towers-Hauptgesellschafter und Immobilien-Entwickler Tomislav Karajica (44) mit seiner Firma Home United gehören zusammen mit der HMC zum Betreiberkonsortium des benachbarten Fernsehturms, der in zwei Jahren wieder fürs Publikum eröffnet werden soll.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Messechef Aufderheide (61), Westermeyer und Karajica sind im ständigen Austausch, um auch Synergien zwischen Messe und Fernsehturm zu entwickeln. Sport-, Konzert- und Showveranstaltungen auf dem Messegelände passten da fraglos ideal in ihr Konzept.
Karajica tendiert zu den Elbbrücken
Für Karajica ist der potenzielle neue Spielort für seine Basketballer jedoch nicht die erste Adresse: „Wir begrüßen die Möglichkeit, künftig an der Messe einzelne Spiele austragen zu können, eine dauerhafte Lösung unserer Kapazitätsprobleme ist das jedoch nicht.“ Der Unternehmer plant seit vier Jahren den Elbdome, eine Multifunktionsarena für 7000 bis 9000 Zuschauer.
Kosten: rund 150 Millionen Euro, privatwirtschaftlich finanziert. Nachdem seine Pläne an den Elbbrücken bisher vor allem an den Bedenken des Hamburger Oberbaudirektors Franz-Josef Höing scheiterten, scheint jetzt auch eine Umsetzung vor dem S-Bahnhof Veddel schwierig, weil die Hamburger Hochbahn AG hier einen modernen Verkehrsknotenpunkt errichten will (Abendblatt berichtete).
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Karajica tendiert deshalb wieder zu den Elbbrücken. Für diesen Standort liegen unabhängige Gutachten zu den Themen Umwelt, Verkehr, Hochwasserschutz und Lärm vor, die den Bau einer Arena in einem Hafenbecken für machbar erachten. „Was wir jetzt brauchen, ist eine Entscheidung der Politik. Auch ein Nein ist eine Entscheidung, dann wissen wir wenigstens, woran wir sind“, sagt Towers-Sportchef Willoughby.