Hamburg. Am Montag öffnen die Geschäfte in Schleswig-Holstein wieder, in Hamburg nur nach Termin. Sieben-Tage-Inzidenz erneut leicht gestiegen.
Nicht zum ersten Mal in der Corona-Pandemie werden die im Alltag sonst kaum wahrgenommenen Ländergrenzen für Hamburger und Schleswig-Holsteiner spürbar. Die Lockerungen, die Bund und Länder in dieser Woche auf der Basis der Sieben-Tage-Inzidenzen beschlossen haben, führen dazu, dass die Einzelhandelsgeschäfte in Pinneberg, Norderstedt oder Ahrensburg von Montag an wieder geöffnet sind.
In Hamburg ist dagegen nur sogenanntes Terminshopping („Click & meet“) möglich. Gibt es jetzt einen Ansturm der Hamburger auf die Boutiquen, Warenhäuser und Einkaufszentren jenseits der Landesgrenze im Umland?
Beispiel Herold-Center in Norderstedt: „Sie haben schon immer bei uns eingekauft. Wir erwarten schon, dass einige Hamburger ihren Weg zu uns finden werden“, sagt Center-Manager Thomas Krause. Allerdings kann er sich nicht vorstellen, dass ein Einkaufstourismus zum Problem werden könnte.
Händler brauchen dringend Umsatz
„Die Menschen sind inzwischen so pandemieerfahren, ich glaube nicht, dass am Montag alle losstürmen.“ Das Sicherheitspersonal, das für die Einhaltung des Hygienekonzepts verantwortlich ist, hat Krause für die kommende Woche auf zehn Personen aufgestockt. „Natürlich freuen wir uns, wenn unsere Geschäfte wieder öffnen dürfen. Es brennt, die Händler müssen dringend Umsatz machen“, sagt Krause. Dennoch: „Bei allem Interesse – wir müssen dafür sorgen, dass die AHA-Regeln eingehalten werden.“
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Das Ordnungsamt der Stadt wird diese besondere Situation im Blick haben, insbesondere auch in Hinsicht auf das Herold-Center. „Dorthin gab und gibt es fortlaufend Kontakte“, sagt Stadtsprecher Bernd-Olaf Struppek. Auch Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder appelliert an die Hamburger: „Bei aller Freude, wieder shoppen zu dürfen, sollte niemand vergessen, dass wir uns noch mitten in einer Pandemie befinden. Bitte halten Sie also beim Einkauf in den Geschäften unserer Stadt unbedingt Abstand und tragen Sie in den Läden und in den Einkaufszentren und Einkaufszonen immer eine Mund-Nasen-Maske!“
Frust bei Hamburger Geschäftsleuten
Die Hamburger Geschäftsleute sehen die Lage weniger entspannt. „Das ist eine Wettbewerbsverzerrung und wird natürlich für einen Einkaufstourismus in Schleswig-Holstein sorgen. Die Kunden haben Lust, endlich wieder ohne große Einschränkungen einkaufen zu gehen“, sagt Jörg Harendgerd, Center-Manager der Europa Passage. Da in Hamburg nur „Click & meet“ möglich sei, würden die Hamburger ein paar Kilometer mehr fahren und dann eben in Norderstedt einkaufen.
Corona-Gipfel: Das bedeuten die Beschlüsse für Hamburg
„Das Nachsehen hat der Einzelhandel in Hamburg, der durch den monatelangen Lockdown bereits ein Intensivpatient ist, aber das scheint die Politik zu ignorieren“, sagt Harendgerd. „Wir und unsere Mieter haben viel Geld und Aufwand in aufwendige Hygienemaßnahmen investiert. Der Handel ist kein Treiber der Pandemie, auch das sollte die Politik endlich einsehen“, sagt der Center-Manager.
Mitarbeiter werden aus der Kurzarbeit geholt
„Die Geschäfte in der Innenstadt bereiten sich auf die Wiederöffnung am Montag vor. Die Waren werden eingeräumt, und Mitarbeiter müssen aus der Kurzarbeit geholt werden. Wir hoffen natürlich darauf, dass die treuen Kunden in die City zum Einkaufen kommen. Wir sind gespannt darauf, ob die Kunden die Möglichkeit annehmen, mit Termin einzukaufen“, sagt City-Managerin Brigitte Engler.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
„Die Geschäfte werden natürlich ihre Hygienekonzepte umsetzen.“ Dass in Schleswig-Holstein von Montag an sehr viel lockerere Regelungen für den Einzelhandel gelten, wollte Engler nicht kommentieren. „Wir hoffen darauf, dass die Inzidenz weiter sinkt und dann in Hamburg die Geschäfte auch mit mehr Freiheiten öffnen dürfen.“
Arbeit an Strategie für kostenlose Schnelltests
Eine Tendenz zum Positiven ist bei der Sieben-Tage-Inzidenz auch weiterhin nicht zu erkennen. Am Freitag meldete die Gesundheitsbehörde 223 Neuinfektionen (Freitag der Vorwoche: 188). Der Inzidenzwert kletterte folglich von 76,9 am Donnerstag auf 78,7. Derzeit werden 241 an Covid-19 erkrankte Menschen stationär behandelt (minus 18 gegenüber Donnerstag), 79 von ihnen müssen intensivmedizinisch betreut werden. Diese Zahl ist unverändert. Die Zahl der Todesfälle hat sich um fünf auf jetzt 1301 erhöht.
Unterdessen arbeitet die Stadt unter Hochdruck an einer Strategie für kostenlose Schnelltests. Am Donnerstagnachmittag waren nach Abendblatt-Informationen kommerzielle Anbieter von Corona-Tests in Hamburg von den Gesundheitsämtern angefragt worden. „Die E-Mail kam um 14.30 Uhr, bis 17 Uhr sollten wir eine Rückmeldung geben, ob wir uns an den Tests beteiligen wollen“, sagt Stefan Kraul, der gemeinsam mit seinem Bruder Tim in drei seiner Sonnenstudios Corona-Tests anbietet. Die Frist für die Entscheidung endete Freitagmittag, noch am selben Tag sollten die Verträge zur Unterschrift zugeschickt werden.
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Auch andere Anbieter wie etwa die Drogeriemarktkette Budnikowsky, die zwei Teststationen betreibt, waren von den Gesundheitsämtern angefragt worden. Nach Angaben von Kraul sollen die Anbieter zwölf Euro pro Abstrich erhalten, die Kosten für die Testkits werden bis zu einem maximalen Betrag von sechs Euro ersetzt.