Hamburg. Jan Martens ist Klimaaktivist – und angehender Politiker bei der Klimaliste Hamburg. Kritik von den Grünen und Fridays vor Future.
Jan Martens erscheint natürlich mit dem Fahrrad zum Termin an der Alster. Der 44-Jährige ist einer von vier Mitbegründern der Klimaliste Hamburg. Sie planen, in die Hamburger Parlamente einzuziehen, um dort „konsequente Klimapolitik“ zu betreiben. In mittlerweile 26 Orten in ganz Deutschland haben sich Menschen zu diesen kleinen Parteien zusammengeschlossen. Schlagzeilen macht die Klimaliste in Baden-Württemberg. Deren Gründerin möchte bei der Landtagswahl in zehn Tagen antreten.
In Hamburg finden die nächsten Wahlen hingegen erst 2024 beziehungsweise 2025 statt. „Wir müssen jetzt maximal Druck aufbauen und den Grünen ihren Kompass wiedergeben, den sie gefühlt verloren haben“, sagt Martens. Wie ein Großteil der Neumitglieder ist auch er enttäuschter Grünen-Wähler.
Umsetzung des Klimaplans für Hamburg enttäuschend
Auf dem Papier habe Hamburg zwar einen ambitionierten Klimaplan vorgelegt, an der Umsetzung hapere es jedoch. Außerdem sei der Klimaplan von 2019 schon wieder veraltet. „Es reicht nicht, bis 2050 klimaneutral zu sein, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Das muss 2035 bundesweit passieren. Und die Städte müssen tendenziell noch schneller sein.“
Seit zwei Jahren steht Martens mit der For-Future-Bewegung auf der Straße. Er ist Arzt im Diakonieklinikum und hat „Health for Future“ in Deutschland mitbegründet. Wirklich bewegt habe sich seitdem aber nichts. „Der Aktivismus hat Beifall von allen Seiten erhalten, aber niemand fühlt sich dadurch zu irgendwas verpflichtet. Deswegen müssen wir jetzt in die Parlamente.“ Die Grünen seien dann der „naheliegendste Koalitionspartner“.
Grundlegende Änderungen in Parteiprogrammen
Etwa 16 Hamburger haben sich seit der Gründung Anfang Oktober der Gruppe angeschlossen. Darunter Wissenschaftler und Ingenieure aus dem Energiesektor, vom Bundesamt für Wasserbau, vom Deutschen Wetterdienst, und vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sowie Arbeits- und Sozialwissenschaftler.
„Wir wollen auch für Aktivisten von Fridays for Future eine Plattform sein.“ Die stehen der Klimaliste jedoch kritisch gegenüber. „Wir freuen uns grundsätzlich über jeden politischen Akteur, der das 1,5-Grad-Ziel einhalten möchte. Dennoch ist auch klar: Paris-konformer Klimaschutz ist nur mit progressiven Mehrheiten möglich. Kleine Achtungserfolge und Initiativen helfen dabei nur bedingt weiter, es braucht grundlegende Änderungen in allen Parteiprogrammen“, sagt Annika Kruse, Sprecherin von Fridays for Future Hamburg.
Kritik vom Landesverband der Grünen
Kritik kommt auch vom Landesverband der Grünen. „Es ist gut, wenn sich möglichst viele Menschen diesem Ziel verschreiben, und wir Grünen sind grundsätzlich auch an kritischen Diskursen interessiert“, sagte die Landesvorsitzende Anna Gallina auf Anfrage. Bei der Klimakrise komme es jedoch nicht allein darauf an, radikale Forderungen aufzustellen, so Gallina.
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Man müsse dazu in der Lage sein, sowohl politische Bündnisse einzugehen, als auch einen gemeinsamen Weg der Transformation mit der Wirtschaft einzuschlagen. Gallina findet, dass die Grünen dafür die „nötigen Konzepte, die Erfahrung und starke politische Persönlichkeiten“ mitbringen.
Klimaliste formuliert Forderungen an Hamburg
Erfahrung kann die Klimaliste tatsächlich nicht vorweisen. Offiziell ist sie noch nicht einmal eine Partei. Dazu müssen die Mitglieder zunächst einen Verein gründen und Positionen wie den Vorstand und den Schatzmeister besetzen. Schon jetzt gebe es aber verschiedene Arbeitsgemeinschaften. Eine Programm-AG, in der hauptsächlich Wissenschaftler mitarbeiten, formuliere derzeit die konkreten Forderungen und Ziele für Hamburg.