Hamburg. Unterricht fällt durch den Lockdown seit Monaten aus. DLRG-Präsident warnt vor vermehrten Badeunfällen im Sommer.

Es ist ein Alarmruf, den die Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG) jetzt aussendet. Wie der Präsident des Landesverbands Hamburg, Heiko Mählmann, sagt, fallen wegen des Corona-Lockdowns in Hamburg so viele Schwimmkurse für Kinder und Jugendliche aus, dass für die Zeit nach Corona erhöhte Alarmbereitschaft bestehen müsse. Mehr noch: Laut Mählmann drohe für den kommenden Sommer eine deutlich erhöhte Zahl bei Schwimm- und Badeunfällen. „Für viel mehr Kinder als in normalen Jahren wird dann Lebensgefahr bestehen“, so Mählmann.

Der Öffentlichkeit sei laut Mählmann kaum bewusst, dass schon seit rund einem Jahr kein regelmäßiger Schwimmunterricht in Hamburg stattfinden könne. Die Phase zwischen den beiden Lockdowns im Jahr 2021 sei dafür zu kurz gewesen – „das hat überhaupt nichts gebracht“.

Nächste Nichtschwimmer-Generation drängt nach

Verschärft werde das Problem noch dadurch, dass nach dem Lockdown die nächste Nichtschwimmer-Generation „nachdränge“, wie Mählmann sagt. 15.000 Kinder werden im Schnitt jährlich in Hamburg eingeschult, darunter sehr viele Nichtschwimmer. „Schon jetzt sind in einigen Gegenden Hamburgs die Hallenplätze für das Schulschwimmen regelmäßig total ausgebucht. Wie soll denn unter solchen Umständen ein ganzer Jahrgang noch mit integriert werden?“, fragt der DLRG-Präsident.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Mählmann kritisiert, dass es auf städtischer Seite kaum Interesse für das Problem gebe. „Man muss es mal klar sagen: Es wird beispielsweise immer viel über Fußball für Kinder und Jugendliche gesprochen“, so der DLRG-Präsident. „Ich sage dazu: Es ist zwar sehr schade und bedauerlich, wenn Kinder und Jugendliche wegen Corona nicht wie gewohnt Fußball spielen können. Aber dass sie aktuell nicht richtig schwimmen lernen können, ist dramatisch und im Ernstfall auch lebensgefährlich.“

Schlechte Schwimmfähigkeit von Kindern aus ärmeren Gegenden

Verschärft werde die Lage noch dadurch, dass an heißen Sommertagen auch Alster, Elbe und viele Seen als Badestellen herhalten müssten, also Gewässer, die – anders als die öffentlichen Schwimmplätze – gar nicht überwacht werden. „Wir haben das im vergangenen Jahr an den heißen Tagen doch ganz deutlich gesehen“, so Mählmann. „Cliquen von Kindern und Jugendlichen sprangen in die Alster oder Seen, kleine Kinder tobten an der Elbe. Es wird voraussichtlich in wenigen Monaten wieder so kommen, aber die Zahl der Nicht- oder Schlechtschwimmer wird dann deutlich größer sein.“

Laut Mählmann sei das Bewusstsein für die Problematik in der Bevölkerung auch deshalb vielfach nicht vorhanden, weil sich in den gutbürgerlichen Gegenden viele Eltern nicht vorstellen könnten, wie schlecht es um die Schwimmfähigkeit bei Kindern aus ärmeren Gegenden bestellt sei.

Heiko Mählmann – Präsident DLRG Hamburg, schlägt Alarm.
Heiko Mählmann – Präsident DLRG Hamburg, schlägt Alarm. © Chris Reiner

„Ich kann aus Erfahrung nur sagen: In vielen Gegenden kommen Kinder zum Schwimmunterricht, die noch nie eine Schwimmhalle von innen gesehen haben“, so Heiko Mählmann. Experten gingen davon aus, dass nach der vierten Klasse ungefähr 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler wirklich sicher schwimmen könnten, das sei „deutlich zu wenig“.

„Seepferdchen“-Abzeichen reicht nicht

Wenn Kinder ein „Seepferdchen“-Abzeichen hätten, besage das nicht, dass sie auch tatsächlich gut und vor allem sicher schwimmen könnten, sagt Mählmann. Dafür sei ein Freischwimmer entscheidend.

„Viele Eltern fühlen sich beruhigt und sehen keine Gefahr, weil das Kind ein Seepferdchen bestanden hat, aber das ist eher für die Motivation gedacht“, so Mählmann. „Wer das nachprüft, wird schnell feststellen, dass ein Kind mit Seepferdchen durchaus noch Nachtraining braucht – ein weiterer Beweis dafür, dass jetzt eine Menge Probleme auf uns zurollen.“

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Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD) bestätigt die Problematik, bestreitet aber, dass die politisch Verantwortlichen sie nicht auf der Agenda hätte. „Das ist ein sehr wichtiges Thema, deshalb haben wir die Politik auch ermutigt, hier aktiv zu werden“, sagte Holstein dem Abendblatt auf Nachfrage.

Aus diesem Grund stehe das Thema auch auf der Tagesordnung der Bürgerschaft. „Die Schwimmbäder in Hamburg können derzeit nicht öffnen. Es muss darum gehen, dass die städtischen Bäder unseren Kindern dennoch Schwimmbecken für den Schwimmunterricht zur Verfügung stellen. Daran wollen wir arbeiten“, sagte Holstein.

Hamburgs Corona-Regeln:

Die aktuellen Corona-Regeln für Hamburg im Überblick

  • Alle Regeln, die im Rahmen der Eindämmungsverordnung bis zum 10. Januar gelten sollten, werden grundsätzlich bis zum 14. Februar verlängert – ein Großteil des Einzelhandels bleibt geschlossen, bestellte Waren dürfen aber abgeholt werden. "Körpernahe Dienstleistungen" wie Friseure, Nagel-, Massage- und Tattoo-Studios dürfen nicht angeboten werden. Auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben geschlossen, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit bleibt verboten.
  • Kontaktregeln Angehörige eines Haushalts dürfen sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. Ausnahmen für Kinder gibt es nicht.
  • Die Maskenpflicht wird angepasst: Stoffmasken reichen in den meisten Fällen nicht mehr aus. Stattdessen müssen medizinische Masken (mindestens OP-Masken, auch FFP2- oder KN95-Masken sind möglich) getragen werden. Bis zum 1. Februar gilt eine Übergangsphase, danach werden Verstöße mit Bußgeldern geahndet.
  • Kitas und Schulen: Die Präsenzpflicht an den Schulen bleibt aufgehoben, stattdessen soll so weit wie möglich Distanzunterricht gegeben werden. Kinder sollen – wann immer möglich – zu Hause betreut werden. Die Kitas wechseln in die "erweiterte Notbetreuung". Die privat organisierte Kinderbetreuung in Kleingruppen bleibt gestattet.
  • Arbeitgeber sind angehalten, so weit wie möglich ein Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. Zusätzlich soll eine neue Bundesverordnung Arbeitgeber dazu verpflichten, Homeoffice anzubieten, so weit das möglich ist. Betriebskantinen dürfen nur öffnen, wenn sie für den Arbeitsablauf zwingend erforderlich sind.
  • Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz auf einen Wert über 200 steigen, müsste eine Ausgangsbeschränkung erlassen werden, die den Bewegungsradius auf 15 Kilometer rund um den Wohnort einschränkt. Wie genau diese Regel in Hamburg angewandt würde, ist noch nicht bekannt – der Senat will darüber entscheiden, sollte sich die Inzidenz dem Grenzwert annähern.
  • Senioren- und Pflegeeinrichtungen sollen mehrmals pro Woche Personal und Besucher testen. Das war in Hamburg schon verpflichtend und gilt nun bundesweit.
  • Zwei-Test-Strategie bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten: Ein Corona-Test direkt nach der Einreise ist verpflichtend, die zehntägige Quarantäne kann frühestens fünf Tage nach der Einreise durch einen weiteren Test verkürzt werden. Die Kosten für die Tests werden nicht übernommen.