Hamburg. Aktion von Michael Batz zum Advent auch auf St. Pauli. Gymnasiastin spricht couragierte Worte. Der Stadtteil ist durch Corona gebeutelt.

Dass über dem Kiez jetzt ein Hoffnungsschimmer zu sehen ist, liegt wahrlich nicht an der Kickercombo vom Millerntor, die in der zweiten Bundesliga schon gegen den Abstieg spielt – sondern an Zoé Töpfer. Mit einem beherzten Druck schaltete die 14-jährige Gymnasiastin am Sonnabend um 18 Uhr die Adventsbeleuchtung auf dem Turm der St. Pauli Kirche ein. Als Pate am Pinnasberg stand ihr eine Persönlichkeit zur Seite, die sich erstklassig mit Licht und Finsternis auskennt: Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli.

Die Einhaltung der alten Presse­regel, nicht mit Namen zu jonglieren, fällt in diesem Zusammenhang besonders schwer. „Gerade in der pandemischen Krise ist es wichtig, in seinem direkten Umfeld für Zuversicht und Licht zu sorgen“, sagte Göttlich während einer Zeremonie im Kirchenschiff. Pastor Sieghard Wilm und ein Trompetenspieler gehörten ebenso dazu wie Krippe und Kranz. Ein würdiger Rahmen war geschaffen für Teil drei der Aktion „Hoffnungsleuchten“.

Zwölf Kirchen werden bis zum Fest illuminiert

Auf Initiative der Nordkirche werden an jedem Adventswochenende drei Hamburger Kirchtürme illuminiert – bis Weihnachten das Dutzend komplett ist. Das hoffnungsvolle Licht in der Höhe ist mit einer irdischen Botschaft verknüpft. Im Altarraum der St. Pauli Kirche trug Zoé ihre Geschichte vor. In eindrucksvollen Worten hatte die Schülerin der 9. Klasse des Helene-Lange-Gymnasiums ihre Weihnachtswünsche zu Papier gebracht.

Kernpunkte: Umweltschutz, menschliche Solidarität gerade in problematischen Zeiten, Nähe zu Familien und Freunden. „Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir das Virus nur besiegen können, wenn wir zusammenhalten.“ Neben einer Gemeinschaft hat sie aber auch ganz alltägliche Wünsche. „Ich hoffe, dass man wieder husten kann, ohne dass alle einen anstarren.“ Nicht nur ihre Eltern und die drei Brüder fanden: Dieses Patenkind hatte Courage. Und es brachte ihre Hoffnungen prima auf den Punkt.

Das Hoffnungslicht soll ein Signal für Zusammenhalt setzen.
Das Hoffnungslicht soll ein Signal für Zusammenhalt setzen. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Am Wochenende wurden zwei weitere Kirchtürme mit Hoffnungslichtern in den Farben Amber-Orange und Rot illuminiert. Unter der Regie von Lichtkünstler Michael Batz breiten sich diese Signale positiven Denkens im Laufe der Adventszeit immer weiter aus. Während Batz auf St. Pauli zuguckte, wie Zoé 24 Leuchtstoffröhren auf dem 35 Meter hohen Kirchturm einschaltete, war zuvor in der Christianskirche Ottensen Liedermacher Rolf Zuckowski als Pate aktiv. In der Kirche Niendorf Markt trugen die 15-jährige Katharina Falke, Bischöfin Kirsten Fehrs und Hörfunklegende Carlo von Tiedemann zum Leuchten bei.

Motto: Aktiv Signale senden

Vor dem vierten Advent geht es an der Hauptkirche St. Jacobi, an der Emmaus-Kirche in Wilhelmsburg sowie in der Kreuzkirche Othmarschen weiter. Die Lichter an den letztlich zwölf Kirchtürmen, zu denen auch der Michel und St. Katharinen gehören, zeigen bis nach Weihnachten täglich zwischen 16 und acht Uhr unübersehbar: Mensch, du bist nicht allein. Für Oke Göttlich, Vater von 14 und 16 Jahre alten Kindern, gilt dies nicht minder. Am Abend vor dem Punktspiel seiner Profis hatte der Clubchef gut reden. „Hoffnung bedeutet für mich, nach vorne zu blicken und darauf zu vertrauen, dass man Dinge beeinflussen kann.“ Dies sei Grundlage für solidarisches und gemeinschaftliches Handeln.

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Hatte Göttlich bei Zoés Worten zustimmend genickt, war es umgekehrt ebenso. Beide dachten im Einklang – auch mit Pastor Sieghard Wilm. „Wir alle suchen nach Hoffnung“, sagte der Protestant, „und fragen uns: Wo ist das Licht? Wo ist das Feuer?“ Zu Adventsbeginn habe ein Flüchtling in einem Gedicht geschrieben: „Ich möchte das Licht sein.“ Man solle also nicht passiv verharren und warten, bis einem das Licht entgegenkommt. Man könne selbst aktiv Signale senden. „Nur so können wir den Stadtteil St. Pauli nach Corona rasch wieder in Gang bringen“, sagte Oke Göttlich. „You’ll Never Walk Alone“, ergänzte Pastor Wilm in Anspielung auf das Lieblingslied der Fußballfans. „Du bist niemals alleine unterwegs.“ Zusammenhalt ist gefragt. Auf St. Pauli lebt die Hälfte der Bürger in Ein-Personen-Haushalten. Gerade in Corona-Zeiten können Einsamkeit und Alkohol besonders bitter sein.

Surfer fand das Paradies

Am Rande erzählte Zoé Töpfer von ihren Aktivitäten, vom Rudern, vom Musiktheater Aelita, von ihrer Schülergruppe „Prefect“, die unteren Klassen mit Tat und Rat zur Seite steht. Gemeinsam mit anderen Mädchen und Jungen sammelte sie 400 Dosen mit Nahrungsmitteln, um einen „Gabenbaum“ zu bestücken.

Der Kontakt zu Pastor Wilm basiert auf der Hochzeit ihrer Eltern einst in der St. Pauli Kirche. Zoé wurde am 6. September in der St. Andreas Kirche in Harvestehude konfirmiert. Vor einem Vierteljahr durften ihre Großeltern aus Frankreich noch anreisen. Ihr Patenonkel Laurent, Bruder ihrer Mutter, musste leider passen. Vor 15 Jahren zog es ihn zum Surfen nach Hawaii. „Er suchte das Paradies“, sagte Zoé. Er fand es wohl. Denn er blieb.