Hamburg. Neue Zahlen offenbaren: Die Corona-Krise erschwert Schulabgängern den Berufseinstieg. Wie der Senat gegensteuert.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat am Sonntag darauf hingewiesen, dass die Corona-Krise für Schulabgänger den Übergang in die Ausbildung erschwert. So sind in diesem Jahr nur 36 Prozent der 1750 Hamburger Absolventen von Stadtteil- oder Förderschulen nach Klasse 10 direkt in eine Ausbildung gestartet.

Das sind laut Schulbehörde drei Prozentpunkte weniger als 2019, als 39 Prozent der damals noch 1859 Absolventen sofort nach dem Abschluss mit einer Ausbildung beginnen konnten.

Hamburg erhöht Zahl der Plätze in dualisierter Ausbildungsvorbereitung

„Jahrelang stagnierte die Übergangsquote bei 25 Prozent, dank zahlreicher Schulreformen konnten wir sie in den letzten Jahren auf rund 40 Prozent anheben, aber Corona hat uns wieder zurückgeworfen“, sagte Senator Rabe. „Um Schulabgängern ohne Ausbildungsplatz eine Perspektive zu bieten, erhöhen wir in den Berufsschulen die Zahl der Plätze in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung (Avdual).“

Das Programm AvDual setze auf eine „Kombination von Unterricht in der Berufsschule und Praktika in den Betrieben und bietet durch zusätzliche Mentoren gute Chancen, den Weg in den Beruf im zweiten Anlauf zu schaffen“, sagte Rabe. „Das Konzept bewährte sich auch unter den erschwerten Bedingungen in diesem Jahr: Insgesamt wechselten 851 dieser Schülerinnen und Schüler (41 Prozent) im zweiten Anlauf direkt in eine Ausbildung.“ Im Jahr 2019 seien es mit 42 Prozent nur wenig mehr gewesen.

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„Aufgrund des Rückgangs der betrieblichen Ausbildungsplätze wäre die Übergangsquote noch schlechter ausgefallen, hätten wir nicht schon vorher gegengesteuert“, so Rabe. „So haben wir die Zahl der Ausbildungsplätze in den rein schulischen Ausbildungsberufen und Ausbildungsgängen um insgesamt rund 800 Plätze erhöht und damit den Rückgang der betrieblichen Ausbildungsplätze so gut es geht kompensiert.“

Unterstützung in Abschlussklassen wegen Corona ausgefallen

Er hoffe sehr, dass viele junge Menschen in den nächsten Monaten, wenn auch mit Verspätung, noch einen Ausbildungsplatz fänden. „Die Beratungs- und Orientierungsangebote an den Schulen und in der Jugendberufsagentur sind dabei eine wichtige Unterstützung“, so Rabe. „Wir dürfen trotz Corona nicht nachlassen, jungen Menschen den Einstieg ins Arbeitsleben zu ermöglichen.“

In normalen Zeiten unterstützen die Schulen die Schüler der Abschlussklassen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. An den Stadtteilschulen wurde dazu 2016 das neue Unterrichtsfach „Berufs- und Studienorientierung“ in den Klassenstufen 9 und 10 eingeführt. Durch die Schulschließungen vor den Sommerferien ist diese wichtige Unterstützung allerdings in diesem Jahr ausgefallen.

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2020 haben laut Behörde insgesamt 9338 Schülerinnen und Schüler die zehnten Klassen an Stadtteilschulen und Sonderschulen abgeschlossen – das seien 466 mehr als im vergangenen Jahr. „4244 Schülerinnen und Schüler konnten sich aufgrund ihrer guten Leistungen für die Oberstufe qualifizieren, um das Abitur oder die Fachhochschulreife zu erwerben“, so die Behörde weiter. „158 Jugendliche sind aus Hamburg weggezogen. Die verbleibenden 4936 Schülerinnen und Schüler haben die allgemeinbildende Schule verlassen.“

Jugendberufsagentur Hamburg gehe "jedem Fall nach"

Während diese Schülerinnen und Schüler früher weitgehend auf sich allein gestellt gewesen seien, kümmerten sich seit 2013 die Schulen und die extra zu diesem Zweck gegründete Jugendberufsagentur Hamburg intensiv um sie, so die Behörde.

„Getreu dem Anspruch, dass niemand verloren gehen soll, werden die jungen Menschen aktiv und eng begleitet, damit sie den Weg in den Beruf finden. Vor der Einführung der Jugendberufsagentur fielen jedes Jahr mehr als 1400 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz durch das soziale Netz und bekamen keine Unterstützungsangebote. Heute gehen die Mitarbeiter der Jugendberufsagentur jedem Fall nach, zum Teil werden junge Menschen sogar zu Hause aktiv aufgesucht und zur Berufsberatung eingeladen.“

Fast 2500 Schulabgängern fehlte ein Ausbildungsplatz

Neben den 1750 Abgängern, die 2020 direkt eine Ausbildung begannen, wechselten laut Senat 2495 mangels Ausbildungsplatz in die Ausbildungsvorbereitung an den Berufsschulen (51 Prozent der Abgänger) – deutlich mehr als im Jahr 2019.

Insgesamt 665 weitere Schulabgänger seien in „gesicherten Anschlüssen wie beispielsweise einem Freiwilligen Sozialen Jahr oder sie befinden sich in Beratung durch die Jugendberufsagentur“. Lediglich bei 26 Schülern sei der Verbleib in der vergangenen Woche noch nicht geklärt gewesen.

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Die Ausbildungsanfänger teilen sich laut Behörde im Wesentlich in zwei Gruppen auf. „Die Zahl der Anfänger in der betrieblichen Ausbildung ist aufgrund des Corona-bedingten Rückgangs der betrieblichen Ausbildungsplätze von 1276 im Jahr 2019 auf 1113 im Jahr 2020 gesunken. Die Zahl der Anfänger in schulischen Ausbildungsberufen, für die man keinen betrieblichen Ausbildungsplatz braucht, ist von 496 im Jahr 2019 auf 519 leicht gestiegen.“

Weitere 109 Schulabgänger wechselten laut Senat in die sogenannte Berufsqualifizierung der Berufsschulen. Hier könnten sie in zahlreichen Berufen auch ohne einen betrieblichen Ausbildungsplatz zunächst ihre Ausbildung beginnen, um dann während der Ausbildung einen passenden Ausbildungsplatz in einem Betrieb zu suchen und nahtlos zu wechseln.

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