Hamburg. „Wirksame und umfassende Kontrolle des Senats fehlt“. Partei bringt Antrag in nächste Sitzung des Parlaments ein.

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen haben sich noch nicht festgelegt, jetzt prescht die CDU-Opposition mit einem eigenen Gesetzentwurf vor. Die Christdemokraten fordern in einem Antrag für die Bürgerschaftssitzung am 16. Dezember eine stärkere Beteiligung des Landesparlaments an den Entscheidungen über Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie. Am Mittwoch vergangener Woche hatten Bundestag und Bundesrat die Novelle des Bundesinfektionsschutzgesetzes beschlossen, das den Parlamenten im Prinzip mehr Spielraum einräumt.

Zu Beginn der Pandemie, heißt es im CDU-Antrag, hätten zum Teil erhebliche Grundrechtseingriffe durch die Regierungen „sehr kurzfristig und ohne lange Vorlaufzeiten beschlossen und exekutiert“ werden müssen. „Mittlerweile wird auch im Vorfeld jedes Bund-Länder-Corona-Gipfels in der Öffentlichkeit intensiv über mögliche neue Maßnahmen und Beschränkungen diskutiert. Die Beteiligung der Parlamente findet hierbei jedoch nur rudimentär statt, obwohl diese sichergestellt haben, zu jeder Zeit voll handlungsfähig zu sein“, heißt es in dem CDU-Antrag, der dem Abendblatt vorliegt.

Vorbild Baden-Württemberg

Parlamente seien der Ort der Beratung und Diskussion. Je länger die im Rahmen von Rechtsverordnungen durch den Senat getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Bestand haben und desto tiefer die damit verbundenen Grundrechtseingriffe seien, desto wichtiger sei die parlamentarische Kon­trolle. „Vor diesem Hintergrund ist es unumgänglich, dass die Hamburgische Bürgerschaft stärker in die Entscheidungen des Senats im Rahmen des Infektionsschutzes eingebunden wird und somit auch wieder eine wirksame parlamentarische Kontrolle desselben möglich wird“, schreiben die Christdemokraten. „Hier reicht es nicht aus, alle paar Wochen eine Regierungserklärung abzuhalten. Es kann nicht sein, dass gewählte Abgeordnete monatelang bei allen für die Menschen in unserer Stadt essenziellen Entscheidungen als Zuschauer und Kommentatoren am Rand stehen.“

Konkret orientiert sich die CDU bei ihrem Entwurf für ein Landesinfektionsschutzgesetz am Vorbild Baden-Württembergs. Zwar wäre der Senat danach weiterhin befugt, „Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch Rechtsverordnung … zu erlassen“. Die Gültigkeit muss „zeitlich angemessen“ begrenzt sein, kann aber verlängert werden. „Überschreitet die Gültigkeitsdauer einer Verordnung zwei Monate, bedarf die Rechtsverordnung für die Fortgeltung der Gültigkeit der Zustimmung der Bürgerschaft. Erteilt die Bürgerschaft die Zustimmung nicht, tritt die Verordnung nach weiteren vier Wochen außer Kraft“, heißt es im CDU-Gesetzentwurf.

Thering: Maßnahmen müssten im Parlament debattiert werden

Zuletzt hatten auch Gerichte mehrfach Teile von Rechtsverordnungen mit der Begründung aufgehoben, dass mehrere Monate nach Ausbruch der Pandemie parlamentarische Entscheidungen bei erheblichen Grundrechtseingriffen erforderlich seien („Parlamentsvor­behalt“). „Um die gesellschaftliche Akzeptanz für ... die Grundrechtseingriffe dauerhaft zu sichern und gerichtsfest zu gestalten, ist die parlamentarische Legitimation und die dadurch sichergestellte Beteiligung der Öffentlichkeit von grundlegender Bedeutung“, schreibt die CDU. Die Union fordert den Senat außerdem auf sicherzustellen, „dass es regelmäßige Informations- und Beteiligungsrunden zwischen den Senatoren und den jeweiligen Obleuten der Fraktionen sowie dem Bürgermeister und den Fraktionsvorsitzenden gibt“.

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Laut CDU-Fraktionschef Dennis Thering ist es „nicht länger hinnehmbar, dass die massiven Einschränkungen an der Bürgerschaft vorbei erlassen werden“. Die Maßnahmen müssten im Parlament debattiert und gegebenenfalls gesetzgeberisch untermauert werden. „Bislang ist keine wirksame und umfassende Kontrolle des Senats gegeben. Dies ist umso erheblicher, je länger die Maßnahmen Bestand haben und je stärker sie in die Freiheit der Menschen eingreifen“, sagte Dennis Gladiator, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Der aktuelle Zustand rühre an den Grundzügen der Gewaltenteilung.

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